IT-InnovatorenVon der Bühne aufs Amt

Karin Engelhardt
Karin Engelhardt ist Online-Managerin der Stadt Coburg
(Bildquelle: K21 media AG)
Die Online-Managerin der Stadt Coburg ist eine Exotin – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist die gebürtige Österreicherin eine der wenigen Frauen im E-Government und zum anderen ist ihre äußere Erscheinung außergewöhnlich. „Meine roten Haare habe ich schon immer und sie gefallen mir. Allerdings falle ich damit auf, auch wenn ich noch nie das Gefühl hatte, dass ich deswegen schräg angeschaut werde“, sagt Karin Engelhardt. Exotisch ist auch ihr Berufsweg. In Graz geboren, studiert Engelhardt in Wien Mode-, Bekleidungs- und Textiltechnik sowie Bühnen- und Kostümbild und arbeitet anschließend am Theater. Durch ein Engagement am Landestheater Coburg kommt sie in den 1990er-Jahren in die idyllisch gelegene, fränkische Stadt. „Es war eine große Umstellung, von der österreichischen Hauptstadt in dieses Städtchen zu kommen, und ich wollte auch unbedingt nach zwei Jahren wieder weg.“ Doch dann lernt Karin Engelhardt ihren Mann kennen und schult auf Mediendesign um, weil eine Karriere im Bereich Bühnen- und Kostümbild bedeutet hätte, alle zwei Jahre das Theater zu wechseln. Nach der Weiterbildung in Berlin kommt sie wieder ins beschauliche Coburg, das ihr mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist, und fängt bei der Online-Stellenbörse JobScout24 als Projektmanagerin an. Hier sitzt sie an der Schnittstelle von Produktentwicklung, Marketing und IT – eine Erfahrung, die ihr heute noch zugutekommt.
Durch eine andere Brille
Im Jahr 2001 liest Karin Engelhardt auf dem Job-Portal die Stellenanzeige der Stadt Coburg und bewirbt sich. Sie erzählt: „Ich fand es interessant, dass eine Stadtverwaltung einen Online-Manager sucht. Denn das war zu dieser Zeit relativ ungewöhnlich.“ Gereizt hat sie auch, dass keiner so recht wusste, wie das digitale Rathaus mit Leben gefüllt werden könnte. Die Verwaltungsspitze hatte zwar erkannt, dass sie jemanden für diesen Bereich einstellen sollte, konkrete Vorstellungen vom Aufgabenbereich gab es jedoch nicht. Bei der Ausgestaltung ihrer Stelle hatte Karin Engelhardt also relativ freie Hand. „Der Vorteil war, dass ich von außen kam und deshalb eine ganz andere Sicht auf die Dinge hatte“, erzählt sie. Am Anfang musste erst einmal eine „gescheite“ Internet-Seite entwickelt werden. Es folgten Intranet und Web 2.0, wo sie ziemlich früh ins Thema eingestiegen ist. „Mein Job ist es, herauszufinden, was für unser Städtchen passt. Coburg hat 42.000 Einwohner, das heißt, auch wenn ich Projekte reizvoll finde, muss ich überlegen, ob sie für uns sinnvoll sind“, erläutert Engelhardt. Bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie sei beispielsweise ein Ansatz gewählt worden, von dem auch der Bürger profitiere und nicht nur der spanische Friseur.
Der Nutzen ist der Online-Managerin bei allen Projekten wichtig. Er ist jedoch für jede Zielgruppe separat herauszustellen. Engelhardt: „Vielleicht ist für die Überlegungen, welche Rolle jemand im Ensemble spielt und wie ihm der Nutzen näher gebracht werden kann, mein Theaterhintergrund ganz hilfreich.“ Denn der Stadtrat habe logischerweise eine andere Sichtweise als die Mitarbeiterin im Bürgerbüro. „Deshalb muss ich immer wieder eine andere Brille aufsetzen und unterschiedliche Blickwinkel einnehmen.“ Zum Erfolg – beispielsweise der Online-Börsen – trage auch bei, dass die Anwender in die Entwicklung einbezogen werden. Diese Vorgehensweise sorge dafür, dass die Angebote auch angenommen werden.
Nachahmer statt Geld
Abgesehen von der immer wieder angeführten mangelnden Akzeptanz, der Coburg durch Nutzerorientierung begegnet, macht die Online-Managerin noch ein weiteres Hemmnis für den Erfolg von E-Government aus: die heterogene Welt der Fachverfahren. Coburg baut momentan einen elektronischen Workflow auf. Dabei sind die Hersteller des Dokumenten-Management-Systems, des Finanzverfahrens und der digitalen Signatur involviert. „Wir arbeiten seit drei Jahren an dem Projekt. Die größten Hindernisse sind die Schnittstellen“, beschreibt Engelhardt ihre Erfahrungen. „Wir müssen viel ausprobieren und die beteiligten Unternehmen müssen sehr eng zusammenarbeiten. Die digitale Rechnung ist aber auf einem guten Weg“, meint die Online-Managerin. Aufgrund der gegenwärtigen Haushaltssituation mussten viele Projekte – insbesondere die Pilotprojekte – zurückgestellt werden. „Momentan schreiben wir am zweiten E-Government-Masterplan“, erklärt Engelhardt. „Den ersten, der vor sechs Jahren erstellt wurde, haben wir mit dem Aufbau der Basiskomponenten gut umgesetzt.“ Beim zweiten wird auf bestehende Werkzeuge wie CMS, workflowbasiertes Intranet, DMS und Formular-Server zurückgegriffen. „Es gilt, das, was da ist, optimal zu nutzen, das Beste rauszuholen, um die Verwaltung voranzubringen.“ Unzufrieden ist Engelhardt deshalb aber keineswegs: „Wenn geringere Mittel zur Verfügung stehen, muss man kreativ sein, Ideen haben, noch genauer überlegen und planen. Eine reizvolle Aufgabe, die die Gehirnzellen anregt.“ So wünscht sie sich für die Zukunft auch nicht mehr Geld, sondern Nachahmer und Multiplikatoren für die vielen guten Pilotprojekte in deutschen Kommunen. Sie sagt: „Man sollte überlegen, wie die Energie, die in diese Projekte geflossen ist, weiterverwendet werden kann.“
Open Government Heroine
In diese Richtung weisen auch Open Government und Web 2.0. Themen, mit denen sich Karin Engelhardt schon früh auseinandergesetzt hat, was ihr im vergangenen Jahr die Auszeichnung als Open Government Hero einbrachte (wir berichteten). Insgesamt waren elf so genannte Change Agents nominiert, die durch ihr persönliches Engagement zur Öffnung der Verwaltung und zum Einsatz neuer Medien für die Kommunikation zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung beitragen. „Change Agents haben Visionen, von denen sie sich nicht abbringen lassen, auch wenn es nur schrittweise vorangeht“, erzählt Engelhardt. Kreativität, Geduld, ein offener Geist und Flexibilität seien ebenfalls wichtig. Flexibilität auch deshalb, weil die Entwicklungen im IT-Bereich nicht vorhersehbar sind. So hätte man sich beispielsweise vor zehn Jahren nicht vorstellen können, welche grundlegenden Veränderungen das Web 2.0 der Verwaltung bringen wird. Entsprechend hat sich auch das Aufgabenfeld der Online-Managerin immer wieder verändert. „Das Reizvolle an meinem Job ist, dass man nicht weiß, wie er sich entwickelt“, meint Engelhardt.
Kreativer Ausgleich
Der zunehmenden Bedeutung ihrer Stelle innerhalb der Verwaltung wurde dadurch Rechnung getragen, dass aus der einstigen Stabsstelle im Hauptamt eine eigene Abteilung wurde und Karin Engelhardt die Aufgaben heute nicht mehr alleine erledigt. Zu ihrem Team zählen ihre Assistentin, eine weitere Verwaltungsmitarbeiterin und eine Auszubildende im Bereich Mediendesign. Ihr selbst bleibt dadurch mehr Zeit für die strategische Koordination an der Schnittstelle mehrerer Abteilungen. Sie muss sowohl die technische Umsetzung als auch die Vermarktung im Blick haben und immer wieder neue Ideen entwickeln. Aber gerade das macht ihr Spaß. Schließlich ist sie auch in ihrer Freizeit kreativ. Unter einem eigenen Label stellt Karin Engelhardt Handtaschen aus Stoff und Leder her. „Das gibt mir grundsätzlich den Ausgleich. Momentan kommen die Taschen aber ein bisschen zu kurz, da wir ein denkmalgeschütztes Haus von 1870 in der Innenstadt gekauft haben, das wir renovieren“, erzählt sie. Neben der eigenen Wohnung entstehen sechs Mietwohnungen, die nicht nur saniert, sondern auch möbliert werden. Engelhardt: „Die Ideen hierzu stammen von mir und meinem Mann, der ursprünglich aus dem Modedesign kommt. Wir haben beide Spaß am Kreativen und wollten das alte Haus wieder zum Leben erwecken.“ Damit hat sich die gebürtige Grazerin endgültig in ihrer Wahlheimat eingerichtet, in der sie schon längst nicht mehr als Exotin gesehen wird.
Studie: Viele fühlen sich digital abgehängt
[03.07.2025] Eine repräsentative Studie anlässlich des Digitaltags zeigt, dass in Deutschland zwar eine große Offenheit gegenüber digitalen Angeboten besteht, viele Menschen sich aber digital abgehängt fühlen und ihre eigenen Digitalkompetenzen eher schlecht bewerten. mehr...
In eigener Sache: K21 media zieht um
[01.07.2025] Seit 2001 versorgen die Publikationen von K21 media Kommunen, Entscheider auf Landes- und Bundesebene sowie Stadtwerke mit aktuellen und umfassenden Informationen zu relevanten Themen. Nun schlägt der Verlag sein Hauptquartier in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. mehr...
Studie: Digitale Verwaltungservices für Unternehmen
[01.07.2025] Digitale Verwaltungsangebote für Unternehmen haben ein großes Potenzial, das noch bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Unternehmens init. mehr...
Studie: Digitalisierungsindex 2025 veröffentlicht
[26.06.2025] Im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung (23. bis 25. Juni, Berlin) hat das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS den Deutschland-Index der Digitalisierung 2025 vorgestellt. Demnach schreitet die Digitalisierung zwar in vielen Bereichen voran, jedoch bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern weiterhin erhebliche Unterschiede. mehr...
Umfrage: IT-Budgets zu eng bemessen
[24.06.2025] Ihr Jahresbudget halten weniger als 18 Prozent der IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor für ausreichend. Das zeigt eine weltweite Umfrage von SolarWinds unter rund 100 Fachleuten. Viele sehen Projekte gefährdet und Budgetkürzungen als wachsendes Sicherheitsrisiko. mehr...
Gütersloh: Per QR-Code in die Vergangenheit
[16.06.2025] Im Rahmen des Projekts „Tritt in die Vergangenheit“ macht die Stadt Gütersloh Geschichte digital erlebbar. Dazu wurden QR-Codes über das gesamte Stadtgebiet verteilt. mehr...
Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz
[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert
[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...
Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten
[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...
Berlin: KI hilft bei Abwicklung des ReparaturBONUS
[23.05.2025] Die Zukunft der Fördermittelverwaltung liegt in der Digitalisierung. Das hat das Unternehmen MACH mit der Entwicklung einer digitalen Antragsplattform für die Berliner Verwaltung unter Beweis gestellt. Die Lösung sorgt für eine effizientere Abwicklung des ReparaturBONUS und spürbare Entlastung der Mitarbeitenden. mehr...
Brandenburg: Bürgerservice per Videokabine
[19.05.2025] Der Landkreis Uckermark wurde im Rahmen der Bundesinitiative DigitalPakt Alter für seinen digitalen Bürgerservice für Seniorinnen und Senioren ausgezeichnet. Im Rahmen des Projekts LISA wurden an bisher sechs Standorten Videokabinen eingerichtet, die wohnortnah Kontakt zur Kreisverwaltung ermöglichen. mehr...
Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet
[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...
Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation
[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...
Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet
[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...
Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert
[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...