Donnerstag, 14. August 2025

Social MediaAmtfluencer als Megatrend

[14.08.2025] Amtfluencer machen Behörden und Kommunen in sozialen Medien sichtbar. Sie berichten persönlich, glaubwürdig und oftmals aus freien Stücken über ihren Berufsalltag – und vermitteln so höchst erfolgreich zwischen Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürgern.
Ein Mann bedient ein Smartphone, über dem unterschiedliche Emojis schweben.

Amtfluencer schaffen auf Social Media Begeisterung für die Verwaltung.

(Bildquelle: stock.adobe.com/Kiattisak)

Dass soziale Medien ein wichtiger Baustein in der Kommunikation der öffentlichen Verwaltung sein können, bestreitet inzwischen niemand mehr. So sind auch immer mehr Ämter, Behörden und Ministerien auf Instagram, TikTok, LinkedIn & Co. vertreten. Für ­viele der erfolgreichsten ­Accounts sind Menschen verantwortlich, die Behördenkommunikationsprofis als „Amtfluencer“ bezeichnen – Corporate Influencer, die über ihre Arbeit im öffentlichen Dienst berichten und dabei Werte wie Serviceorientierung, Bürgernähe, Vertrauen und Demokratie vertreten. Oft aus eigenem Antrieb, auf eigenen, mehr oder weniger privaten Kanälen und immer mit einem persönlichen Blickwinkel und viel Einfallsreichtum. Ganz ohne formelles Programm zeigen Mitarbeitende ihren Joballtag bei Social Media – weil sie mögen, was sie tun, und stolz auf ihren Job sind.

Der Ansatz unterscheidet sich deutlich von den Bürgermeister-Bulletins, einkopierten Pressetexten und altbackenen Fotos, die auf manchen offiziellen Auftritten zu erleben sind. Amtfluencer-Accounts wirken nahbar, glaubwürdig, lebendig. „Wir sind überzeugt, dass Amtfluencer und Politfluencer bereits jetzt, aber vor allem in Zukunft, das Erfolgsrezept für die Social-Media-Kommunikation von Behörden, Organisationen und politischen Institutionen sind“, meinen Wolfgang Ainetter und Christiane Germann, die Behörden und politische Institutionen beim Einsatz von Social Media unterstützen und zu diesem Thema auch ein Praxisbuch veröffentlicht haben.

Der Erfolg von Accounts, die auf persönliche Perspektiven statt CEO-Kommunikation setzen, ist auch mit Zahlen belegbar. So seien etwa die Instagram-Abrufe der Stadt Rosenheim vom vierstelligen Bereich auf über 190.000 gestiegen, nachdem eine junge Amtfluencerin an Bord kam, berichten Ainetter und Germann. Ähnlich erfolgreich sind die bayerische Landeshauptstadt München sowie die Städte Leipzig und Monheim am Rhein. Aber auch das Bundesamt für Strahlenschutz und das Finanzministerium Hessen setzen auf Amtfluencer-Kommunikation. Hier wurden Amtfluencer, die zunächst aus persönlicher Motivation starteten, ins offizielle Kommunikationsteam geholt.

Authentische Bürgerkommunikation

„Amtfluencer können den Unterschied zwischen einem langweiligen und einem spannenden Social-Media-Account ausmachen. Für den Arbeitgeber hat das, was Amtfluencer von sich aus und in ihrer Freizeit tun, ausschließlich Vorteile. Sie können die Behörde oder Kommune als Arbeitgeber interessant machen, diese nahbarer und glaubwürdiger erscheinen lassen, für Beliebtheit sorgen und jüngere Zielgruppen erreichen“, so die beiden Autoren. „Da sie Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben und positiv über ihren Job sprechen, machen sie die beste Werbung für ihre Stadt oder für den öffentlichen Dienst.“ Trotz dieser deutlichen Vorteile steht die tradierte Verwaltungshierarchie engagierten Amtfluencern oft im Weg. Es gibt durchaus Arbeitgeber und Behörden, die solches Engagement kritisch sehen oder sogar verbieten wollen. „Wir wurden schon häufiger von Amtfluencern um Rat gebeten, weil Vorgesetzte ihren persönlichen Social-Media-Auftritt kritisiert oder ausdrücklich missbilligt hatten“, berichten Germann und Ainetter. Solange keine geheimen Informationen weitergegeben oder Rechte verletzt werden, kann eine Hausleitung jedoch nicht verbieten, dass Menschen über ihren Arbeitsalltag berichten. Doch mit ziemlicher Sicherheit erlischt die Freude eines jeden Amtfluencers, wenn es statt Lob einen Einlauf von oben gibt.

Foto des Praxishandbuchs zu Social Media in Bürgerkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.
Das Praxishandbuch steht auch als E-Book zur Verfügung. (Bildquelle: Rheinwerk Verlag GmbH)

Um eine solche Chance auf authentische, überzeugende Bürgerkommunikation nicht zu verschenken, sollten Chefinnen und Chefs in Politik, Organisationen und Behörden dringend umdenken: „Sehen Sie das Engagement Ihrer Mitarbeitenden in sozialen Netzwerken positiv, und signalisieren Sie den Kollegen Wertschätzung“, raten die Buchautoren und geben auch konkrete Tipps, wie das geht. Neben einer Anerkennung des zusätzlichen Engagements – auch in Personalgesprächen und Beurteilungsrunden – geht es darum, den motivierten Selfmade-Amtfluencern Zeit für ihre Tätigkeit einzuräumen. So sollten Auftritte in anderen Kanälen, der Besuch von Networking-Veranstaltungen und das Posten während der Arbeitszeit aktiv angeboten werden. Die Expertise der Self-Made-Amtfluencer kann auch gezielt angezapft werden, um offizielle Accounts neu aufzustellen (Was könnten wir verbessern?). Erarbeiten sich Personen eigene Vorteile – etwa ein weit gespanntes Netzwerk –, sollten Dienstherren entspannt bleiben. „Je umtriebiger Ihre Amtfluencer sind, desto mehr Menschen erfahren von Ihrer Behörde oder Kommune! Solange die Personen in ihren Teams keine Starallüren entwickeln oder die eigentliche Arbeit vernachlässigen, sollten Sie sich mit ihnen gemeinsam über das Erreichte freuen“, betonen Germann und Ainetter.

Die passenden Amtfluencer finden

Die Alternative zur Unterstützung freiwilliger Amtfluencer ist der gezielte Aufbau eines Amtfluencer-Programms innerhalb der eigenen Organisation. Es sei „keine Raketenwissenschaft“, als Teil der öffentlichen Verwaltung ein eigenes Corporate-Influencer-Programm anzuschieben und Amtfluencer aus den eigenen Reihen zu finden, die das bestehende Kommunikationsteam erweitern. Zunächst sollte man sich über die verfolgten Ziele im Klaren sein. Geht es um ein bis zwei Gesichter für den Instagram-Kanal oder sollen etwa Dutzende Amtfluencer aus verschiedensten Bereichen selbstständig Beiträge posten, wie es etwa München auf LinkedIn macht? Ein nächster Schritt ist dann in jedem Fall ein interner Aufruf an mögliche Interessierte. Dazu gehört es, geeignet erscheinende Personen gezielt anzusprechen, aber auch einen allgemeinen Aufruf zu starten, etwa per Intranet oder durch eine Infoveranstaltung.

Amtfluencer sollten neben der Begeisterung für den Job und Social-Media-Kompetenz auch fachliche Expertise, Kreativität und eine starke Persönlichkeit mitbringen. Nachvollziehbare Richtlinien und feste Ansprechpartner für offene Fragen unterstützen Mitarbeitende darin, auch als offizielle Influencer souverän und offen zu agieren. Und auch wenn das Motto unbedingt „Authentizität statt Hochglanz“ lauten sollte, ist es wichtig, regelmäßige Möglichkeiten zur Fortbildung – von Videoschulung bis zu rechtlichen Aspekten – zu schaffen. Es sollte aber auch ausdrücklich erlaubt sein, Fehler zu machen und daraus zu lernen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Ein ordentliches Monitoring macht Erfolge sichtbar und motiviert, ebenso wie Incentives für die Mehrarbeit. Mit dem Auftreten von Amtfluencern haben die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die CEO-Kommunikation – auch in sozialen Medien – nicht ausgedient. Sie erfahren aber eine zeitgemäße Ergänzung, ohne die Behörden und Kommunen langfristig nicht auskommen.

Sibylle Mühlke




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Social Media

Mönchengladbach: Stadt-News bei WhatsApp

[11.08.2025] Die Stadt Mönchengladbach startet einen WhatsApp-Kanal, über den wichtige Ankündigungen, Verkehrshinweise und Service-Angebote direkt aufs Smartphone gesendet werden. Der Kanal ist aktuell im Verifizierungsverfahren, kann aber schon abonniert werden. mehr...

Junge Menschen stehen vor dem Stuttgarter Rathaus. In der Hand halten sie ein Smartphone mit dem TikTok Logo und dem Account-Namen @stadt.stuttgart darauf.

Stuttgart: TikTok‐Kanal gestartet

[07.08.2025] Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart erweitert ihre Social‐Media‐Kommunikation und ist ab sofort auch auf TikTok vertreten. Die Beiträge für die Plattform werden von der Onlineredaktion gemeinsam mit jungen Mitarbeitenden aus verschiedenen Ämtern erstellt. mehr...

Screenshot des Instagram-Kanals visitpforzheim.de

Pforzheim: Goldstadt per Instagram erleben

[01.08.2025] Mit einem eigens dafür eingerichteten Instagram-Kanal will Pforzheim auf die touristischen Highlights der Stadt aufmerksam machen. Unter dem Motto Goldstadt erleben bietet visitpforzheim.de Interessierten unter anderem Veranstaltungshinweise, Tourenvorschläge oder hochwertige Bilder an. mehr...

Screenshot der Social-Media-Wall auf der Website des Kreises Heilbronn

Kreis Heilbronn: Social-Media-Wall eingerichtet

[29.07.2025] Eine Social-Media-Wall hat der Kreis Heilbronn auf seiner Website eingerichtet. Damit können alle Interessierten die Aktivitäten der Kommune in den sozialen Medien verfolgen – auch ohne eigenen Facebook- oder Instagram-Account. mehr...

Heidelberg: Mit WhatsApp mehr erreichen

[13.05.2025] Die Stadt Heidelberg ergänzt ihr Social-Media-Angebot um den Messenger-Dienst WhatsApp. Im Kanal erhalten die Bürgerinnen und Bürger tagesaktuelle Nachrichten ebenso wie Eilmeldungen oder einen Themenüberblick zur aktuellen Stadtblattausgabe. mehr...

Screenshot des WhatsApp-Kanals des Ennepe-Ruhr-Kreises.

Ennepe-Ruhr-Kreis: WhatsApp-Kanal gestartet

[08.05.2025] Seine App ergänzend bietet der Ennepe-Ruhr-Kreis nun auch einen WhatsApp-Kanal an. Er informiert hier über Neuigkeiten, Warnmeldungen und Veranstaltungshinweise. Auch soll der Kanal eine wichtige Rolle in Krisensituationen spielen. mehr...

Screenshot der Social Wall der Stadt Minden

Minden: Social Wall bündelt städtische Kanäle

[17.04.2025] Was die Stadt Minden in den sozialen Medien veröffentlicht, lässt sich jetzt auch ohne eigenes Konto auf den jeweiligen Plattformen erfahren. Möglich macht das die neue Social Wall auf der städtischen Homepage. mehr...

raufsicht auf einen Sitzungssaal mit runer Sitzanordnung, überlagert vom YouTube-Play-Button.

Mannheim: Stadtgremien streamen

[04.04.2025] Mannheim streamt Gemeinderatssitzungen jetzt live auf YouTube – mit Untertiteln und Übersetzung in Gebärdensprache. Die Stadt will so Barrieren abbauen und politische Teilhabe sowie Bürgernähe stärken. mehr...

Bremerhaven: X-Kanal stillgelegt

[24.03.2025] Die Stadt Bremerhaven legt ihren Kommunikationskanal auf der zunehmend umstrittenen Social-Media-Plattform X still. Einer der Gründe ist die dort schrumpfende Follower-Zahl. Die Stadt kritisiert aber auch die ungefilterte Verbreitung von Desinformation auf X. mehr...

Auf einem Smartphone ist ein Beitrag auf dem WhatsApp-Kanal der Feuerwehr Wiesbaden zu sehen

Wiesbaden: Feuerwehr informiert via WhatsApp

[12.03.2025] Die Wiesbadener Feuerwehr verfügt seit Anfang Februar über einen eigenen WhatsApp-Kanal. Die Präsenz auf der Plattform X wurde mangels Reichweite eingestellt.
 mehr...

Ein Smartphone zeigt die Bluesky-Oberfläche an, im Hintergrund ist der so genannte Römer in Frankfurt am Main zu sehen.

Aachen / Dortmund / Frankfurt: Bei Bluesky am Start

[20.02.2025] Die Städte Aachen, Dortmund und Frankfurt am Main erweitern ihr Social-Media-Angebot um die Plattform Bluesky. mehr...

Auf einem Smartphone ist der WhatsApp-Kanal der Stadt Reutlingen zu sehen.

Reutlingen: Jetzt auch bei WhatsApp

[19.02.2025] Reutlingen weitet seine Präsenz in den sozialen Medien aus. Die Stadt liefert jetzt auch per WhatsApp Neuigkeiten und Informationen. mehr...

Bonn: X nur noch im Notfall

[14.02.2025] Die Stadt Bonn nutzt viele Kanäle für die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern. X ist allerdings nicht mehr dabei: Die Entwicklung der Musk-Plattform, die zunehmend von Desinformation und Hassrede geprägt sei, lässt sich für die Stadt nicht mit ihren Grundwerten vereinbaren. mehr...

Symbolfoto Social Media Kanäle Kreis Soest

Kreis Soest: WhatsApp statt X

[07.02.2025] Der Kreis Soest hat einen eigenen WhatsApp-Kanal gestartet. Ihr Profil auf der Social-Media-Plattform X lässt die Kommune dagegen ruhen. mehr...