Mittwoch, 10. Dezember 2025

FinanzierungsmodelleGeliehene Schul-IT

[10.12.2025] Aufgrund der Investitionsrückstände in den Kommunen bleibt auch die Digitalisierung der Schulen oft Stückwerk. Frank Schöneberg, Vice President Sales Public & Healthcare bei CHG-Meridian, erklärt, wie Schulen der Finanzierung nach Kassenlage entkommen.
Porträtaufnahme von Frank Schöneberg

Frank Schöneberg, Vice President Sales Public & Healthcare bei CHG-Meridian, erläutert die Vorteile zirkulärer Nutzungsmodelle.

(Bildquelle: CHG-Meridian)

Herr Schöneberg, wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Digitalisierung an deutschen Schulen ein?

Der Status ist sehr heterogen. Es gibt Schulen mit modernen Geräten und guter Vernetzung, aber auch viele, die noch mit in die Jahre gekommener Technik arbeiten. Lange Zeit wurde der Bedarf mit ausrangierten Rechnern von Eltern oder Verwaltungen gedeckt. Und auch heute sind es oft engagierte Einzelpersonen, welche die Digitalisierung vo­rantreiben. Das führt zu großen Unterschieden. Die ­Coronapandemie war ein Schub, aber nachhaltige Strukturen sind vielerorts noch immer nicht entstanden.

Was sind die größten Herausforderungen für Kommunen und Schulträger im Hinblick auf die Digitalisierung?

Das Hauptproblem ist strukturell: Die Länder haben die Bildungshoheit, die Kommunen müssen aber die Infrastruktur finanzieren – und ihnen fehlt oft das Geld. In der Vergangenheit flossen Mittel häufig nur punktuell, etwa im Rahmen des DigitalPakts Schule und dann lange wieder gar nicht. Diese Finanzierung nach Kassenlage verhindert eine nachhaltige Planung. Schulen brauchen aber eine dauerhaft funktionierende IT-Infrastruktur, keine einmaligen Projekte. Hinzu kommt der Fachkräftemangel: Es gibt kaum Personal, um zehntausende Geräte zu beschaffen, zu verwalten und zu warten. Zirkuläre Nutzungsmodelle können hier helfen, weil sie Investitionen planbar machen. Statt einmalig Millionenbeträge bereitzustellen, können Kommunen mit festen monatlichen Zahlungen arbeiten, ähnlich wie in der freien Wirtschaft. Das schafft finanzielle Handlungsfähigkeit trotz knapper Kassen und hilft, den Investitionsstau zumindest im Bereich der Bildungsinfrastruktur aufzubrechen.

Wie funktioniert ein solches Nutzungsmodell konkret?

Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Kommunen IT-Geräte über Nutzungsmodelle beschaffen können – zum Beispiel über Miete oder Leasing. Bei der Miete nutzt die Kommune die Geräte für eine festgelegte Zeit und zahlt dafür eine monatliche Pauschale. In der Regel ist dabei ein umfassendes Servicepaket enthalten, etwa Lieferung, Inbetriebnahme, Zubehör wie Schutzhüllen und Stifte, Mobile-Device-Management sowie eine zertifizierte Datenlöschung nach Rückgabe. Das Mietmodell eignet sich besonders, wenn Kommunen eine standardisierte Lösung aus einer Hand wünschen und den administrativen Aufwand möglichst gering halten möchten. 

Und wie sieht es beim Leasing aus? 

Das Leasing bietet etwas mehr Gestaltungsspielraum. Es funktioniert ähnlich wie ein Finanzierungsmodell, geht in der Praxis aber deutlich weiter: Kommunen können ihre bestehenden IT-Partner und Serviceanbieter frei wählen, die Ausstattung individuell konfigurieren und Konditionen direkt verhandeln. Dadurch behalten sie die volle Kontrolle über Leistungsumfang, Preise und technische Standards. Die monatlichen Raten sind häufig günstiger als bei der Miete, während die Kommune gleichzeitig ihre eigene IT-Strategie flexibel umsetzen kann. Für viele Schul­träger ist Leasing daher besonders interessant, wenn sie bereits gewachsene Strukturen, Ausschreibungsverfahren oder bevorzugte Dienstleister einbinden möchten. In der Praxis sieht das häufig so aus: Der Schulträger definiert zunächst ein Ausstattungskonzept. Dieses Paket wird dann ausgeschrieben – je nach Strategie als Miet- oder Leasingmodell. Im Mietmodell übernehmen wir die komplette Abwicklung inklusive Service. Im Leasingmodell steuert die Kommune die Umsetzung gemeinsam mit ihren Partnern, profitiert aber ebenso von planbaren monatlichen Zahlungen und einem festgelegten Nutzungszyklus. Nach Ablauf, meist nach drei Jahren, werden die Geräte professionell aufbereitet und weiterverwendet – ein Plus für Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Klimabilanz.

„Schulen brauchen eine dauerhaft funktionierende ­IT-Infrastruktur, keine einmaligen Projekte.“

Mal angenommen, eine Kommune entscheidet sich für ein Nutzungsmodell: Welche Voraussetzung müssen erfüllt sein, damit ein solches Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden kann?

Zentral ist eine saubere Planung von Anfang an. Die Kommune muss zunächst klären, was tatsächlich gebraucht wird: Welche Geräte für welche Schulen, in welchen Stückzahlen, mit welchem Zubehör und welchen Services. Ohne diese Bedarfsdefinition lässt sich keine tragfähige Ausschreibung formulieren. Hilfreich ist außerdem, wenn der Schulträger ein einheitliches Konzept für alle Schulen entwickelt, statt jede einzeln agieren zu lassen. Nur so können Sicherheitsstandards, Supportstrukturen und ein zentrales Gerätemanagement aufgebaut werden. Auch der Roll-out muss realistisch geplant werden: Zehntausende Geräte lassen sich nicht an einem Tag verteilen, sondern brauchen klare Abläufe und zeitliche Puffer, etwa in den Sommerferien. Und nicht zuletzt sollte festgelegt werden, wer welche Aufgaben übernimmt, von der technischen Einrichtung bis zum Mobile-Device-Management. Wenn diese Grundlagen stimmen, kann ein Nutzungsmodell seine Vorteile voll ausspielen.

Gibt es aus Ihrer Arbeit ein Beispiel, das zeigt, wie Kommunen die Digitalisierung ihrer Schulen erfolgreich umsetzen können?

Ein gutes Beispiel ist die Stadt Ratingen. Dort hat sich das Amt für Digitalisierung und Informationstechnologie zusammen mit dem Amt für Schulverwaltung und Sport bewusst gegen Insellösungen einzelner Schulen entschieden und stattdessen ein einheitliches Konzept für alle entwickelt. Ziel war: Jedes Kind soll ein eigenes Endgerät erhalten, unabhängig vom Elternhaus. Die Stadt hat den Gesamtbedarf zentral gebündelt, ausgeschrieben und setzt auf ein Mietmodell. Dadurch gibt es feste monatliche Kosten statt hoher Einmalinvestitionen. Außerdem werden die Geräte nach drei bis vier Jahren durch neue ersetzt und die alten professionell wiederaufbereitet. Das Entscheidende war hier die Standardisierung: einheitliche Gerätetypen, zentrale Sicherheits- und Supportstrukturen, ein geplanter Roll-out. Das hat enorm geholfen, den Aufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität zu sichern. Und die Schulen können sich jetzt auf den Unterricht konzentrieren anstatt auf IT-Probleme.

Was würden Sie Kommunen abschließend raten?

Planen Sie realistisch und langfristig. Leasing- und Nutzungsmodelle helfen, verlässliche Strukturen aufzubauen und Investitionen planbar zu machen. So schaffen wir die Voraussetzung, dass alle Kinder unabhängig vom Elternhaus digitale Bildungschancen erhalten. Und nicht zuletzt: Die Technik ist nur Mittel zum Zweck. Entscheidend ist, dass Lehrkräfte wissen, wie sie digitale Medien sinnvoll in den Unterricht integrieren. Der Auftrag von Schulen und Verwaltungen geht dabei über die reine Ausstattung hinaus. Digitale Technologien entfalten ihren Mehrwert erst dann, wenn sie die pädagogische Arbeit sinnvoll unterstützen und neue Formen des Lehrens und Lernens ermöglichen.

Interview: Bettina Weidemann




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