HomeschoolingKräfte allmählich erschöpft

Vielen Schülern fällt das eigenständige Lernen daheim nicht leicht.
(Bildquelle: Maria Symchych-Navrotska/123rf.com)
Homeschooling verlangt nicht nur Schülern und Eltern, sondern auch den Lehrkräften viel ab. Distanzunterricht und das Wechselmodell, bei dem ein Teil der Klasse vor Ort und der andere Teil online teilnimmt, sodass Abstände und Hygienemaßnahmen eingehalten werden können, stützen sich auf digitale Mittel und Kompetenzen. An diesen scheint es jedoch zu hapern. So gaben laut dem eGovernment Monitor 2020 etwa ein Drittel der befragten Eltern an, unzufrieden mit dem digitalen Schulunterricht oder dem digitalen Austausch mit den Lehrern zu sein. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom (wir berichteten), die im August 2020 erschienen ist, gaben Eltern den Schulen die Note „mangelhaft“ für ihre Fähigkeit, bei erneuten Schulschließungen den Unterricht aufrechterhalten zu können.
Als gerade noch „ausreichend“ hatten die Befragten dabei den Stand der digitalen Bildung in Deutschland bewertet, etwa wenn es um Geräteausstattung, Internet-Anbindung und digitale Unterrichtsinhalte geht. Neun von zehn Bürgern (89 Prozent; Eltern: 88 Prozent) waren der Ansicht, dass die Pandemie die Defizite bei der Digitalisierung der Schulen schonungslos offengelegt hat. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch der D21-Digital-Index 2020/2021 (wir berichteten). Wie sieht es in der Zwischenzeit aus?
Auf Erfahrungen zurückgreifen
„Während der erste Lockdown für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler sehr überraschend und unvermittelt kam, konnte im Rahmen der jetzigen Schulschließungen auf die Erfahrungen des Lockdowns und des Distanzunterrichts im Frühjahr 2020 zurückgegriffen werden“, sagt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. „Lernformen, Unterrichtskonzepte und Strategien, die sich bereits bewährt hatten, wurden weiterentwickelt. Gleichzeitig sind aber auf Lehrkräfte- wie Schülerseite nach einem Jahr Pandemielage die Kräfte allmählich erschöpft.“ Hinzu kommt laut Meidinger, dass sich an vielen Schulen die IT-Infrastruktur und für viele Schülerinnen und Schüler die technische Ausstattung noch nicht ausreichend verbessert hat. Die Mittel des DigitalPakts seien immer noch erst zu einem Bruchteil an den Schulen angekommen.
Dabei wurden den Ländern nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für landesweite und länderübergreifende Projekte zur Nutzung digitaler Bildungsangebote und den Ausbau von Infrastrukturen zum Ausgleich von Schulschließungen Mittel im Umfang von 100 Millionen Euro aus dem DigitalPakt Schule zugewiesen. Die Mittel sollen durch die Länder unmittelbar nutzbar sein. Der Koalitionsausschuss habe zudem beschlossen, 500 Millionen Euro für Schüler bereitzustellen, die zu Hause auf kein mobiles Endgerät zugreifen können, sowie Schulen bei Online-Lehrinhalten zu unterstützen.
Bundesweit Chancen verpasst
Anja Kröll (Name von der Redaktion geändert), Referendarin für Englisch und Geschichte an einem bayerischen Gymnasium, berichtet ihrerseits von guten Erfahrungen: „Die Schüler können sich entweder Hardware wie beispielsweise Headset, Webcam oder andere Devices für zu Hause ausleihen oder sich sogar einen Arbeitsplatz in der Schule einrichten lassen.“ Die Lernplattform ihrer Schule funktioniere mittlerweile auch lückenlos, das sei jedoch nicht immer der Fall gewesen. „Vor allem am Anfang hat man gemerkt, dass das Portal nicht dafür konzipiert war, dass alle Schulen eines Bundeslands jeden Tag darauf zugreifen“, erzählt die Lehrkraft. „Oftmals war die Plattform gerade die ersten beiden Schulstunden am Morgen so überlastet, dass wir nicht darauf zugreifen konnten. Als ab Herbst 2020 wieder von Präsenz- auf Wechselunterricht umgestellt wurde, gab es ähnliche Schwierigkeiten.“
Laut Meidinger wurden bundesweit Chancen verpasst, sich auf den neuerlichen Wechsel ins Homeschooling vorzubereiten: „Leider hat es die Politik im Sommer nach dem ersten Lockdown nicht für nötig erachtet, umfassend und schnell in den Bildungsbereich zu investieren. Auf der einen Seite haben fehlende Investitionen in den technischen Ausbau und Ausstattung sowie gezielte digitale Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte es erschwert, mehr Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht gut zu erreichen.“
Problem Selbstorganisation
Auf der anderen Seite hätten nach Angaben des Lehrerverbands grundlegende Investitionen in den Gesundheitsschutz an Schulen, beispielsweise Luftfilteranlagen, dafür sorgen können, dass Klassenzimmer auch bei steigenden Infektionszahlen sicherer wären, als sie heute sind. Dadurch hätte man Schülern, die aufgrund persönlicher Umstände oder wegen fehlender technischer Ausstattung im Distanzlernen nur schwierig zu erreichen seien, eher und umfassender wieder Präsenzunterricht anbieten können. Und das wäre Vielen zugute gekommen.
Denn ein großes Problem ist die Selbstorganisation. Das zeigen auch die Ergebnisse des D21-Digital-Index 2020/2021. 37 Prozent der Befragten gaben an, dass die eigenständige Erarbeitung des Lernstoffs eine Schwierigkeit darstellt. Schüler nannten diese Hürde zwar seltener, empfanden sie jedoch im Unterschied zu Eltern oder Lehrkräften als größte Belastung. Auch Kröll sieht die Nachteile des Distanzunterrichts. „Sicher profitieren manche davon, sich allein zu beschäftigen und sind daheim vielleicht weniger abgelenkt, aber es gibt mindestens genau so viele – wenn nicht mehr – für die Videokonferenzen Stress bedeuten und die selbst keine Motivation aufbringen können. Pro Sitzung gibt es meist vier bis fünf Schüler, bei denen man nicht weiß, was sie machen.“
Schüler auffangen und fördern
„Es gibt Schülerinnen und Schüler, für die Präsenzunterricht die beste Option ist, weil sie eine direkte persönliche Betreuung und permanente Ermutigung von außen brauchen, um sich mit Lernstoffen auseinanderzusetzen“, führt Meidinger aus. „Diese Kinder und Jugendlichen haben nach den langen Phasen des Distanzlernens in diesem und im vergangenen Schuljahr viele Lernlücken. Darüber darf man nicht einfach hinweggehen und sie ohne weitere Förderung ihre Schulbiografie fortsetzen lassen, weil ihnen dann bei den Abschlussprüfungen oder spätestens in Ausbildung oder Studium die fehlenden Kompetenzen zu schaffen machen.“ Detaillierte Vorschläge dazu, wie diese Schüler aufgefangen und gefördert werden könnten, sind unter www.lehrerverband.de abrufbar. „Ohne ausreichend finanzielle Mittel von Bund und Ländern und zusätzliches Personal an den Schulen wird das nicht möglich sein“, stellt Meidinger klar.
Offen für mehr Digitalisierung
Die Ergebnisse des D21-Digital-Index zeigen auch, dass eine große Offenheit für mehr Digitalisierung besteht. Sowohl Schüler als auch Lehrkräfte wünschen sich demnach mehr Bewegung und Flexibilität im Bildungswesen. Drei Viertel wünschen sich, häufiger neue Lernformen oder digitale Arbeitsweisen auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu verwerfen, wenn sie nicht funktionieren. Die Mehrheit der Befragten (78 Prozent) befürwortete, dass Lehrkräfte künftig verpflichtende Fortbildungen dazu erhalten, wie sie digitale Formate nutzen können. Dem stimmten auch die Lehrenden in hohem Maße zu. Referendarin Kröll plädiert vor allem für Verständnis. „In einer Ausnahmesituation wie wir sie gerade erleben, kann vieles nicht gleich reibungslos funktionieren. Was wir weiterhin brauchen, ist Rücksicht darauf, dass manche Dinge einfach länger dauern, auch wenn alle Beteiligten ihr Bestes geben.“
Zum Konzept des Deutschen Lehrerverbands für ein umfassendes Lernförder- und Bildungsaktivierungsprogramm
Dieser Beitrag ist im Spezial der Ausgabe Mai 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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