Sonntag, 15. Juni 2025

WissensmanagementDen Austausch fördern

[22.03.2021] Eine große Herausforderung für die öffentliche Verwaltung ist es, Wissen effektiv zu erhalten und untereinander auszutauschen. Eine Organisationsuntersuchung in einem brandenburgischen Landkreis zeigt, welche Chancen kommunales Wissensmanagement bereithält.
Beim Kaffeeplausch wird oft wichtiges Wissen weitergegeben.

Beim Kaffeeplausch wird oft wichtiges Wissen weitergegeben.

(Bildquelle: 123rf.com/Dmitrii Shironosov)

Angesichts der Corona-Pandemie hat die Frage nach einer effektiven Kommunikation und Verteilung von Wissen enorm an Bedeutung gewonnen. Viele Organisationen und auch die öffentliche Verwaltung stehen vor der Herausforderung, mit kurzfristigen Ausfällen umgehen zu müssen. Sie müssen die Frage klären, wie ein Austausch von Wissen stattfinden kann, wenn die Mitarbeiter sich nicht persönlich treffen können. Unabhängig von dieser Krise sucht die öffentliche Verwaltung nach Lösungen, um mit einer Vielzahl altersbedingter Stellenwechsel und dem drohenden Verlust von Wissen umzugehen.
Im Rahmen einer Organisationsuntersuchung durch den Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam und eines studentischen Beratungsprojekts unter Leitung von Caroline Fischer wurden Anfang 2020 Chancen und He­raus­forderungen bei der Einführung von Wissensmanagement in einer brandenburgischen Landkreisverwaltung erarbeitet. Dazu wurden mit Führungskräften der Kommune sowie externen Experten 14 teilstandardisierte Interviews durchgeführt. Außerdem waren die Mitarbeiter aufgefordert, in einem Workshop ihre Vorstellungen für ein effektives Wissensmanagement einzubringen.

Konkurrenz unter Nachbarn

Wie viele ländliche Räume steht der untersuchte Landkreis in Konkurrenz zu benachbarten Metropolregionen. Innerhalb des Kreises konkurrieren die näher an Berlin liegenden Gemeinden mit denjenigen, die weiter entfernt sind. Durch die Aufteilung der Landkreisverwaltung auf drei Standorte bestand bereits vor der Pandemie die Herausforderung, Wissen dezentral zu organisieren und flexible Lösungen für den Wissensaustausch zu finden. Problematisches Silodenken ist hier nicht einfach die Folge von Grabenkämpfen zwischen Organisationseinheiten, sondern erwächst bereits aus der räumlichen Trennung, wie viele Verwaltungsmitarbeiter sie nun auch im Homeoffice erleben.
Wissen entsteht, sobald Daten und Informationen mit Bedeutung aufgeladen werden. Insbesondere im digitalen Raum wird Wissen daher vereinfacht als verarbeitete Information verstanden (Davenport und Prusak, 2000). Ein systematischer Umgang mit der Ressource Wissen in Organisationen kann demnach über die Gestaltung der Wissensträger und -dimensionen Personal, Strukturen und Technik erfolgen (Wewer und Fischer, 2019). Das kollektive Gedächtnis oder organisationale Wissen ist analog aber nicht einfach die Summe aller Wissensbestände. Vielmehr ist es eingebettet in die impliziten und expliziten Wissensbestände der Organisationsbestandteile.

Wissensbasis erweitern

In vielen Fällen liegt Wissen jedoch nur als verborgener, impliziter Erfahrungsschatz der Mitarbeiter vor. Viele Ansätze konzentrieren sich daher darauf, individuell vorhandenes Wissen zu erschließen, was jedoch durch die implizite Natur vor allem in der digitalen Arbeitssphäre erschwert wird. Wissensmanagement insgesamt zielt darauf ab, die Wissensbasis einer Organisation zu erweitern, zu erhalten oder einen (noch unbekannten) Wissensbestand zu erschließen (Probst et al. 2006).
Die öffentliche Verwaltung steht dabei vor zahlreichen Herausforderungen: Ihr Personalkörper ist insbesondere auf kommunaler Ebene durch die konsolidierungsbedingte Schrumpfung der Belegschaft gekennzeichnet. Der demografische Wandel verschärft die steigende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und den damit einhergehenden Fachkräftemangel. Um die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen, ist es daher unabdingbar, die Ressource Wissen optimal einzusetzen.

Zentrale Ansprechperson

Im Rahmen des Projekts zeigte sich, dass der Landkreis bereits eine Vielzahl verschiedener Prozesse und Systeme zum Transfer von Wissen entwickelt hat. Aufgrund der räumlichen Trennung und Heterogenität der Verwaltung war diese Vielfalt aber nicht bekannt. Eine zentrale Ansprechperson für das Wissensmanagement, welche dezentrale Lösungen nicht ersetzt, sondern zentral bündelt, könnte hier Abhilfe schaffen. Innerhalb der einzelnen Referate könnten Verantwortliche für die dialoghafte Begleitung der Wissensweitergabe sorgen. Denn diejenigen, die ihr Wissen weitergeben, haben oft andere Bedürfnisse als diejenigen, die dieses Wissen empfangen. So sind Speicherlösungen für die digitale Weitergabe von Wissen aus Sicht der Geber schnell befüllt. Für die Nutzer liegt dann aber oft nur ein undurchdringlicher Datendschungel vor. Das organisationsinterne Intranet erinnert somit eher an einen Datenfriedhof, statt als anregende Kommunikationsplattform zu dienen. Zentrale Standards für Datenpflege und -Management sind hier dringend geboten.
Da die Empfänger von Wissen jedoch häufig informelles Erfahrungswissen benötigen, das effektiv nur durch direkte Interaktion weitergegeben werden kann, müssen informelle Gelegenheiten zum Austausch von Wissen institutionalisiert und entstigmatisiert werden. So sind der kurze Plausch am Kopierer oder ein schnelles Gespräch zu neuesten Lösungen während der Kaffeepause für die Wissensweitergabe enorm wichtig, wie in den vergangenen Monaten schmerzlich zu erfahren war.

Schnell handeln, passende Systeme bereitstellen

In einer Umgebung oder Situation, die eine solche Kommunikation nicht zulässt, etwa durch die räumliche Trennung einzelner Verwaltungsstandorte oder eine weltweite Pandemie, müssen digitale Lösungen den Austausch, die Vernetzung und Kollaboration fördern und weniger die Datenablage in den Vordergrund stellen. Was analog alltäglich ist, muss auch digital möglich werden. War die Diffusion der Landkreisämter in einer durch Präsenzkultur geprägten Verwaltung zuvor noch eine Schwäche, könnten sich nun digitale Führungskräftezirkel über zahlreiche Ämter hinweg bilden. Entfernt lebende Arbeitnehmer wären bei einer Anstellung nicht mehr gezwungen, täglich zu ihrem Arbeitsplatz zu pendeln. Der Jour Fixe zum Wissensaustausch könnte digital stattfinden. Egal ob Expertendatenbank, Videokonferenz- oder Chat-Lösungen – die öffentliche Verwaltung muss schnell handeln und passende Systeme bereitstellen, um für die nächste Krise gewappnet zu sein.

Nicolas Drathschmidt ist Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam; Esther Steverding arbeitet und forscht zum Thema Verwaltungsmodernisierung.


Stichwörter: Panorama, Wissensmanagement


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Blick auf die PegelApp auf einem Smartphone. Man sieht zahlreiche blau markierte Messpunkte, aber wenig Details.

Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz

[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerformularen und füllt diese manuell aus.

Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert

[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...

Grün eingefärbte Nahaufnahme einer Computer-Platine.

Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten

[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...

Computerteil-Reparatur: Ein paar Hne arbeitet mit einem Lötkolben an einer demontierten Hauptplatine.

Berlin: KI hilft bei Abwicklung des ReparaturBONUS

[23.05.2025] Die Zukunft der Fördermittelverwaltung liegt in der Digitalisierung. Das hat das Unternehmen MACH mit der Entwicklung einer digitalen Antragsplattform für die Berliner Verwaltung unter Beweis gestellt. Die Lösung sorgt für eine effizientere Abwicklung des ReparaturBONUS und spürbare Entlastung der Mitarbeitenden. mehr...

Designstudie der LISA-Kabine mit einem großen Screen, davor ein Tisch und zwei Stühle.

Brandenburg: Bürgerservice per Videokabine

[19.05.2025] Der Landkreis Uckermark wurde im Rahmen der Bundesinitiative DigitalPakt Alter für seinen digitalen Bürgerservice für Seniorinnen und Senioren ausgezeichnet. Im Rahmen des Projekts LISA wurden an bisher sechs Standorten Videokabinen eingerichtet, die wohnortnah Kontakt zur Kreisverwaltung ermöglichen. mehr...

Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet

[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...

In Nordrhein-Westfalen soll der digitale Gang aufs Rathaus künftig zur Regel werden.

Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation

[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...

Ein junger Mann erklärt einem älteren Mann etwas auf einem Desktopbildschirm.

Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet

[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...

Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...

Darmstadt: Resiliente Krisenkommunikation

[11.04.2025] Großflächige, lang andauernde Stromausfälle sind selten – stellen die Krisenkommunikation jedoch vor Schwierigkeiten, weil Mobilfunk, Internet und Rundfunk ausfallen. In Darmstadt wird nun eine energieautarke digitale Litfaßsäule erprobt, die auch bei Blackouts als Warnmultiplikator funktioniert. mehr...

Gruppenfoto mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm, die im Prozessmanagement kooperieren.

Diez/Kaisersesch/Montabaur/Weißenthurm: Kooperation im Prozessmanagement

[08.04.2025] Gemeinsam wollen die Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm ihre Verwaltungsprozesse effizienter gestalten. Im Fokus steht die Wissensdokumentation ihrer Prozesse. Auch sollen eine Datenbank für Notfallszenarien und ein interkommunales Prozessregister aufgebaut werden. mehr...

Drei ältere Personen sitzen auf einem Sofa und beschäftigen sich mit verschiedenen digitalen Endgeräten.

Hessen: Projekt Di@-Lotsen wächst weiter

[07.04.2025] Das hessische Digitallotsen-Projekt, das älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt erleichtern soll, wird fortgeführt und ausgeweitet. Kommunen, Vereine und andere Einrichtungen können sich bis zum 11. Mai 2025 als digitale Stützpunkte bewerben. mehr...

Logo der Berliner Beihilfe-App auf blauem Hintergrund.

Berlin: Beihilfe ohne Medienbrüche

[04.04.2025] In Berlin haben Beamtinnen und Beamte nicht nur die Möglichkeit, Anträge auf Beihilfe digital zu stellen – mit einer neuen App ist es ab jetzt auch möglich, den Bearbeitungsstand einzusehen und die Bescheide digital zu empfangen. mehr...

Interkommunale Zusammenarbeit: Dritte Förderphase für Digitale Dörfer RLP

[01.04.2025] Das Netzwerk Digitale Dörfer RLP erhält bis 2026 weitere 730.000 Euro Landesförderung. Erfolgreiche Digitalprojekte sollen landesweit ausgerollt und die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein Schwerpunkt liegt auf wissenschaftlich unterfütterten Pilotprojekten zum Bürokratieabbau. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Ein Jahr Zukunftskommission

[31.03.2025] Die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 hat ihren aktuellen Bericht vorgelegt. Unter Leitung des Finanz- und Heimatministeriums erarbeiten Ministerien, Kommunalverbände und Experten Lösungen für eine einheitlichere, effizientere und sicherere IT in Bayerns Kommunen. mehr...