Sonntag, 6. Juli 2025

SindelfingenGeneration Y im Amt

[06.06.2016] Welche Vorstellungen haben junge Leute von ihrem künftigen Arbeitsplatz? Um das herauszufinden, hat die Stadt Sindelfingen Studenten der Hochschule Ludwigsburg gebeten, Visionen für den Arbeitsplatz der Zukunft zusammenzustellen.

Wir schreiben das Jahr 2025. Laura Kaufmann, Mitarbeiterin der Personalabteilung der Stadtverwaltung Sindelfingen, hat heute ihren Bürotag. Laura Kaufmann ist 35 Jahre alt, Mutter zweier kleiner Kinder und arbeitet in Vollzeit – drei Tage in der Woche davon im Homeoffice. Nachdem sie die Eingangshalle des Rathauses betreten hat, geht sie zum Mitarbeiter-Touch-Board. Dort identifiziert sie sich durch ihren Fingerabdruck. Das System kennt Laura Kaufmann gut und weiß, dass sie heute ihren Bürotag hat. Es schlägt ihr drei freie Arbeitsplätze im Haus vor, die zu ihrem Profil passen. Heute wählt Laura Kaufmann ein Büro im dritten Stock an der Südseite, denn sie hat es gerne sonnig. Ihre Arbeitsmaterialen hat sie wie immer dabei, saubere Kaffeetassen und Gläser gibt es auf den Stockwerken. Im Büro angekommen, identifiziert sie sich wieder mit ihrem Fingerabdruck am Schreibtisch, der aus einer Touch-Glasplatte besteht. Er funktioniert wie ein großes Smartphone. Sie wird sogleich von ihrer elektronischen Assistentin begrüßt. „Guten Morgen Laura, freut mich, dass du wieder im Hause bist. Du hast folgende Termine: um zehn Uhr ein Treffen mit Herrn Volker im Besprechungszimmer 408. Das Meeting geht bis um elf, danach …“ Laura Kaufmann unterbricht sie: „Danke, das reicht erst einmal“, und setzt sich an den Schreibtisch, der schon betriebsbereit ist.
Ausgedacht hat sich dieses Szenario eine Studentengruppe der Hochschule Ludwigsburg. Die Stadtverwaltung Sindelfingen plant, sich in den nächsten Jahren intensiv mit dem Arbeitsplatz der Zukunft zu befassen. Der demografische Wandel und die Entwicklung der Technik rücken das Thema immer mehr in den Fokus. Zum Auftakt wurde ein Kooperationsprojekt mit der Hochschule Ludwigsburg geschlossen und die Studenten gebeten, Visionen für den Arbeitsplatz der Zukunft zu erarbeiten. Dafür wurden sie in sechs Gruppen aufgeteilt, die jeweils die Stellenbeschreibung eines speziellen Aufgabengebiets erhielten. Das waren die Bereiche Organisation, Personal, Bürgerservice, Finanzen, Gebäude-Management und Schulen. Anhand der Stellenbeschreibungen sollten sich die Studenten mithilfe des Think-Big-Ansatzes überlegen, wie das gesamte Rathaus in zehn Jahren gestaltet sein soll, um dann abzuleiten, wie die Bereiche später zusammen agieren und der einzelne Arbeitsplatz aussieht. Unterstützt wurden die Studenten durch themenspezifische Vorlesungen. Martin Brandt, Leiter Organisation Ostalbkreis, und Josefine Hofmann vom Fraunhofer-Institut Stuttgart, zeigten auf, wie Räume und Prozesse in Zukunft aussehen können. Die Hochschule Ludwigsburg gab den Rahmen vor, telefonische Interviews mit den Mitarbeitern der Bereiche und Besuche vor Ort in Sindelfingen rundeten die Recherche ab.

Die Anforderungen einer jungen Generation

Im Rahmen einer Vortragsreihe wurden die Ergebnisse in Sindelfingen vorgestellt und intensiv diskutiert. Dabei hatten alle Präsentationen gemeinsam:

• Plätze, die als Rückzugsort dienen, vom Raum der Stille über die grüne Oase bis hin zur Hängematte,
• die Möglichkeit, von zuhause oder von einem Third Place beispielsweise einem Café, dem Zug oder der Lounge aus zu arbeiten,
• flexible Arbeitsplätze im Rathaus,
• flexibel gestaltete Arbeitszeiten, die familien- und freizeitfreundlich sind,
• Touchboards in den Büros, an denen gemeinsam gearbeitet und visualisiert wird,
• Multimedia-Schreibtische, um gemeinsam mit den Bürgern ihr Anliegen zu bearbeiten,
• Videokonferenzen und Skype for Business als Alltagsinstrumente,
• ein sehr gut ausgestatteter IT-Bereich, der für den Datenschutz garantiert und Service rund um die Uhr anbietet.

In Anbetracht dieser Anforderungen steht die Verwaltung vor einer großen Herausforderung. Glaubt man den Prognosen von Trendforschern, zeichnet sich der Nachwuchs, die so genannte Generation Y (1980 bis 1999 Geborene), außerdem durch folgende Attribute aus: Sie legt viel Wert auf Familie und Freizeit, möchte das Leben genießen und Spaß bei der Arbeit haben. Sie möchte ihre Bedürfnisse sofort befriedigen und nicht vertröstet werden. Auch will sie Zeit für die Familie haben und sie möchte mitbestimmen und stellt Forderungen. Zudem ist sie ständig vernetzt, weltweit online und will unabhängig von Ort und Zeit leben und arbeiten. Entspricht der potenzielle Arbeitgeber diesen Anforderungen nicht, stehen dem gut ausgebildeten Ypsiloner jede Menge beruflicher Alternativen offen. Zu beachten ist aber auch, dass in Zukunft viele ältere Mitarbeiter in der Verwaltung arbeiten werden. Diese Mitarbeiter müssen in einem Change-Prozess mitgenommen werden. Der aktuelle Altersdurchschnitt in der Stadtverwaltung Sindelfingen beträgt Mitte 40, das heißt, viele Mitarbeiter müssen für die Zukunft fit gemacht werden.
Nach diesem Auftakt für Sindelfingen lässt sich ein erstes Fazit ziehen: Um qualifizierte und motivierte Mitarbeiter für die Verwaltung zu begeistern, muss das Angebot flexibler Arbeitsmodelle erweitert werden. Auch in Bezug auf die Räumlichkeiten sollten die bisherigen Arbeitsräume durch mehr offene Büro- und Arbeitsmöglichkeiten ersetzt und um Rückzugsorte vergrößert werden. Eine weitere Aufgabe besteht darin, die vorhandenen Mitarbeiter für die IT-Welt und neue Arbeitsmethoden zu qualifizieren, damit sie in die Zukunft mitgenommen werden können. Zudem benötigen die IT-Bereiche mehr Aufmerksamkeit, mehr Personal und finanzielle Mittel.

Dr. Birgit Schenk ist Professorin an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Margit Gäng ist Leiterin Organisation und Zentrale Dienste bei der Stadt Sindelfingen. Christof Hölzl arbeitet bei der Stadt im Bereich Organisation.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Logo Digitaltag 2025 Digitale Demokratie

Studie: Viele fühlen sich digital abgehängt

[03.07.2025] Eine repräsentative Studie anlässlich des Digitaltags zeigt, dass in Deutschland zwar eine große Offenheit gegenüber digitalen Angeboten besteht, viele Menschen sich aber digital abgehängt fühlen und ihre eigenen Digitalkompetenzen eher schlecht bewerten. mehr...

Close up photo of a stack of moving boxes

In eigener Sache: K21 media zieht um

[01.07.2025] Seit 2001 versorgen die Publikationen von K21 media Kommunen, Entscheider auf Landes- und Bundesebene sowie Stadtwerke mit aktuellen und umfassenden Informationen zu relevanten Themen. Nun schlägt der Verlag sein Hauptquartier in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. mehr...

Cover der Studie „Top 100 Wirtschaft 2.0“

Studie: Digitale Verwaltungservices für Unternehmen

[01.07.2025] Digitale Verwaltungsangebote für Unternehmen haben ein großes Potenzial, das noch bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Unternehmens init. mehr...

Cover Deutschland-Index der Digitalisierung 2025

Studie: Digitalisierungsindex 2025 veröffentlicht

[26.06.2025] Im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung (23. bis 25. Juni, Berlin) hat das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS den Deutschland-Index der Digitalisierung 2025 vorgestellt. Demnach schreitet die Digitalisierung zwar in vielen Bereichen voran, jedoch bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern weiterhin erhebliche Unterschiede. mehr...

Ein Mann (Torso) sitzt an seinem Schreibtisch mit Stift und Papier, vor sich hat er Stapel von Euromünzen sowie ein Glas, in das er etwas Kleingeld wirft.

Umfrage: IT-Budgets zu eng bemessen

[24.06.2025] Ihr Jahresbudget halten weniger als 18 Prozent der IT-Fachkräfte im öffentlichen Sektor für ausreichend. Das zeigt eine weltweite Umfrage von SolarWinds unter rund 100 Fachleuten. Viele sehen Projekte gefährdet und Budgetkürzungen als wachsendes Sicherheitsrisiko. mehr...

Julia Kuklik, Leiterin des Stadtarchivs Gütersloh, und Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur, vor einem der QR-Codes auf dem Berliner Platz (Foto: Stadtarchiv).

Gütersloh: Per QR-Code in die Vergangenheit

[16.06.2025] Im Rahmen des Projekts „Tritt in die Vergangenheit“ macht die Stadt Gütersloh Geschichte digital erlebbar. Dazu wurden QR-Codes über das gesamte Stadtgebiet verteilt. mehr...

Blick auf die PegelApp auf einem Smartphone. Man sieht zahlreiche blau markierte Messpunkte, aber wenig Details.

Kreis Soest: Moderner Hochwasserschutz

[13.06.2025] Der Kreis Soest hat seine PegelApp erweitert. Nicht nur wird jetzt das gesamte Kreisgebiet mit rund 30 Pegelmesspunkten abgedeckt, auch neue Funktionen sind hinzugekommen. So sind jetzt Warnschwellen individuell festlegbar, zudem gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen. mehr...

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerformularen und füllt diese manuell aus.

Nordrhein-Westfalen: Gewerbesteuerbescheid erfolgreich pilotiert

[13.06.2025] Der digitale Gewerbesteuerbescheid kann Prozesse in Unternehmen, bei Steuerberatern, Kommunen und der Steuerverwaltung vereinfachen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen nach einer erfolgreichen Pilotphase aufgefordert, die Einführung des Verfahrens – mit Unterstützung des Landes – voranzutreiben. mehr...

Grün eingefärbte Nahaufnahme einer Computer-Platine.

Dataport/SHLB: Nachhaltige Planung von Digitalprojekten

[10.06.2025] Kohlendioxid ist ein Hauptfaktor für den Treibhauseffekt – und fällt auch bei Nutzung digitaler Anwendungen an. Um die CO₂-Emissionen digitaler Projekte schon im Voraus kalkulieren und optimieren zu können, haben Dataport und die SHLB einen browserbasierten CO₂-Rechner entwickelt. mehr...

Computerteil-Reparatur: Ein paar Hne arbeitet mit einem Lötkolben an einer demontierten Hauptplatine.

Berlin: KI hilft bei Abwicklung des ReparaturBONUS

[23.05.2025] Die Zukunft der Fördermittelverwaltung liegt in der Digitalisierung. Das hat das Unternehmen MACH mit der Entwicklung einer digitalen Antragsplattform für die Berliner Verwaltung unter Beweis gestellt. Die Lösung sorgt für eine effizientere Abwicklung des ReparaturBONUS und spürbare Entlastung der Mitarbeitenden. mehr...

Designstudie der LISA-Kabine mit einem großen Screen, davor ein Tisch und zwei Stühle.

Brandenburg: Bürgerservice per Videokabine

[19.05.2025] Der Landkreis Uckermark wurde im Rahmen der Bundesinitiative DigitalPakt Alter für seinen digitalen Bürgerservice für Seniorinnen und Senioren ausgezeichnet. Im Rahmen des Projekts LISA wurden an bisher sechs Standorten Videokabinen eingerichtet, die wohnortnah Kontakt zur Kreisverwaltung ermöglichen. mehr...

Dresden: Bezahlkarte für Asylsuchende gestartet

[09.05.2025] Seit dieser Woche bekommen neu zugewiesene Geflüchtete in Dresden erstmals die neue Bezahlkarte. Damit ist die Einführung in Sachsen einen Schritt weiter. Ziel ist es, Bargeldauszahlungen zu reduzieren und Behörden zu entlasten. mehr...

In Nordrhein-Westfalen soll der digitale Gang aufs Rathaus künftig zur Regel werden.

Baden-Württemberg: Leitfaden für bessere Bürgerkommunikation

[07.05.2025] Ein Projekt der Dualen Hochschule Stuttgart soll Verwaltungen in ländlichen Regionen helfen, besser mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Der nun veröffentlichte Leitfaden enthält konkrete Empfehlungen und zeigt, welche Kanäle Bürgerinnen und Bürger nutzen wollen. mehr...

Ein junger Mann erklärt einem älteren Mann etwas auf einem Desktopbildschirm.

Nürnberg: Konzept Bürger-PC gestartet

[25.04.2025] Um noch mehr Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen, erprobt Nürnberg jetzt den so genannten Bürger-PC. Die Selbstbedienungsrechner sind mit Druckern und Scannern ausgestattet und für Mehrgenerationenhäuser oder Stadtteiltreffs vorgesehen. Ehrenamtliche unterstützen die Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung. mehr...

Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...