Freitag, 9. Mai 2025

Big DataUngehobener Schatz?

[23.04.2013] Ob Big Data mehr ist als Business Intelligence, also die Steuerung mit Zahlen, beschäftigt auch die öffentlichen IT-Dienstleister. Denn die Verknüpfung von strukturierten und unstrukturierten Daten kann Kommunen Erkenntnisse für optimierte Entscheidungen liefern.
Big Data verknüpft strukturierte und unstrukturierte Daten.

Big Data verknüpft strukturierte und unstrukturierte Daten.

(Bildquelle: PEAK)

Big Data ist ein neuer Megatrend in der IT. Riesige Datenbestände lagern auf Servern von Unternehmen, wissenschaftlichen Institutionen und öffentlichen Verwaltungen. Neben offiziellen Datenerhebungen und amtlichen Statistiken sind dies Nutzer- und Produktdaten, Bewegungsprofile, Geodaten, Verkehrsinformationen, Börsenkurse, Aufstellungen über Web-Traffic sowie Daten aus sozialen Netzwerken. Zählt man die einzelnen Bits zusammen, kommt eine Zahl mit 21 en heraus: 2,8 Zettabyte. Bis zum Jahr 2020 sollen es laut der Digital-Universe-Studie 40 Zettabyte sein.

Einsatzgebiete in Privatwirtschaft und Public Sector

Die einen sehen darin einen ungehobenen Datenschatz, wertvolle Rohstoffe und Ressourcen, die anderen sprechen von toten Daten: 80 Prozent der Datenbestände seien unbrauchbar, weil sie in nicht strukturierter Form vorliegen und mit den bislang vorhandenen Werkzeugen nicht richtig bearbeitet werden können. Big Data tritt nun an, durch geschicktes und schnelles Analysieren, Kombinieren und Korrellieren zu neuen Aussagen und produktiven Erkenntnissen zu gelangen. Google-Suchanfragen werden etwa daraufhin untersucht, ob sich bestimmte Ereignisse vorhersagen lassen. Erkundigen sich Nutzer vermehrt nach Begriffen wie Grippe, Influenza und Tamiflu, könnte dem entsprechenden Gebiet eine Epidemie bevorstehen. Banken und Kreditinstitute wie die HSBC-Bank setzen Big-Data-Analysen ein, um Kreditkartenbetrug in Echtzeit zu erkennen. Dabei werden Kundenmuster angelegt und verglichen, sodass ungewöhnliche Kontobewegungen sofort auffallen.
Controlling, Logistik, Risiko-Management, Wettbewerbsanalyse und Statistik sind mögliche Einsatzfelder von Big Data. Doch nicht nur in der Privatwirtschaft, auch in der kommunalen Welt tun sich mit Big Data neue Perspektiven auf. Bislang nutzen die Kommunen und Bundesländer ihre öffentlichen Daten vorwiegend im Sinne von Business Intelligence: um gute Entscheidungsgrundlagen für strategische und operative Politikziele zu gewinnen. Wirtschaftsförderung, Städtebau, Konjunkturprognosen, Verkehrsplanung und Klimaschutz, Bevölkerungsentwicklung oder der Arbeitsmarkt basieren auf daten-getriebener Steuerung. Das heißt, die Verantwortlichen benutzen öffentliche Daten und Statistiken, um ihre Entscheidungsfindung voranzutreiben. Im Unterschied zu Business Intelligence bezieht Big Data jedoch verstärkt Sensordaten und unstrukturierte Daten ein. Es geht um die Frage: Welche Rückschlüsse und relevanten Entscheidungsvorlagen lassen sich aus der Verknüpfung von strukturierten und unstrukturierten Datenbeständen gewinnen?

Neue Herausforderungen

Für die öffentliche Verwaltung stellt das Management von Big Data eine völlig neue Herausforderung dar. Denn zunehmend rücken auch im Public Sector neue Massendaten in den Vordergrund: Telekommunikationsverbindungen, Georeferenzierungsdaten, Energieverbrauchsdaten aus smarten Messgeräten oder Daten aus der Finanzindustrie und dem Gesundheitswesen, die qua Gesetz gespeichert werden müssen. Auch unstrukturierte Daten, beispielsweise aus sozialen Netzwerken, könnten künftig eine bedeutsame Rolle im öffentlichen Bereich spielen. „Weltweit setzen Behörden bereits heute in großem Stil auf die Auswertung von hochveränderlichen, komplexen und äußerst vielfältigen Datenbeständen“, sagt Frank Fischer, der sich bei Accenture mit dem Thema Big Data beschäftigt. Als Beispiele nennt Fischer umfassende Bedrohungsanalysen zur Terrorabwehr, Geodaten-Auswertungen für Planungs- und Umweltschutzzwecke oder die interdisziplinäre Forschungsdatenverknüpfung. „Die zunehmende Verknüpfung komplexer Rohdaten kann der Verwaltung helfen, Effizienz und Bürgernähe zu verbessern. Allerdings sind auch die Belange des Datenschutzes zu berücksichtigen“, so Fischer. „Ein verantwortungsvoller Umgang mit hochaggregierten Informationen muss daher zweckgebunden und datenschutzkonform sichergestellt werden.“

Rolle kommunaler IT-Dienstleister

Die kommunalen IT-Dienstleister bereiten seit Jahrzehnten unterschiedliche Arten von Daten aus den verschiedensten Quellen auf und organisieren sie in so genannten Data Warehouses. Sie werden von Bürgern, Politik und Verwaltung nachgefragt und genutzt. Ein gutes Beispiel ist die Stadtentwicklung. Für ein fest umrissenes Gebiet, etwa einen Stadtteil, kann mit Verwaltungsdaten auf einer Karte die Lage von Kindergärten und Altenheimen oder die Zahl von Gewerbebetrieben dargestellt werden. Dies versetzt politisch Verantwortliche etwa in die Lage, über die zukünftige Ansiedelung und den Ausbau von Infrastrukturanlagen fundiert zu entscheiden. Die Vollständigkeit und Aktualität der Daten sind hier von großer Wichtigkeit, weil nur so verlässliche Aussagen getroffen werden können. IT-Dienstleister greifen hierzu in der Regel direkt auf Primärdaten aus den entsprechenden Fachverfahren zurück und nutzen einfache Bereinigungsalgorithmen, um eine hohe Datenqualität zu gewährleisten. Diese und vergleichbare Methoden gehören zum Standardrepertoire kommunaler IT-Dienstleister und zum vertrauten Bereich von Business Intelligence, der Steuerung mit Zahlen.
Wenn die Kommunen allerdings Zukunftschancen aus den Bereichen Multi-Smart-Sensorik (Einsatz von Sensorik in den unterschiedlichsten Lebensräumen) und Social-Media-Informationen für sich erschließen wollen, muss die Datenverarbeitung einen Schritt weitergehen und stößt unweigerlich in Richtung Big Data vor. Es müssen neue technische Lösungen gefunden werden, die den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Die Privatwirtschaft ist hier nicht entscheidend weiter als die öffentlichen IT-Dienstleister. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht ausgemacht, ob Big Data die hohen Erwartungen erfüllen kann. Möglicherweise bestehen auch unterschiedliche Erkenntnisinteressen aufseiten der Privatwirtschaft und des öffentlichen Sektors und ein unterschiedlicher Umgang mit Bürgern und Nutzern.
Geeignete Ansatzpunkte gibt es im kommunalen Aufgabenfeld viele: Abfallentsorgung, soziale Bedarfe, Verkehr, Wahlen, Großprojekte und vieles mehr. Beispiele aus der Privatwirtschaft zeigen, dass sich mit Big Data Zusammenhänge aufzeigen lassen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt erkennbar sind. In einigen Fällen eignen sich die gewonnenen Daten auch zur Erkennung von Trends und Prognosen. Für einen erfolgversprechenden Einsatz von Big Data in der kommunalen IT muss es allen Beteiligten gelingen, klare Ziele für die Auswertung von Datenbeständen zu formulieren. Für die IT-Dienstleister ist es darüber hinaus wichtig, dass Aufwand und Nutzen wirtschaftlich vertretbar sind.

Christine Siegfried ist bei der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, Referentin für E-Government.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama

Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet

[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...

In Nordrhein-Westfalen soll der digitale Gang aufs Rathaus künftig zur Regel werden.

Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation

[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...

Ein junger Mann erklärt einem älteren Mann etwas auf einem Desktopbildschirm.

Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet

[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...

Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...

Darmstadt: Resiliente Krisenkommunikation

[11.04.2025] Großflächige, lang andauernde Stromausfälle sind selten – stellen die Krisenkommunikation jedoch vor Schwierigkeiten, weil Mobilfunk, Internet und Rundfunk ausfallen. In Darmstadt wird nun eine energieautarke digitale Litfaßsäule erprobt, die auch bei Blackouts als Warnmultiplikator funktioniert. mehr...

Gruppenfoto mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm, die im Prozessmanagement kooperieren.

Diez/Kaisersesch/Montabaur/Weißenthurm: Kooperation im Prozessmanagement

[08.04.2025] Gemeinsam wollen die Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm ihre Verwaltungsprozesse effizienter gestalten. Im Fokus steht die Wissensdokumentation ihrer Prozesse. Auch sollen eine Datenbank für Notfallszenarien und ein interkommunales Prozessregister aufgebaut werden. mehr...

Drei ältere Personen sitzen auf einem Sofa und beschäftigen sich mit verschiedenen digitalen Endgeräten.

Hessen: Projekt Di@-Lotsen wächst weiter

[07.04.2025] Das hessische Digitallotsen-Projekt, das älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt erleichtern soll, wird fortgeführt und ausgeweitet. Kommunen, Vereine und andere Einrichtungen können sich bis zum 11. Mai 2025 als digitale Stützpunkte bewerben. mehr...

Logo der Berliner Beihilfe-App auf blauem Hintergrund.

Berlin: Beihilfe ohne Medienbrüche

[04.04.2025] In Berlin haben Beamtinnen und Beamte nicht nur die Möglichkeit, Anträge auf Beihilfe digital zu stellen – mit einer neuen App ist es ab jetzt auch möglich, den Bearbeitungsstand einzusehen und die Bescheide digital zu empfangen. mehr...

Interkommunale Zusammenarbeit: Dritte Förderphase für Digitale Dörfer RLP

[01.04.2025] Das Netzwerk Digitale Dörfer RLP erhält bis 2026 weitere 730.000 Euro Landesförderung. Erfolgreiche Digitalprojekte sollen landesweit ausgerollt und die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein Schwerpunkt liegt auf wissenschaftlich unterfütterten Pilotprojekten zum Bürokratieabbau. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Ein Jahr Zukunftskommission

[31.03.2025] Die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 hat ihren aktuellen Bericht vorgelegt. Unter Leitung des Finanz- und Heimatministeriums erarbeiten Ministerien, Kommunalverbände und Experten Lösungen für eine einheitlichere, effizientere und sicherere IT in Bayerns Kommunen. mehr...

Stadtansicht von Bernkastel-Kues, ein altes Fachwerkhaus im Bildzentrum.

Rheinland-Pfalz: Projekt KuLaDig geht in die nächste Runde

[28.03.2025] Die kulturelle Vielfalt in Rheinland-Pfalz systematisch digital erfassen und für die Öffentlichkeit aufbereiten – das will das Projekt KuLaDig. Nun steht fest, welche Kommunen darin unterstützt werden, ihr kulturelles Erbe digital zu erfassen und zugänglich zu machen. mehr...

Open Data ansprechend strukturieren.

Polyteia: Wege für den Datenschutz in der Verwaltung

[27.03.2025] Einer sinnvollen Nutzung kommunaler Daten für die Entscheidungsfindung steht nicht selten der Datenschutz entgegen. Das Projekt ATLAS will zeigen, wie moderne Datenschutztechnologien in der Praxis helfen und echten Mehrwert für den öffentlichen Sektor schaffen. mehr...

Olaf Kuch und Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König stehen vor einer Abholstation für Ausweisdokumente.

Nürnberg: Vier Abholstationen für Ausweisdokumente

[26.03.2025] Die Stadt Nürnberg hat ihr Angebot an Abholstationen für Ausweisdokumente verdoppelt. An insgesamt vier Standorten können die Bürgerinnen und Bürger nun Personalausweise, Reisepässe und eID-Karten unabhängig von den Öffnungszeiten der Bürgerämter abholen. mehr...

Difu-Befragung: Kommunalfinanzen beherrschendes Thema

[25.03.2025] Eine Vorabveröffentlichung aus dem „OB-Barometer 2025“ zeigt, dass kommunale Finanzen das drängendste Thema der Stadtspitzen sind – auch mit Blick auf zukünftige Investitionen. Es sei nötig, dass Kommunen einen beträchtlichen Anteil aus dem Sondervermögen erhielten, so das Difu. mehr...

Berlin: ÖGD wird fit für die Zukunft

[25.03.2025] Mit dem Programm „Digitaler ÖGD“ werden in Berlin Grundlagen für moderne Technologien, Softwarelösungen und schlankere Prozesse in den Einrichtungen des ÖGD geschaffen. Davon können Mitarbeitende wie auch Bürgerinnen und Bürger profitieren. mehr...