Donnerstag, 30. Oktober 2025

HannoverSchritt für Schritt zum Ziel

[30.04.2025] Die Verwaltungsdigitalisierung ist eine zentrale Herausforderung für Kommunen. Die Stadt Hannover zeigt, wie es mit einem Low-Code-Ansatz gelingen kann, Verwaltungsleistungen effizient zu digitalisieren und gleichzeitig interne Prozesse zu optimieren.
Gruppenfoto von Henning Kohlmeyer, Lara Kremeyer, Massih Khoshbeen und Martial Koyou-Schiffer, die in Hannover mit der E-Government-Plattform cit intelliForm arbeiten.

Die Hannoveraner Taskforce Digitalisierung nähert sich ihrem Ziel schrittweise.

v.l.: Henning Kohlmeyer, Product ­Owner; Lara Kremeyer, Entwicklerin; ­Massih Khoshbeen, Webentwickler; ­Martial Koyou-Schiffer, Administrator

(Bildquelle: Stadt Hannover)

Wie in vielen Kommunen besteht in Hannover die große Herausforderung der Verwaltungsdigitalisierung darin, Prozesse effizienter zu gestalten, ohne große Summen investieren zu müssen. Anstatt auf große, umfassende Umstellungen zu setzen, geht die Stadt deshalb den Weg über kleine, pragmatische Schritte. „Statt lange auf einen großen Wurf zu warten, gehen wir lieber viele kleine Schritte und erzeugen so kurzfristig Effizienz und Nähe zu den Einwohnerinnen und Einwohnern.“ Mit diesem Satz fasst Henning Kohlmeyer, Product Owner in der Taskforce Digitalisierung bei der niedersächsischen Landeshauptstadt, die Arbeit seines Teams zusammen, das mit der Digitalisierung der Stadtverwaltung beauftragt ist. Dafür nutzt die Stadt die flexible E-Government-Plattform cit intelliForm, die es ermöglicht, Online-Anträge schnell und effizient zu erstellen und in Betrieb zu nehmen. Mit der Low-Code-Lösung kann die Verwaltung selbstständig Formulare und Workflows entwickeln, anpassen und nahtlos in bestehende Systeme integrieren. „Unsere Lösung musste flexibel sein, um Lücken zu schließen, die beispielsweise durch nicht verfügbare oder für uns unpassende Einer-für-Alle(EfA)-Lösungen entstehen“, erklärt Lara Kremeyer, Entwicklerin in der Taskforce Digitalisierung. „Mit cit intelliForm können wir genau dort ansetzen, wo Bedarf besteht.“

Onlineanträge mit hoher Akzeptanz

Knapp 100 assistentengestützte Formulare hat die Landeshauptstadt bereits umgesetzt. Bei den externen Formularen betreffen besonders viele den Fachbereich Öffentliche Ordnung. So stammt auch eines der am häufigsten aufgerufenen Onlineformulare aus diesem Bereich: der Online-Check Einbürgerung. Mit ihm können Einwohnerinnen und Einwohner prüfen, ob sie voraussichtlich die Bedingungen für eine Einbürgerung erfüllen. Sie erfahren in einer für ihren Fall individuell berechneten Checkliste, welche Dokumente sie für ihre Einbürgerung vorlegen müssen. „Das ist ein sehr starkes und hoch frequentiertes Tool, das auch unserem Fachbereich enorm bei der Arbeit hilft, weil er die benötigten Informationen strukturiert bekommt statt wie vorher ungeordnet per E-Mail“, erläutert Kohlmeyer. Der Online-Check wird wöchentlich rund 300-mal komplett durchgeführt.

Auch für die An- und Abmeldung von Hunden hat sich die Lösung bewährt – die Abwicklung erfolgt hier inzwischen vollständig digital. Dabei werden die Daten direkt in das zugehörige Fachverfahren übernommen, wodurch sich die Bearbeitungszeit verkürzt. Besonders stark wächst derzeit zudem die Nutzung bei der digitalen Parkverstoß-Meldung, die seit Juli 2024 verfügbar ist. „Seit der Einführung haben sich die Fallzahlen auf über 300 Meldungen pro Woche gesteigert“, berichtet Kohlmeyer. Auch hier werden die Daten automatisch weiterverarbeitet. Die hohe Akzeptanz der Onlineanträge zeige, dass digitale Prozesse nicht nur verwaltungsintern Vorteile bringen, sondern auch für die Einwohnerinnen und Einwohner einen echten Mehrwert darstellen.

Erhebliche Zeitersparnis

Als Paradebeispiel für Effizienzsteigerung nennt Kohlmeyer den digitalen Prozess zum Vorkaufsrechtsverzicht. Wenn ein Grundstück die Eigentümerinnen und Eigentümer wechselt, muss die Stadt gefragt werden, ob sie ihr Vorkaufsrecht nutzen möchte. Früher lief das Verfahren vollständig papierbasiert ab, was häufig das Einhalten der Fristen erschwerte. Heute erfolgt die komplette Bearbeitung digital. Die Anfrage wird strukturiert erfasst und automatisch an die zuständige Stelle weitergeleitet, sämtliche Unterlagen sind sofort verfügbar. „Wir haben pro Einzelfall fünf Tage Laufzeitgewinn, weil das Routing automatisiert läuft und durch eine digitale Signatur auch beim Bescheid keine Postwege mehr notwendig sind“, erklärt Kohlmeyer.

Ein zusätzlicher Vorteil moderner E-Government-Plattformen liegt in ihrer Flexibilität und der damit möglichen Umsetzungsgeschwindigkeit. In Hannover wurde das besonders eindrucksvoll zu Beginn des vergangenen Jahres demonstriert, als die Stadt kurzfristig auf das starke Hochwasser reagieren musste. Innerhalb von nur vier Tagen konnte die Verwaltung ein Onlineformular bereitstellen, mit dem betroffene Einwohnerinnen und Einwohner finanzielle Hilfen beantragen konnten.

Auch gesetzliche Änderungen lassen sich schnell umsetzen. Als eine neue Regelung vorschrieb, dass Verlängerungen von Aufenthaltserlaubnissen nicht mehr in einem Termin, sondern schriftlich beantragt werden müssen, war das notwendige digitale Verfahren bereits nach 20 Tagen produktiv. Diese Geschwindigkeit wäre mit herkömmlichen Entwicklungsprozessen kaum zu realisieren gewesen. Dank des Low-Code-Ansatzes und der vorgefertigten Bausteine in der Plattform cit intelliForm können Formulare und Workflows direkt im Fachbereich erstellt oder angepasst werden, ohne dass dafür umfassende Programmierkenntnisse erforderlich wären.

Lob von allen Seiten

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die hohe Akzeptanz sowohl in der Verwaltung als auch bei den Einwohnerinnen und Einwohnern. Mitarbeitende schätzen vor allem die Schnelligkeit und Qualität der digitalen Antragsprozesse. Auch die Einwohnerinnen und Einwohner geben regelmäßig positives Feedback. „Erst gestern bekamen wir eine Rückmeldung zum Antrag für Eheschließungen. Der Bürger war begeistert, weil alles perfekt funktioniert hat – genau so stelle er sich Digitalisierung vor“, erzählt Kremeyer.

Besonders gelobt werde auch das neue Verfahren zur Führerschein-Karteikartenabschrift. Früher mussten sich Einwohnerinnen und Einwohner durch lange PDF-Listen kämpfen, um die zuständige Behörde zu finden. Heute erkennt das digitale Formular automatisch, welche Stelle zuständig ist, bietet eine Suchfunktion mit Vorschlägen und ermöglicht es, den Antrag direkt online zu stellen. „Das System hat super Feedback bekommen, weil es den Prozess wirklich einfacher macht“, freut sich Kohlmeyer.

Das Beispiel Hannover zeigt, dass digitale Transformation gerade auch ohne den großen Wurf gelingen kann. Statt langwieriger Großprojekte setzt die Stadt auf flexible, praxisnahe Lösungen, die schnell echte Vorteile bringen. Die Kombination aus agiler Entwicklung, Low-Code-Technologie und einer engen Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen hat sich bewährt. Für andere Kommunen hat Kohlmeyer einen klaren Rat: „Ohne eine eigene Low-Code-Plattform für E-Government kommt man nicht mehr aus. Es braucht eine Plattform wie cit intelliForm, um digitale Anträge effizient und flexibel umsetzen zu können – sowohl für Einwohnerinnen und Einwohner als auch für interne Prozesse.“

Bernd Hoeck ist freier Journalist und IT-Experte.




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