Green ITIn die Tiefe gehen

Kreis Bad Kissingen: Atombunker als Rechenzentrum.
v.l.. Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) und Landrat Thomas Bold (CSU) im neuen Server-Raum des Landratsamts
(Bildquelle: Landratsamt Bad Kissingen)
Beim Betrieb von Rechenzentren kommt es heute nicht nur auf hohe IT-Leistung und Verfügbarkeit an, sondern auch auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Zwei Beispiele aus der öffentlichen Verwaltung zeigen, wie sich neueste Technologien mit optimaler Raum- und Ressourcennutzung kombinieren lassen: Der Landkreis Bad Kissingen hat einen leerstehenden Atombunker zum Rechenzentrum umfunktioniert, der hessische Vogelsbergkreis kühlt seine Server stromsparend und umweltfreundlich mit Geothermie.
Umzug in den Bunker
Im Landratsamt Bad Kissingen entschied man sich vor allem aus Sicherheits- und Platzgründen dafür, neue Wege im IT-Bereich einzuschlagen. Eine umfassende Sicherheitsanalyse war zu dem Ergebnis gekommen, dass der bestehende Server-Raum nicht alle Anforderungen an ein sicheres Rechenzentrum erfüllte. Die gesamte Infrastruktur – einschließlich der unabhängigen Stromversorgung (USV) – war bisher in einem speziell gesicherten Büroraum untergebracht. Da innerhalb des Verwaltungsgebäudes nicht genügend Platz für ein neues Rechenzentrum zur Verfügung stand, entwickelten die Verantwortlichen eine unkonventionelle Idee: Die IT-Systeme sollten in den ehemaligen Atombunker des Landratsamts einziehen. Aus baulicher Sicht bot das Konzept den Vorteil maximaler Sicherheit. Wände, Decken und Böden des Bunkers bestehen aus 80 Zentimeter dickem Stahlbeton.
Das Systemhaus DANES, die Firma BM Green Cooling und weitere IT-Unternehmen entwickelten als Partnerverbund rz4you ein hochindividuelles Lösungskonzept für das neue Rechenzentrum. Sie wählten passende Serverracks und Systemkomponenten für die niedrigen Bunkerräume aus und planten die Installation vor Ort so, dass weitgehend auf aufwendige Kernbohrungen verzichtet werden konnte. Im Bereich der Klimatisierung setzte rz4you auf die Kombination von innovativer Technologie mit der vorhandenen Gebäudetechnik. So nutzt das Landratsamt bereits seit mehreren Jahren einen verrohrten Bachwasserkanal zur Klimatisierung des großen Sitzungssaals. Vorgeschlagen wurde, dieses System auch für die umweltschonende Kühlung der Server-Schränke im Rechenzentrum zu verwenden.
Kühlen mit Kaltwasser
Für die Klimatisierung des neuen Server-Raums kommen Kühlsysteme auf Kaltwasserbasis zum Einsatz, die zwischen den Server-Schränken montiert werden und so die entstehende Abwärme direkt am Entstehungsort entsorgen. Eine Einhausung der Serverracks trennt warme und kalte Luftströme und erhöht die Energieeffizienz des Systems zusätzlich. Die Bunkerräume in Bad Kissingen wurden darüber hinaus mit moderner Brandschutz-, Sicherheits- und Überwachungstechnik ausgestattet. So sind die Administratoren in der Lage, bei auffälligen Abweichungen sofort zu reagieren.
Der eigentliche Umzug der IT-Systeme in den Atombunker fand zum Jahreswechsel 2013/2014 statt. Drei Tage hatte man für die Inbetriebnahme eingeplant, aber schon nach zwei Tagen waren die Arbeiten größtenteils abgeschlossen und alle Systeme wieder erreichbar. „Das Konzept von rz4you passte exakt zu unseren technischen und räumlichen Anforderungen“, sagt Hans-Jürgen Bühner, Administrator und IT-Sicherheitsbeauftragter im Landratsamt Bad Kissingen. „Wir haben mit der neuen Infrastruktur die Ausfallsicherheit unserer zentralen IT-Systeme erhöht, vollständige Übersicht über alle Abläufe im Rechenzentrum gewonnen und gleichzeitig die Voraussetzungen für einen effizienten Betrieb geschaffen. Durch das nachhaltige Klimatisierungskonzept profitieren wir künftig von deutlich reduziertem Energieverbrauch.“ Mittlerweile laufen nicht nur die Server des Landratsamts im neuen Rechenzentrum: Die Stadt Bad Kissingen hat den Großteil ihrer IT-Systeme ebenfalls in den ehemaligen Bunker migriert und per Glasfaserleitung an das Rathaus angebunden. Auslastung und Wirtschaftlichkeit der neuen Infrastruktur konnten so weiter erhöht werden.
Sparen dank Geothermie
Auf ein rundum nachhaltiges IT-Konzept setzt auch der hessische Vogelsbergkreis. Im Rechenzentrum der Kreisverwaltung in Lauterbach implementierte rz4you eine der ersten geothermischen Server-Klimatisierungsanlagen Deutschlands. Im Gegensatz zu herkömmlichen Klimaanlagen verzichtet die geothermische Lösung komplett auf eine maschinelle Kälteerzeugung: Die Kühlung erfolgt stattdessen mithilfe von Kaltwasser, das über einen geschlossenen Rohrkreislauf bis in eine Bodentiefe von rund 80 Metern geführt wird. Das Erdreich hat in dieser Tiefe in der Regel eine Temperatur von etwa 14 Grad Celsius, die nicht durch jahreszeitliche Witterungsschwankungen beeinflusst wird. Für die Bereitstellung einer Kälteleistung von 16 Kilowatt waren insgesamt vier Bohrungen erforderlich. „Gemeinsam mit rz4you haben wir eine zukunftsfähige Klimatisierungslösung realisiert, die die Stromkosten um rund 80 Prozent reduziert“, sagt Kai Greinke, IT-Leiter der Kreisverwaltung. „Wir gehen davon aus, dass wir mit der Geothermie-Anlage ausreichend Kühlleistung für die nächsten 15 Jahre erzeugen können und damit für ein weiteres Wachstum der IT-Infrastruktur gerüstet sind.“
Mit den bisher erzielten wirtschaftlichen Ergebnissen sind die Verantwortlichen im Vogelsbergkreis sehr zufrieden. Trotz deutlich höherer Kühlleistung sparte die IT-Abteilung schon im ersten Jahr mehr als 5.000 Euro an Energiekosten für die Klimatisierung ein. Die Investition in die Geothermie-Anlage wird sich damit in den nächsten Jahren durch den geringeren Stromverbrauch amortisieren. Nebenbei trägt der Vogelsbergkreis mit der Anlage aktiv zum Klimaschutz bei: In den ersten zwölf Monaten konnte der CO2-Ausstoß der Kreisverwaltung bereits um 14.800 Kilogramm reduziert werden.
http://www.vogelsbergkreis.de
http://www.rz4you.com
Dieser Beitrag ist in der November-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Podcast: Deutschland-Index 2025 zum Hören
[05.09.2025] Welche Entwicklungen lassen sich bei digitaler Infrastruktur, Nutzungsverhalten und Verwaltungsdigitalisierung in den bundesdeutschen Ländern beobachten? Der ÖFIT-Podcast bereitet aktuelle Zahlen zu diesen und anderen Fragen ohrenfreundlich auf. mehr...
Kreis Kassel: Digitaler Service für Jäger
[15.08.2025] Die sogenannte Digitale Wildmarke erleichtert Jägern im Kreis Kassel jetzt die vorgeschriebene Abgabe von Trichinenproben. Gekühlte Briefkästen und ein App-gestütztes Verfahren verbessern nicht nur den Service für die Jäger, sondern stärken auch die Früherkennung von Tierseuchen. mehr...
Bonn: Modellkommune für Verwaltungsmodernisierung
[14.08.2025] Die Bundesstadt Bonn will sich als Modellkommune der Initiative „Für einen handlungsfähigen Staat“ bewerben. Ziel ist es, innovative Verwaltungsansätze zu erproben, Verfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen – im Rahmen demokratischer Prozesse. mehr...
München/Schleswig-Holstein: Gemeinsam für gute Nutzererlebnisse
[04.08.2025] Im Projekt KERN setzen München und Verwaltungscloud.SH künftig gemeinsam Impulse: Sie übernehmen die Federführung für eine neue Technologieanbindung und stärken so die Entwicklung eines länderübergreifenden UX-Standards für die Verwaltung. mehr...
KGSt: Kooperation mit der DUV vereinbart
[24.07.2025] Um das kommunale Management weiter zu stärken, haben die KGSt und die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) Speyer eine Kooperation geschlossen. mehr...
Fraunhofer IESE: Digitale Dörfer werden Smartes Land
[16.07.2025] Das Fraunhofer-Institut IESE, die Deutsche Assistance und die Versicherungskammer Bayern haben die Smartes Land GmbH gegründet. Damit werden die Plattformlösungen DorfFunk und BayernFunk aus dem Forschungsprojekt „Digitale Dörfer“ in den dauerhaften Betrieb überführt und unter einem gemeinsamen Dach weiterentwickelt und betrieben. mehr...
Studie: Viele fühlen sich digital abgehängt
[03.07.2025] Eine repräsentative Studie anlässlich des Digitaltags zeigt, dass in Deutschland zwar eine große Offenheit gegenüber digitalen Angeboten besteht, viele Menschen sich aber digital abgehängt fühlen und ihre eigenen Digitalkompetenzen eher schlecht bewerten. mehr...
In eigener Sache: K21 media zieht um
[01.07.2025] Seit 2001 versorgen die Publikationen von K21 media Kommunen, Entscheider auf Landes- und Bundesebene sowie Stadtwerke mit aktuellen und umfassenden Informationen zu relevanten Themen. Nun schlägt der Verlag sein Hauptquartier in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. mehr...
Studie: Digitale Verwaltungservices für Unternehmen
[01.07.2025] Digitale Verwaltungsangebote für Unternehmen haben ein großes Potenzial, das noch bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Unternehmens init. mehr...
Studie: Digitalisierungsindex 2025 veröffentlicht
[26.06.2025] Im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung (23. bis 25. Juni, Berlin) hat das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS den Deutschland-Index der Digitalisierung 2025 vorgestellt. Demnach schreitet die Digitalisierung zwar in vielen Bereichen voran, jedoch bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern weiterhin erhebliche Unterschiede. mehr...
Umfrage: IT-Budgets zu eng bemessen
[24.06.2025] Ihr Jahresbudget halten weniger als 18 Prozent der IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor für ausreichend. Das zeigt eine weltweite Umfrage von SolarWinds unter rund 100 Fachleuten. Viele sehen Projekte gefährdet und Budgetkürzungen als wachsendes Sicherheitsrisiko. mehr...
Gütersloh: Per QR-Code in die Vergangenheit
[16.06.2025] Im Rahmen des Projekts „Tritt in die Vergangenheit“ macht die Stadt Gütersloh Geschichte digital erlebbar. Dazu wurden QR-Codes über das gesamte Stadtgebiet verteilt. mehr...
Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz
[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert
[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...
Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten
[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...