Sonntag, 27. Juli 2025

Form-SolutionsDen Spirit stärken

[29.03.2023] Als Spezialist für das Antragsmanagement ist Form-Solutions ein E-Government-Pionier. Kommune21 sprach mit den beiden Geschäftsführern Olaf Rohstock und Frank-Olaf Wilhelm über Lehren aus der Vergangenheit und die Übernahme durch die MACH-Gruppe.
Olaf Rohstock (l.) und Frank-Olaf Wilhelm

Olaf Rohstock (l.) und Frank-Olaf Wilhelm

(Bildquelle: Form Solutions GmbH)

Herr Rohstock, Herr Wilhelm, die Digitalisierung der Verwaltung gleicht immer mehr einer unendlichen Geschichte. Sie begleiten das Thema seit über 20 Jahren. Wie hat sich E-Government aus Ihrer Sicht entwickelt?

Frank-Olaf Wilhelm: Die Entwicklung ist aus meiner Sicht dadurch gekennzeichnet, dass man versucht hat, ein einheitliches System über alle zu stülpen, obwohl man wusste, dass die föderalen Strukturen und die bestehenden fachlich fundierten Verfahren bereits andere Wege erfolgreich beschreiten. Damit wurde viel Geld und Energie in die Neuerfindung des Rades gesteckt, anstatt von der Basis her die Schwächen des Bestehenden anzugehen und die Stärken im Sinne von Synergien zu nutzen. In den vergangenen Jahren wurde dann versucht, schnell zu retten, was zu retten war, ohne auf die Rufe und deutlichen Hinweise der Basis, der Kommunen, der Fachverfahrenshersteller zu hören oder sie gar nutzbringend einzubinden.

Welche Lehren kann man aus der Vergangenheit ziehen?

Olaf Rohstock: Die Aufträge für Digitalisierungsprojekte dürfen nicht an immer größere Anbieter vergeben werden. Die untere Verwaltungsebene und ihre Fachverfahrensanbieter und Dienstleister müssen mindestens ebenso intensiv berücksichtigt werden.
Wilhelm: In einer föderalen Struktur kann man nicht mit einer Einer-für-Alle(EfA)-Lösung aus einem Bundesland alle anderen Kommunen versorgen. Das funktioniert schon innerhalb eines Bundeslands nicht. Manchmal hat man den Eindruck, dass die Lösung nur in der Revolution und nicht in der Evolution gesehen wird.

Was raten Sie?

Rohstock: Den Verwaltungsspitzen in Bund und Ländern kann man nur raten: Suchen Sie Ihr Heil nicht nur bei den Global Playern. Denn gerade die kleineren IT-Dienstleister verfügen über eine sehr gute Fachkompetenz für die ebenso wichtigen kleinteiligen Prozesse auf der untersten Verwaltungsebene dieser Republik.

Wilhelm: Seit vielen Jahren gibt es bereits zahlreiche erfolgreiche IT-Projekte zur Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, welche die kommunalen Rahmenbedingungen bereits berücksichtigen. Für den Datenaustausch zwischen Behörden existieren längst Standards, die auch in den lokalen Fachverfahren implementiert sind und erfolgreich genutzt werden. Es gilt, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Umsetzung denen zu überlassen, die vor Ort tagtäglich damit umgehen müssen und können. Und: Bundesweite Festlegungen sollten sich auf die Definition von Standards für die Verfahrenskommunikation unter Nutzung der bereits vorhandenen und den Ausbau in den noch fehlenden Bereichen im XÖV beschränken.

„Der Begriff EfA-Dienst beschreibt neuerdings, was wir seit mehr als zwei Jahrzehnten tun.“
Form-Solutions ist ein Spezialist für das Antragsmanagement. Wie beschreiben Sie die technologische Entwicklung in diesem Bereich?

Rohstock: Die Entwicklung ist manchmal rasant. Betrachtet man aber die Geschwindigkeit, mit der die Möglichkeiten in der Fläche genutzt werden, ist es eher ein Schneckentempo. XML-Datenströme haben wir bereits im Jahr 2000 in die Verwaltungen gebracht. Spannend ist bis heute, dass die Vielfalt der kommunalen Selbstverwaltung auch bei vermeintlich bundesweit einheitlichen Verfahren berücksichtigt werden muss. Dies zu unterstützen war immer unser Antrieb. Aus technisch und rechtlich gepflegten Formularvorlagen sind inzwischen Vorlagen für Online-Dienste geworden. Der Begriff EfA-Dienst beschreibt neuerdings, was wir seit mehr als zwei Jahrzehnten tun: konfigurierbare und anpassbare Dienste passgenau so bereitzustellen, dass Standards bundesweit genutzt werden können, ohne die sinnstiftende regionale Identität der Bürgerinnen und Bürger aufgeben zu müssen.

Wo und wie wird Ihr System eingesetzt?

Rohstock: Insgesamt verfügt unser System über mehr als 5.000 Vorlagen für Online-Dienste und wird bundesweit von mehr als 2.000 Kommunen genutzt. Damit stellen wir täglich unter Beweis, dass zur Sicherung einer Küste nicht ein Leuchtturm ausreicht, sondern die Vielzahl von Türmen, Leuchtfeuern, Bojen und das Zusammenspiel von Kapitänen, Küstenwache, Lotsen und Seekarten den gemeinsamen Erfolg ausmachen. Ist das System aufeinander abgestimmt, können unsere Kunden in kürzester Zeit viel erreichen. Dabei helfen unsere gepflegten Fachverfahrensschnittstellen zu allen Diensten der allgemeinen Verkehrsangelegenheiten, unsere Schnittstellen im Sozialbereich und nicht zuletzt im Baubereich. Heute sind wir stolz darauf, über 40 Prozent der deutschen Bevölkerung mit unseren Dienstleistungen zu erreichen.

Wie sieht das Portfolio von Form-Solutions aktuell aus?

Wilhelm: Kern ist nach wie vor das Produkt Antragsmanagement 4.0, ergänzt um unsere Infrastrukturschnittstellen. Das sind Schnittstellen zu den Basisdiensten der Länder und des Bundes, die grundsätzlich innerhalb jedes Mandanten für alle Online-Dienste funktionieren. Dazu gehören auch die von den Verwaltungen mit dem Assistentenbaukasten selbst erstellten Online-Dienste.

Rohstock: Abgerundet wird unser Angebot durch diverse Fachverfahrensschnittstellen, deren Funktionsfähigkeit wir in der Regel gemeinsam mit den Fachverfahrensherstellern sicherstellen. Im Zusammenspiel der Systeme Serviceportal, Antragsmanagement und Fachverfahren bilden wir seit Jahren genau das ab, was der Bund und seine cleveren Berater Reifegrad 4 nennen. Für die Struktur­ebene der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine liefern wir das Ordnungsinstrument. Ergänzt durch unseren Assistentenbaukasten ist das für viele unserer Kunden ein echtes Low Code Tool für intelligente Online-Services.

Form-Solutions wurde im vergangenen Jahr vom Lübecker Software-Haus MACH übernommen (wir berichteten), hinter dem der europäische Software-Investor Main Capital Partners steht. Was ändert sich für das Unternehmen und die Kunden?

Rohstock: Die Übernahme der Eigentumsverhältnisse war zunächst ein bewusster und freiwilliger Schritt des bisherigen Alleineigentümers. Der Investor Main Capital Partners ist dafür bekannt, aus mehreren mittleren und kleineren Unternehmen so genannte Gruppen zu bilden, die jeweils in etwa im gleichen Marktsegment tätig sind. So entstehen Synergien zwischen den Produkten und Dienstleistungen der einzelnen Gruppenmitglieder. Form-Solutions ist ein Unternehmen, dessen Erfolg nicht nur auf der Produktidee beruht, sondern auch auf dem Spirit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diesen wollen wir weiter stärken und profilieren.

Interview: Alexander Schaeff


Stichwörter: Unternehmen,


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