Donnerstag, 18. September 2025

SindelfingenBei Anruf Service

[23.09.2016] Die telefonische Erreichbarkeit kompetenter Ansprechpartner sicherzustellen, ist für öffent­liche und private Unternehmen eine ständige Herausforderung. Die Stadt Sindelfingen klopft die telefonische Verfügbarkeit ihrer Mitarbeiter jetzt mit Mystery Calls ab.
Ein Aufsteller als Gedankenstütze für die Mitarbeiter.

Ein Aufsteller als Gedankenstütze für die Mitarbeiter.

(Bildquelle: Stadt Sindelfingen)

Wer kennt es nicht, das Durchklingeln des Telefons? Ob in Call Centern professioneller Kundenzentren oder in der öffentlichen Verwaltung – die telefonische Erreichbarkeit kompetenter Ansprechpartner ist für alle mit Kunden- oder Bürgerkontakt eine Herausforderung. So auch in der Stadtverwaltung Sindelfingen. Um dem professionell zu begegnen, beschloss die Kommune im Jahr 2012, sich dieser Thematik anzunehmen. Neben dem Erwerb des RAL Gütezeichens, das für ein Serviceversprechen an den Mittelstand steht, sollte die Erreichbarkeit im Rathaus auch konkret gemessen werden.

Mystery Calls testen die Erreichbarkeit

Die natürlichen Antworten auf den Beschluss waren Aussagen wie „Wir sind immer erreichbar“ oder „Der, der uns erreichen will, erreicht uns auch“. Doch war dem wirklich so? Sowohl der zukunftsorientierte Personalrat als auch die Abteilungsleiter standen der Aufgabe aufgeschlossen gegenüber. Denn: Es gab nichts zu befürchten, sondern allenfalls die Möglichkeit, sich auf hohem Niveau zu verbessern. So wurden gemeinsam Zeiträume festgelegt, innerhalb derer die Erreichbarkeit untersucht wurde. Den Mitarbeitern wurden diese zuvor bekanntgegeben.
In einer Forschungskooperation mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg wurde die Thematik anschließend angegangen. Als essenzielle Voraussetzung für ein professionelles Erscheinungsbild nach außen wurden die Einhaltung einer einheitlichen Meldeformel, der einheitliche Ansagetext der Anrufbeantworter, der freundliche Umgang mit dem Bürger sowie eine gezielte Weiterleitung bei Falschanrufen definiert. In einem umfassenden mehrstufigen Konzept wurden diese Aspekte identifiziert, analysiert und anschließend durch geeignete Maßnahmen schrittweise verbessert. Testanrufe, so genannte Mystery Calls – eine in der Privatwirtschaft übliche Qualitätsüberprüfung, in der öffentlichen Verwaltung hingegen ein Novum – bildeten den Kern und ersten Baustein des Konzepts. Neben 100 Anrufen an alle Rufnummern, erfolgten für rund 45 Telefonnummern 20 gezielte Anrufe innerhalb von sechs Wochen verteilt über die Öffnungszeiten.

Leitfaden für eine einheitliche Außenwirkung

Schon bei der Erstellung des Anrufplans wurde eine für den Bürger zu nehmende Hürde deutlich: Jede Abteilung hat ihre eigenen Öffnungszeiten, die es zu kennen gilt. Die Auswertung der Testanrufe brachte noch weitere Erkenntnisse: Anrufbeantworter oder Rufumleitungen waren immer oder gar nicht geschaltet. Ansagetexte auf den Anrufbeantwortern machten nicht immer deutlich, zu welcher Stelle oder Person dieser gehörte. Einige Mitarbeiter versuchten zurückzurufen, andere nicht. Bei einigen Rufnummern waren bis zu acht Anrufversuche nötig, um eine Person zu erreichen, bei anderen war jeder Anruf ein Treffer. Jeder Mitarbeiter nahm die Anrufe mit unterschiedlichen Begrüßungsworten entgegen, die von der einfachen Namensnennung über „Stadt Sindelfingen, Abteilung xy“ bis hin zu „Stadt Sindelfingen. Guten Tag, Sie sind verbunden mit Name. Was kann ich für Sie tun?“ reichten. Dabei fiel auf, dass durch die unterschiedliche Sprechgeschwindigkeit das Gesagte nicht immer zu verstehen war. Wurde ein Anliegen bei einer nicht zuständigen Person vorgebracht, wollte der Testanrufer gerne weiterverbunden werden. Manche verbanden daraufhin mit der Zentrale, andere versuchten, den richtigen Ansprechpartner herauszufinden und das Gespräch zu diesem durchzustellen, wieder andere rieten, noch einmal anzurufen. Je nachdem wurde dies begleitet durch freundliche Worte oder auch nicht.
Das Erscheinungsbild nach außen variierte in allen Bereichen deutlich. Das sollte sich ändern. Ausgehend von den Ergebnissen der Testanrufe ergaben ergänzende Nachfragen bei Mitarbeitern, warum Rufumleitungen oder Anrufbeantworter genutzt oder nicht geschaltet wurden. Meist hatten sich die Befragten noch keine Gedanken darüber gemacht oder wussten nicht, wie dies zu bewerkstelligen ist. Auch die Frage, ab wann eine Rufumleitung geschaltet werden und wer das für welche Telefone tun sollte – beispielsweise für den Fall, dass ein Mitarbeiter krank ist – war noch nie rathausweit thematisiert worden. Daher wurden diese Aspekte in einem gemeinsamen Workshop mit Amtsleitern systematisch diskutiert und festgelegt. Daraus entstanden eine kurze Handreichung mit allen Vereinbarungen für alle Mitarbeiter, ein Angebot für Kurzeinweisungen in die Nutzung von Telefon und Anrufbeantworter sowie eine Übersicht über Zuständigkeiten. Ein kleiner aber sehr wirksamer, farblich ins Auge springender Aufsteller sollte künftig allen Mitarbeitern eine erste Hilfestellung bieten.

Regelmäßige Überprüfung

Nach dieser ersten Initiative war das Vereinbarte noch lange nicht gesichert und abgeschlossen. Immer wieder kommen neue Mitarbeiter hinzu oder wechseln ihren Einsatzplatz. So beinhaltet das Konzept weitere Zyklen mit Testanrufen nach fest definierten Zeiträumen. Das dient der nachhaltigen Sicherung und Verankerung des Gewünschten in der Organisation. Wieder wurde der Zeitraum für die neuen Testanrufe allen Mitarbeitern bekanntgegeben.
Der erste Überprüfungszyklus fand rund anderthalb Jahre nach dem ersten, von Dezember 2015 bis Januar 2016 statt. Dabei stellte sich heraus, dass die Erreichbarkeit um weitere fünf Prozentpunkte auf insgesamt 83 Prozent gesteigert und damit ein weiteres Serviceversprechen eingehalten werden konnte. Auch bei der Zahl der Rückrufe hat sich trotz einiger unbeantworteter Anrufe eine Steigerung ergeben. Lediglich bei der vereinbarten Meldeformel und dem Ansagetext des Anrufbeantworters wurden kaum Verbesserungen erzielt. Hier gilt es, nochmals nachzulegen. Doch insgesamt sind sich alle einig: Aus Bürgersicht und Serviceperspektive hat sich das Projekt gelohnt.

Birgit Schenk ist Professorin an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg; Margit Gäng ist Leiterin Organisation und Zentrale Dienste bei der Stadt Sindelfingen; Astrid Bertsch arbeitet im Qualitätsmanagement der Stadt Sindelfingen.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Junger Mann mit einem Schreiben in der Hand rauft sich die Haare und schaut besorgt.

Dresden: Verständliche Behördenschreiben

[18.09.2025] Behördliche Schreiben sollen für rechtliche Eindeutigkeit sorgen – sind für Bürgerinnen und Bürger aber oft nur schwer verständlich. Die Stadt Dresden möchte das ändern: Eine Umfrage soll helfen, Verwaltungstexte klarer, verständlicher und bürgernäher zu gestalten. mehr...

Porträt einer Frau mit Kopfhörern in Office-Umgebung, die konzentriert zuhört.

Podcast: Deutschland-Index 2025 zum Hören

[05.09.2025] Welche Entwicklungen lassen sich bei digitaler Infrastruktur, Nutzungsverhalten und Verwaltungsdigitalisierung in den bundesdeutschen Ländern beobachten? Der ÖFIT-Podcast bereitet aktuelle Zahlen zu diesen und anderen Fragen ohrenfreundlich auf. mehr...

Wildschwein auf einer Lichtung

Kreis Kassel: Digitaler Service für Jäger

[15.08.2025] Die sogenannte Digitale Wildmarke erleichtert Jägern im Kreis Kassel jetzt die vorgeschriebene Abgabe von Trichinenproben. Gekühlte Briefkästen und ein App-gestütztes Verfahren verbessern nicht nur den Service für die Jäger, sondern stärken auch die Früherkennung von Tierseuchen. mehr...

Mithilfe eines CDO widmet sich die Stadtverwaltung Bonn der Digitalisierung.

Bonn: Modellkommune für Verwaltungsmodernisierung

[14.08.2025] Die Bundesstadt Bonn will sich als Modellkommune der Initiative „Für einen handlungsfähigen Staat“ bewerben. Ziel ist es, innovative Verwaltungsansätze zu erproben, Verfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen – im Rahmen demokratischer Prozesse. mehr...

Frauenhände die auf einem Laptop tippen mit einem Overlay aus Binärcode.

München/Schleswig-Holstein: Gemeinsam für gute Nutzererlebnisse

[04.08.2025] Im Projekt KERN setzen München und Verwaltungscloud.SH künftig gemeinsam Impulse: Sie übernehmen die Federführung für eine neue Technologieanbindung und stärken so die Entwicklung eines länderübergreifenden UX-Standards für die Verwaltung. mehr...

KGSt: Kooperation mit der DUV vereinbart

[24.07.2025] Um das kommunale Management weiter zu stärken, haben die KGSt und die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) Speyer eine Kooperation geschlossen. mehr...

drei Personen vor einem Bildschirm, Frauengesicht auf Bildschirm

Fraunhofer IESE: Digitale Dörfer werden Smartes Land

[16.07.2025] Das Fraunhofer-Institut IESE, die Deutsche Assistance und die Versicherungskammer Bayern haben die Smartes Land GmbH gegründet. Damit werden die Plattformlösungen DorfFunk und BayernFunk aus dem Forschungsprojekt „Digitale Dörfer“ in den dauerhaften Betrieb überführt und unter einem gemeinsamen Dach weiterentwickelt und betrieben.  mehr...

Logo Digitaltag 2025 Digitale Demokratie

Studie: Viele fühlen sich digital abgehängt

[03.07.2025] Eine repräsentative Studie anlässlich des Digitaltags zeigt, dass in Deutschland zwar eine große Offenheit gegenüber digitalen Angeboten besteht, viele Menschen sich aber digital abgehängt fühlen und ihre eigenen Digitalkompetenzen eher schlecht bewerten. mehr...

Close up photo of a stack of moving boxes

In eigener Sache: K21 media zieht um

[01.07.2025] Seit 2001 versorgen die Publikationen von K21 media Kommunen, Entscheider auf Landes- und Bundesebene sowie Stadtwerke mit aktuellen und umfassenden Informationen zu relevanten Themen. Nun schlägt der Verlag sein Hauptquartier in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. mehr...

Cover der Studie „Top 100 Wirtschaft 2.0“

Studie: Digitale Verwaltungservices für Unternehmen

[01.07.2025] Digitale Verwaltungsangebote für Unternehmen haben ein großes Potenzial, das noch bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Unternehmens init. mehr...

Cover Deutschland-Index der Digitalisierung 2025

Studie: Digitalisierungsindex 2025 veröffentlicht

[26.06.2025] Im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung (23. bis 25. Juni, Berlin) hat das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS den Deutschland-Index der Digitalisierung 2025 vorgestellt. Demnach schreitet die Digitalisierung zwar in vielen Bereichen voran, jedoch bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern weiterhin erhebliche Unterschiede. mehr...

Ein Mann (Torso) sitzt an seinem Schreibtisch mit Stift und Papier, vor sich hat er Stapel von Euromünzen sowie ein Glas, in das er etwas Kleingeld wirft.

Umfrage: IT-Budgets zu eng bemessen

[24.06.2025] Ihr Jahresbudget halten weniger als 18 Prozent der IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor für ausreichend. Das zeigt eine weltweite Umfrage von SolarWinds unter rund 100 Fachleuten. Viele sehen Projekte gefährdet und Budgetkürzungen als wachsendes Sicherheitsrisiko. mehr...

Julia Kuklik, Leiterin des Stadtarchivs Gütersloh, und Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur, vor einem der QR-Codes auf dem Berliner Platz (Foto: Stadtarchiv).

Gütersloh: Per QR-Code in die Vergangenheit

[16.06.2025] Im Rahmen des Projekts „Tritt in die Vergangenheit“ macht die Stadt Gütersloh Geschichte digital erlebbar. Dazu wurden QR-Codes über das gesamte Stadtgebiet verteilt. mehr...

Blick auf die PegelApp auf einem Smartphone. Man sieht zahlreiche blau markierte Messpunkte, aber wenig Details.

Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz

[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerformularen und füllt diese manuell aus.

Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert

[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...