InterviewWeil der Mensch bequem ist

Dominic Multerer: Die Kommune 4.0 wird von Digitalisierung geprägt sein.
(Bildquelle: Stefan Veres)
Herr Multerer, wir leben mittlerweile in einer digitalen Welt, die immer mehr Bereiche des Lebens durchdringt. Welche Auswirkungen hat das auf das Verhalten von Menschen?
Es hat enorme Auswirkungen, die wir im Alltag gar nicht mehr wahrnehmen, weil vieles für uns bereits normal ist – wer kann sich heute zum Beispiel Reisen ohne E-Ticket vorstellen? Ab dem Jahr 2020 werden 50 Prozent aller Geschäftsreisenden der so genannten Generation Y angehören. Diese wurde mit dem Internet groß und hat ein völlig anderes Nutzer- und Konsumverhalten. Sehr viel wird online geregelt. Die Wirtschaft stellt sich nach und nach darauf ein, nur die Verwaltung hinkt dem gesellschaftlichen Wandel ein wenig hinterher. Was können Sie heute online bei Ihrer Verwaltung erledigen oder bezahlen? Leider lautet die Antwort meist „nichts“ oder „wenig“. Dabei geht es weniger um Bürgerservice als um Ressourceneffizienz.
Worum geht es bei der Digitalisierung aus Ihrer Sicht?
Das Thema Digitalisierung ist eng mit der Industrie 4.0 verbunden. Industrielle Revolutionen hat es schon immer gegeben: Von der Dampfmaschine über die Fließbänder bis hin zu Fabrikrobotern. Bei Industrie 4.0 geht es um die Vernetzung von Maschinen, die sich – im nächsten Schritt – durch künstliche Intelligenz selbst optimieren können. Kurz gesagt: Bei der Digitalisierung dreht sich alles um Ressourceneffizienz, Schnelligkeit und vor allem Vereinfachung. Ein wesentlicher Punkt, der diesen Prozess vorantreibt, ist der Kostendruck. So könnte der Versandriese Amazon ohne den Einsatz von Robotern sein Produkt Amazon Prime – also das Zustellen von Waren innerhalb von 24 Stunden – gar nicht anbieten. Von der Bestellung bis zur Auslieferung ist eine Amazon-Prime-Lieferung ein vollautomatisierter Prozess. Dennoch bleibt die Frage, warum die Digitalisierung forciert wird. Die Antwort: Der Mensch mag es bequem und einfach.
„Bei der Digitalisierung dreht sich alles um Ressourceneffizienz, Schnelligkeit und vor allem Vereinfachung.“
Hat der öffentliche Sektor diese Entwicklung unterschätzt?
Das ist so. Im Hinblick auf die Digitalisierung geht es um innovative Zukunftsgestaltung in Kommunen – und das oft bei eingeschränktem Personalbestand und knappen finanziellen Rahmenbedingungen. Wie dramatisch das aussehen kann, zeigt das Beispiel der hessischen Stadt Hanau, die eine Schutzschildkommune ist. Der Kommunale Schutzschild ist ein Programm des Landes Hessen zur Teilentschuldung der überschuldeten Gemeinden und Landkreise. Hanau muss innerhalb der nächsten vier Jahre rund ein Viertel der Stellen einsparen und das bei weiter steigenden Anforderungen. Die Hanauer Verwaltung ist vor diesem Hintergrund gezwungen, intelligente Wertschöpfungsketten zu bilden. Prozesse müssen durch Prozess-Management und die entsprechende Software vereinfacht werden, um die Vorgaben zu erreichen. Die Gemeinde muss also digitalisieren. Allgemein formuliert: Die öffentliche Verwaltung wird zunehmend mehr Aufgaben mit immer weniger Menschen erfüllen müssen. Ebenso wie die Industrie 4.0 wird auch die Kommune 4.0 von Digitalisierung geprägt sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur so können die zu erbringenden Leistungen und Services im Kontext einer sich permanent verändernden Gesellschaft künftig garantiert werden. Der positive Nebeneffekt: Bei Prozessen, in die der Bürger eingebunden ist, zum Beispiel die Mülltonnenbestellung via Internet, wird die Erwartungshaltung erfüllt, da der Kunde Online-Bestellungen gewohnt ist.
Vor welche Herausforderungen stellt das die Kommunen?
Natürlich ist die Umstellung auf digitale Prozesse zunächst recht arbeitsintensiv, denn alles, was analog ist, muss entsprechend transformiert werden. Aber auf lange Sicht wird eine Kommune davon profitieren: Durch Bürokratieabbau, Entlastung oder Einsparung – wenn nötig von Personal – sowie eine verbesserte Organisationsübersicht, mit der vielfach auch eine Prozessoptimierung einhergeht. Services werden durch die Technik bürgernah und Ressourcen generell eingespart, weil Analysen jederzeit und in jeder Form durchgeführt werden können. Die Düsseldorfer Feuerwehr beispielsweise setzt die Lösung mpsINPRO des Anbieters mps ein, um ämterübergreifend Adressdateien zu nutzen. Ferner gehen Brandschadensberichte direkt an die Bauaufsicht. Angesichts der vielfach angespannten Haushaltsbudgets ist jedoch eine Ad-hoc-Volldigitalisierung natürlich zunächst utopisch. Mit Modulen ist es jedoch realistisch, schrittweise in Richtung Kommune 4.0 zu gehen.
Wie sieht ein modularer Aufbau aus?
Im Bauhofbereich kann die Software mpsARES eingesetzt werden. Damit ist es möglich, die Auftragsabwicklung, die Leistungserfassung und -abrechnung, die Personalverwaltung sowie das Termin- und Ressourcen-Management abzuwickeln. Durch die erweiterbare mobile Datenerfassung können Mitarbeiter direkt vor Ort den Bedarf dokumentieren und sofort an die Zentrale weiterleiten.
Was ist also zu tun?
Zum einen muss die Verwaltung eine Vereinfachung anstreben. Prozesse müssen automatisiert werden, denn künftig werden von zehn Mitarbeitern nur noch fünf das gleiche Arbeitsaufkommen erfüllen müssen. Zum anderen verändert sich das Verständnis von Bürgernähe.
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