Mittwoch, 2. Juli 2025

WahlenZur Wahl gestellt

[01.12.2014] Der Einsatz IT-gestützter Wahlsysteme ist mittlerweile gang und gäbe. Auch im Jahr 2014 halfen sie den Sachbearbeitern bei der Planung und Durchführung von Wahlen. Viele Wahlleiter denken aber bereits weiter: Sie erwägen die Möglichkeit der Online-Abstimmung.
Nach wie vor umstritten: die Online-Abstimmung.

Nach wie vor umstritten: die Online-Abstimmung.

(Bildquelle: creativ col­lection Verlag/PEAK Agentur für Kommunikation)

Die Zahlen klingen ernüchternd: 49,1 Prozent in Baden-Württemberg, 46,5 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern, 43,0 Prozent in Sachsen – zu den Kommunalwahlen 2014 fanden vergleichsweise wenige Bürger den Weg in die Wahlkabinen. Nur selten bewegte sich die Wahlbeteiligung jenseits der 50-Prozent-Marke wie etwa in Bayern. Doch auch hier haben Parteien seit Jahren mit sinkenden Quoten zu kämpfen. Kein Wunder also, dass in letzter Zeit eine Idee wiederauflebt, die spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 zur Nutzung von Wahl-Computern von so manchem für tot erklärt wurde: die Online-Abstimmung. Geht es nach dem Willen der bayerischen SPD, könnte der Freistaat bereits zur Landtagswahl 2018 als erstes Bundesland überhaupt die elektronische Stimmabgabe einführen. Der Landesvorsitzende Florian Pronold hat dazu gemeinsam mit Fraktionschef Markus Rinderspacher im September dieses Jahres einen Zehn-Punkte-Plan unter dem Motto Demokratieoffensive vorgeschlagen.

Einfach online

Ob die elektronische Stimmabgabe allerdings der richtige Weg ist, um die Bürger wieder vermehrt an die Wahlurnen zu führen, ist umstritten. Frühere Versuche wie einst zur Jugendgemeinderatswahl der Stadt Esslingen im Jahr 2000 fielen eher enttäuschend aus. „Die Wahlbeteiligung war damals nicht so hoch“, sagt Oliver Appelt vom Esslinger Haupt- und Personalamt. Ob das am Wahlsystem oder an dem damals etwas umständlichen Anmeldeverfahren via digitaler Signatur lag, könne er allerdings nicht sagen. Entsprechend zwiespältig ist sein Urteil: Das Verfahren dürfe nicht zu kompliziert sein. Dann allerdings seien Online-Wahlen durchaus eine gute Idee. Diese Ansicht vertreten derzeit auch viele kommunale Wahlleiter. Sie setzen schon seit Längerem auf IT-gestützte Wahlsysteme, um den Ablauf der Stimmabgabe zu erleichtern. Einer von ihnen ist Oliver Hillebrand. Der Sachgebietswahlleiter hat mitgeholfen, die Kommunalwahlen in Flensburg zu organisieren und durchzuführen. Seit dem Jahr 2004 ist es dort möglich, den Antrag auf Ausstellung eines Wahlscheins online über die Lösung OLIWA des Unternehmens HSH zu stellen. „Hierzu gibt es einen Link auf unserer Homepage; der Bürger gibt die Daten ein, die dann bei HSH gehostet werden“, erklärt Hillebrand. „Wir brauchen das Ganze anschließend nur noch auszudrucken.“ Des Weiteren bietet die Stadt erstmals seit der Europawahl 2014 einen personalisierten QR-Code auf der Wahlbenachrichtigungskarte an, der per Smartphone eingelesen wird. Beide Verfahren seien sehr gut angenommen worden; die Nachfrage steige kontinuierlich. Für Hillebrand und die anderen Mitarbeiter im Flensburger Bürgerbüro bedeutet das eine enorme Entlastung: „Die Informationen werden automatisch erfasst, sodass wir keine weiteren Daten von den Bürgern benötigen.“

Überblick dank IT

Verfahren wie diese kommen in deutschen Wahlämtern häufig vor. Sie erstrecken sich aber keineswegs nur auf die Antragstellung zur Briefwahl. IT-gestützte Wahlsysteme ermöglichen es, alle notwendigen Prozesse im Überblick zu behalten: von der Organisation der Wahllokale über die Rekrutierung ehrenamtlicher Wahlhelfer bis hin zur Bereitstellung und Übermittlung der Wahlergebnisse. Kommunen können dabei auf ein großes Spektrum an Anbietern und Lösungen zurückgreifen. Ein ganzheitliches Wahlorganisationssystem bietet beispielsweise das Unternehmen regio iT an. „Über den VoteManager werden die Wahlhelferverwaltung, die Verarbeitung der Kandidaten aus dem Wahlvorschlagsverfahren, die Verwaltung der Wahllokale sowie die Ergebniserfassung realisiert“, erklärt Christoph Hurniak vom Wahlamt in Köln, wo die Lösung seit dem Jahr 2013 im Einsatz ist. In den vergangenen Jahren hat die Nutzung von Wahlhelfern stetig zugenommen. Elfi Buchholz, Produktverantwortliche für Einwohnerwesen und Wahlen bei der Kommunalen Datenverarbeitung Oldenburg (KDO), begründet dies mit dem vergleichsweise hohen Aufwand, die eine Wahlorganisation mit sich bringt: „Die Vorbereitung und Durchführung ist zeitintensiv und bindet Personalressourcen, gerade wenn dies manuell erledigt wird“, so Buchholz. Daher steige die Nachfrage nach Software-Lösungen, welche die Prozesse vereinfachen und den Sachbearbeiter unterstützen. Das trifft vor allem bei der eigentlichen Durchführung der Wahl und bei der Stimmauszählung zu. „Da sind immer sehr viele Ehrenamtler im Einsatz, und viele machen das zum ersten Mal“, erklärt der Flensburger Sachgebietswahlleiter Oliver Hillebrand. Eine mögliche Lösung bietet hier die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) mit ihrem Fachverfahren OK.EWO an: Bei der bayerischen Kommunalwahl kann die Wahlauszählung über spezielle Barcode-Lesestifte vorgenommen werden – ganz ohne Übertragungsfehler.

Abläufe müssen ineinandergreifen

Auch bei der Wahlauswertung sind elektronische Helfer nicht mehr wegzudenken. Die Bürger sind es heutzutage gewohnt, die Wahlergebnisse möglichst zeitnah, beispielsweise über das Internet, zu erfahren. Die Fachverfahren sind dabei bereits soweit gereift, dass erste Hochrechnungen noch während der Wahl möglich sind. Wichtig ist, dass die Ergebnisse der einzelnen Wahllokale im Vorfeld schnell zusammengeführt werden. Dabei spielt auch die gegenseitige Koordinierung eine wesentliche Rolle: Das System ist umso effektiver, je mehr Kommunen auf ein einheitliches Verfahren zurückgreifen, wie beispielsweise im Kreis Esslingen. Hier setzen bereits 31 der 44 Kommunen auf das Fachverfahren WinWVIS des Zweckverbands Kommunale Datenverarbeitung Region Stuttgart (KDRS). Um die Abläufe noch weiter zu optimieren, erhofft sich die Kreisverwaltung, dass irgendwann alle Kommunen auf das einheitliche Verfahren umsteigen. „Damit eine Wahl erfolgreich abgeschlossen werden kann, müssen viele voneinander abhängige Abläufe ineinandergreifen“, meint auch Wahlorganisator Hurniak. Das fange bei der eingesetzten Technik an und ende bei der Zuverlässigkeit externer Dienstleister und der Motivation der Organisation. Dennoch bleibe weiterhin viel Spielraum für Verbesserungen. Die bislang untersagte Verwendung von Wahlgeräten sei eine davon, eine andere die Einführung der Online-Abstimmung. Ob letzteres allerdings einmal so selbstverständlich sein wird wie die Briefwahl, bleibt abzuwarten. Denn in einem sind sich die Sachbearbeiter einig: Die hohen Anforderungen des deutschen Wahlrechts müssen auch weiterhin gewährleistet bleiben.

Marc Tosenberger




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Close up photo of a stack of moving boxes

In eigener Sache: K21 media zieht um

[01.07.2025] Seit 2001 versorgen die Publikationen von K21 media Kommunen, Entscheider auf Landes- und Bundesebene sowie Stadtwerke mit aktuellen und umfassenden Informationen zu relevanten Themen. Nun schlägt der Verlag sein Hauptquartier in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. mehr...

Cover der Studie „Top 100 Wirtschaft 2.0“

Studie: Digitale Verwaltungservices für Unternehmen

[01.07.2025] Digitale Verwaltungsangebote für Unternehmen haben ein großes Potenzial, das noch bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Unternehmens init. mehr...

Cover Deutschland-Index der Digitalisierung 2025

Studie: Digitalisierungsindex 2025 veröffentlicht

[26.06.2025] Im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung (23. bis 25. Juni, Berlin) hat das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS den Deutschland-Index der Digitalisierung 2025 vorgestellt. Demnach schreitet die Digitalisierung zwar in vielen Bereichen voran, jedoch bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern weiterhin erhebliche Unterschiede. mehr...

Ein Mann (Torso) sitzt an seinem Schreibtisch mit Stift und Papier, vor sich hat er Stapel von Euromünzen sowie ein Glas, in das er etwas Kleingeld wirft.

Umfrage: IT-Budgets zu eng bemessen

[24.06.2025] Ihr Jahresbudget halten weniger als 18 Prozent der IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor für ausreichend. Das zeigt eine weltweite Umfrage von SolarWinds unter rund 100 Fachleuten. Viele sehen Projekte gefährdet und Budgetkürzungen als wachsendes Sicherheitsrisiko. mehr...

Julia Kuklik, Leiterin des Stadtarchivs Gütersloh, und Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur, vor einem der QR-Codes auf dem Berliner Platz (Foto: Stadtarchiv).

Gütersloh: Per QR-Code in die Vergangenheit

[16.06.2025] Im Rahmen des Projekts „Tritt in die Vergangenheit“ macht die Stadt Gütersloh Geschichte digital erlebbar. Dazu wurden QR-Codes über das gesamte Stadtgebiet verteilt. mehr...

Blick auf die PegelApp auf einem Smartphone. Man sieht zahlreiche blau markierte Messpunkte, aber wenig Details.

Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz

[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerformularen und füllt diese manuell aus.

Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert

[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...

Grün eingefärbte Nahaufnahme einer Computer-Platine.

Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten

[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...

Computerteil-Reparatur: Ein paar Hne arbeitet mit einem Lötkolben an einer demontierten Hauptplatine.

Berlin: KI hilft bei Abwicklung des ReparaturBONUS

[23.05.2025] Die Zukunft der Fördermittelverwaltung liegt in der Digitalisierung. Das hat das Unternehmen MACH mit der Entwicklung einer digitalen Antragsplattform für die Berliner Verwaltung unter Beweis gestellt. Die Lösung sorgt für eine effizientere Abwicklung des ReparaturBONUS und spürbare Entlastung der Mitarbeitenden. mehr...

Designstudie der LISA-Kabine mit einem großen Screen, davor ein Tisch und zwei Stühle.

Brandenburg: Bürgerservice per Videokabine

[19.05.2025] Der Landkreis Uckermark wurde im Rahmen der Bundesinitiative DigitalPakt Alter für seinen digitalen Bürgerservice für Seniorinnen und Senioren ausgezeichnet. Im Rahmen des Projekts LISA wurden an bisher sechs Standorten Videokabinen eingerichtet, die wohnortnah Kontakt zur Kreisverwaltung ermöglichen. mehr...

Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet

[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...

In Nordrhein-Westfalen soll der digitale Gang aufs Rathaus künftig zur Regel werden.

Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation

[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...

Ein junger Mann erklärt einem älteren Mann etwas auf einem Desktopbildschirm.

Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet

[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...

Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...

Darmstadt: Resiliente Krisenkommunikation

[11.04.2025] Großflächige, lang andauernde Stromausfälle sind selten – stellen die Krisenkommunikation jedoch vor Schwierigkeiten, weil Mobilfunk, Internet und Rundfunk ausfallen. In Darmstadt wird nun eine energieautarke digitale Litfaßsäule erprobt, die auch bei Blackouts als Warnmultiplikator funktioniert. mehr...