Donnerstag, 15. Mai 2025

KorschenbroichDer Weg zur Ende-zu-Ende-Digitalisierung

[21.12.2023] Bei der Digitalisierung ihrer Verwaltung haben es kleinere Kommunen – auch wegen knapper Ressourcen – oftmals schwerer als Großstädte. Das Beispiel Korschenbroich zeigt, wie eine Mittelstadt die OZG-Umsetzung und den Verwaltungsumbau erfolgreich angeht.

Im Vergleich zu manchen europäischen Nachbarn hinkt die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland hinterher. Während die skandinavischen Länder ihre Behördenlandschaft konsequent digitalisieren, streiten wir über die Grundlagen. Die 30.000-Einwohner-Stadt Korschenbroich hat sich schon vor einiger Zeit auf den Weg gemacht, ihre Verwaltung umfassend zu digitalisieren (wir berichteten). Viele Hürden hat sie bereits genommen, doch am Ziel ist die Kommune noch lange nicht. Im Vergleich mit anderen Städten liegt sie im Mittelfeld. Denn kleine Kommunen haben es aufgrund fehlender finanzieller und personeller Ressourcen deutlich schwerer als Großstädte wie Hamburg, die schon deutlich weiter sind.
Mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) startete 2017 das bislang umfassendste Digitalisierungsprojekt von Bund, Ländern und Kommunen – ein Prozess, in dem die notwendigen Strukturen und methodischen Vorgehensweisen erst geschaffen werden mussten. Auch in Korschenbroich ging es zunächst darum, das OZG so umzusetzen, wie es das Gesetz vorsieht: Personal gewinnen und schulen, den Veränderungsprozess meistern. Das war mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und angesichts der insgesamt 100 zu digitalisierenden Dienstleistungen in drei Jahren jedoch nicht zu schaffen. Dieses Beispiel zeigt: Bei den Kommunen sind große Anstrengungen erkennbar, doch de facto ist das OZG noch nicht wirklich in der Fläche angekommen. Es gibt starke Initiativen der Länder mit den modernen Dienstleistungsportalen, aber die Kommunen sind bei der Organisation und Finanzierung des OZG abgehängt worden.

Pandemie als Beschleuniger

Bereits im Jahr 2015 rief Korschenbroich eine Projektgruppe ins Leben. Seitdem wurden verschiedene Projekte umgesetzt. Dazu gehören eine Online-Plattform für die Vergabe von Aufträgen, ein elektronischer Sitzungsdienst, das digitale Melderegister und ein elektronischer Postausgang. Außerdem wurde die Website neu gestaltet (wir berichteten) und das Bürgerserviceportal angebunden. Beschleunigt durch die Corona-Pandemie hat die Behörde die Kernverwaltung innerhalb kürzester Zeit nahezu komplett mit mobilen Endgeräten ausgestattet und so Remote-Arbeiten für einen Großteil der Beschäftigten ermöglicht. Ebenso startete der Roll-out eines Dokumenten-Management-Systems (DMS). Im Rahmen eines Klimaschutzkonzepts erfolgte ein Ratsbeschluss zur papierlosen Verwaltung 2030. Im Jahr 2022 wurde schließlich eine ganzheitliches E-Government-Konzept entwickelt, das seither von der Projektorganisation umgesetzt wird.

Beschäftigte gefragt

Um den Status quo zu ermitteln, evaluierte die Stadtverwaltung Korschenbroich ihre IT-Ausstattung und führte eine Mitarbeiterbefragung durch. Demnach schätzt die überwiegende Mehrheit der Befragten die Chancen der Digitalisierung für ihre tägliche Arbeit als hoch oder zumindest moderat ein. Sehr hohe Zufriedenheitswerte im Bereich des mobilen Arbeitens zeigen, dass die Stadtverwaltung bereits Fortschritte bei der Digitalisierung erzielt hat. Auch die Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung und Anpassung an neue digitale Arbeitsweisen ist bei den Beschäftigten hoch.
Es zeichnen sich aber auch Bereiche mit Verbesserungspotenzial ab, insbesondere bei den Fachverfahren und dem datengestützten Arbeiten. Vor diesem Hintergrund wurde weiterer Handlungsbedarf bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen identifiziert. Die jeweiligen Ämter diskutieren fortlaufend den Stand und die Möglichkeiten der Verwaltungsdigitalisierung, sodass sie ein etabliertes Thema im Arbeitsalltag ist.
Als größtes Hemmnisse für die Digitalisierung erwiesen sich das Fehlen verlässlicher Normen und Standards, die personelle Ausstattung und das Fachwissen auf Verwaltungsebene. Auch Berührungsängste mit neuen Technologien stellten sich als Hürde dar. Zudem verhinderten bestehende Organisationsstrukturen, Hierarchien sowie IT-Sicherheits- und Datenschutzfragen schnelle Digitalisierungsprozesse. Die komplexe Landschaft mit vielen beteiligten Akteuren auf Landes- und Bundesebene führte zu zusätzlichen Verzögerungen und Unsicherheiten. Insgesamt boten die Ergebnisse dieser Evaluation eine wertvolle Grundlage für die weitere Planung und gezielte Optimierung der identifizierten Schwachstellen.
Auf Basis der bei der Evaluation gewonnenen Informationen hat die Stadtverwaltung Korschenbroich 2022 sechs Zielfelder und 34 Maßnahmen für eine durchgängige Digitalisierung entwickelt, die für alle Beteiligten ein gangbarer Weg zu einer vollumfänglichen Digitalisierung der Verwaltung war. In allen Feldern gibt es prioritäre Projekte, die miteinander verknüpft sind. Für die Umsetzung wurden außerdem die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen kalkuliert. Um die Maßnahmen wie geplant umsetzen zu können, hat Korschenbroich die Projektorganisation E-Government eingerichtet und realisiert derzeit die Projekte hin zu einer durchgängig digitalisierten Verwaltung. Eine vollständige Ende-zu-Ende-Digitalisierung ist noch nicht erreicht. Dazu bedarf es eines umfassenden Zusammenspiels verschiedener Maßnahmen.

Mitarbeiter werden eingebunden

Die Stadt Korschenbroich hat sich folgende Schritte zum Ziel gesetzt: Im Sinne des OZG wird angestrebt, alle Dienstleistungen vollständig digital abzuwickeln. Bestehende Fachverfahren sollen weiterentwickelt werden, um medienbruchfreie Prozesse zu gewährleisten. Dazu gehören die Anbindung an Portale, der Aufbau einer E-Akte im Fachverfahren und die Schaffung einer Schnittstelle zum DMS und zum Langzeitarchiv. Gleichzeitig werden die Prozesse optimiert, um eine effizientere Arbeitsweise zu ermöglichen. Alle Dokumente und Akten sollen ausschließlich digital und rechtssicher geführt werden, was die Effizienz und Sicherheit in der Verwaltung erhöht. Weitere Datenschutzmaßnahmen vor Ort sind vorgesehen, um die sensiblen Daten der Bürger angemessen zu schützen.
Die frühzeitige Information und Einbindung der Mitarbeitenden in den Digitalisierungsprozess ist maßgebend für dessen Erfolg. Um die Verwaltungsarbeit erfolgreich zu digitalisieren, ist es ebenfalls entscheidend, dass verschiedene Fachbereiche zusammenarbeiten. Die Nutzung von Kommunikations- und Kollaborationstools erleichtert dies. Darüber hinaus ist ein effektives Projekt-Management von entscheidender Bedeutung, um die Zusammenarbeit zu steuern. Die Umsetzung einer erfolgreichen Digitalisierungsstrategie erfordert jedoch nicht nur die Planung und Koordination innerhalb einer Kommune, sondern auch die Zusammenarbeit über kommunale Grenzen hinweg. Einer-für-Alle(EfA)-Lösungen ermöglichen Kosteneinsparungen, Ressourcenoptimierung sowie höhere Effizienz und Qualität durch die gemeinsame Nutzung digitaler Lösungen.
Die Stadt Korschenbroich ist auf einem guten Weg. Um die Digitalisierung in Deutschland stärker voranzutreiben, ist eine nutzerzentrierte Arbeitsweise der Länder unabdingbar. Die notwendigen Technologien sind bereits vorhanden, aber die Lösungen müssen besser orchestriert und auf die individuellen Bedürfnisse der Kommunen zugeschnitten werden.

Elisabeth Schulze-Hulitz ist Managerin bei der Unternehmensberatung Detecon und Top Lead für Digitalisierung und Modernisierung von Verwaltungen.




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