Donnerstag, 17. Juli 2025

BocholtAgiler Ansatz

[01.07.2020] Für die digitale Transformation hat sich die Stadtverwaltung Bocholt organisatorisch neu aufgestellt. Mithilfe agiler interdisziplinärer Teams werden elektronische Akten eingeführt und die Verwaltungsabläufe automatisiert. Ein Projektbericht.
Projektleiter Jens Visser im Homeoffice.

Projektleiter Jens Visser im Homeoffice.

(Bildquelle: Stadt Bocholt/Ilona Tersteegen)

Um die Verwaltungsprozesse zu digitalisieren, hat sich Stadtverwaltung Bocholt im Dezember 2018 neu aufgestellt. Es wurden Projektstrukturen geschaffen, die darauf abzielen, ein Dokumenten-Management-System einzuführen und Verwaltungsabläufe zu automatisieren. Neben der Projektorganisation wurden auch Rahmenbedingungen etwa für die Projektinitiierung, -abläufe und -finanzierung entwickelt, sodass die flächendeckende Einführung einer elektronischen Akte zum Erfolg wird. Das Projekt soll von der Verwaltungsführung bis hin zur Sachbearbeitung ganzheitlich gedacht und gelebt werden. Organisatorisch zugeordnet ist es dem Fachbereich Zentrale Verwaltung, bestehend aus den Geschäftsbereichen Organisation, Personal und IT.

Fundamentale Veränderung

Die Einführung der elektronischen Aktenführung stellt eine fundamentale Veränderung der Arbeitsabläufe und der Verwaltungskultur dar. Die Papierakte, die zum Symbol der Verwaltung wurde, wird Platz machen für moderne Software-Lösungen. Die Beschäftigten müssen bei diesen Veränderungen aktiv begleitet und unterstützt werden. Aus Gründen der Transparenz, dem Ziel einer verwaltungsweiten Akzeptanz und zur Berücksichtigung sämtlicher Erfordernisse aus den verschiedenen Fachbereichen wurde in Bocholt eine Lenkungsgruppe gegründet. Mitglieder sind neben dem Bürgermeister und dem Projektleiter die verantwortliche Fachbereichsleitung, die Geschäftsbereichsleitungen Organisation und IT sowie Führungskräfte aus den weiteren Vorstandsbereichen, welche die speziellen Anforderungen im Blick haben. Neben dieser Kern-Lenkungsgruppe sind Vertreter des Personalrates, Schwerbehindertenvertretung, Rechnungsprüfung, Datenschutz und Archiv angegliedert.
Alle Teilprojekte werden interdisziplinär von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsbereiche Organisation und IT durchgeführt. Diese Teams erarbeiten mit den aktenführenden Bereichen den digitalen, zukunftsfähigen Aktenaufbau unter Berücksichtigung prozessualer Anpassungen. Arbeitsgrundlage der Teams ist die im webbasierten Projekt-Management-Tool factro hinterlegte Projektorganisation. Hier werden sämtliche Projektschritte dokumentiert, um eine größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.

Breite Vertrauensbasis

Die Projektdurchführung erfolgt in einem agilen Ansatz. Die im Projektverlauf gewonnenen Erkenntnisse beeinflussen die weitere Vorgehensweise. Dies ist ausdrücklich so gewünscht und für den Erfolg des Gesamtprojekts von großer Bedeutung. Die Digitalisierungsteams ermitteln die jeweilige digitale Aktenstruktur und erarbeiten in einem stetigen Evaluations- und Optimierungsprozess nach der Scrum-Methode mit der Facheinheit die elektronische Akte bis zum Go Live. So beeinflussen neue und weiterführende Erkenntnisse die digitale Aktenstruktur sowie die zukünftige Prozessgestaltung.
Sehr wichtig ist eine breite Vertrauensbasis der Akteurinnen und Akteure untereinander. So sind insbesondere in den interdisziplinären und hierarchiefreien Digitalisierungsteams selbstbewusste, durchsetzungsstarke und teamfähige Charaktere mit dem jeweils benötigten Spezialwissen und hoher kommunikativer Kompetenz gefragt. Insofern ist die richtige Zusammensetzung eine weitere wichtige Voraussetzung für den Erfolg von agilen Projekten unter Einsatz von Scrum-Aspekten. Mitläufer und Ja-Sager sind hier ebenso fehl am Platz wie ausschließliche Generalisten, die in Detailfragen schnell an ihre fachlichen Grenzen stoßen.
Insgesamt wird ein partizipativer Ansatz verfolgt. Die verschiedenen Akteure sollen zu Beteiligten werden. Ein besonderer Fokus wird auf das Thema Schulungen gelegt. Sie werden in Eigenregie durchgeführt (Erarbeitung eines Schulungskonzeptes, Lernbegleitung), sind nutzerorientiert und garantieren damit größtmögliche Akzeptanz. Dazu setzt die Stadtverwaltung Bocholt erstmalig auch Online-Tutorials ein.

Engagierte Mitarbeiter

Um die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes (OZG) erreichen zu können, werden die Anstrengungen der einzelnen Kommunen gebündelt. Bocholt arbeitet in den verschiedenen Teilprojekten mit der Stadt Borken, der Stadt Rhede und dem Kreis Borken zusammen. Auf Kreisebene findet zudem ein regelmäßiger Austausch der Digitalisierungsbeauftragten statt.
Bereits im ersten Jahr des Projektes konnten einige Meilensteine erreicht werden. So wurde wurde beispielsweise die digitale Personalakte eingeführt. Dazu wurden der digitale Posteingang im Personalbereich realisiert und alle Bestandsdokumente digitalisiert. Neue Dokumente werden sofort im System abgelegt. Zeitnah werden im Personalbereich weitere Teilprojekte, etwa digitale Verdienstabrechnung oder die Workflow-Integration, umgesetzt. Bereits seit November 2019 werden die Akten im Gewerbebereich vollständig elektronisch geführt. Die rund 6.000 Papierakten wurden von einem Dienstleister digitalisiert. Parallel werden derzeit weitere Teilprojekte realisiert.
Das Projekt ist entgegen mancher Empfehlungen nicht an besonders exponierter Stelle im Organigramm der Stadtverwaltung implementiert worden, sondern innerhalb des Geschäftsbereiches Organisation. Oftmals werden Projekte dieser Art als Stabsstelle angeordnet und sollen so zum Erfolg führen. Die Politik hat in nicht in unerheblichem Umfang zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen für den Bereich zur Verfügung gestellt. Der Erfolg des Projektes ist insbesondere den hoch engagierten Mitarbeitenden zu verdanken, und es zeigt sich, dass die Zuordnung im Behördenaufbau nicht entscheidend ist.

Jens Visser ist Projektleiter DMS / Digitale Transformation bei der Stadtverwaltung Bocholt.




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