Montag, 13. Oktober 2025

LiechtensteinMit Pragmatismus und Agilität

[14.10.2024] Liechtenstein hat auf dem Weg zum Smart Country bereits eine beeindruckende Entwicklung zurückgelegt. Das ist nicht zuletzt vielen mutigen Entscheidungen und einer gehörigen Portion Pragmatismus geschuldet.

Liechtenstein kann als Smart Country überzeugen.

(Bildquelle: Александр Бердюгин/stock.adobe.com)

Als Fürstentum in den Alpen mit 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist Liechtenstein auf den ersten Blick vielleicht nicht das Land, das man sofort mit modernster Technologie und digitalen Innovationen in Verbindung bringt. Genau das macht seine Entwicklung aber umso bemerkenswerter. In den vergangenen Jahren hat Liechtenstein den digitalen Turbo gezündet, der das Land zum Smart Country transformierte. Auf diesem Weg hat das Fürstentum nicht nur beeindruckende Meilensteine erreicht, sondern auch bewiesen, dass Größe im digitalen Zeitalter nicht entscheidend ist. Stattdessen sind es der Mut zur Innovation und die Bereitschaft zur Veränderung, die ein Land zu einem Vorreiter machen können. Als das Liechtensteinische Parlament – der Landtag – und die Regierung im Jahr 2011 das E-Government-Gesetz an den Start brachten, hatten sie eine klare Vorstellung davon, wie eine leistungsfähige und kundenfreundliche Verwaltung im digitalen Zeitalter aussehen sollte. Niemand konnte sich damals jedoch im Detail vorstellen, wie schnell die digitale Transformation vor sich gehen und was es alles zu tun geben würde. Das E-Government-Gesetz schafft in Liechtenstein die gesetzliche Grundlage für die elektronische Verwaltung und auch für den Weg der Digitalisierung. Ab dem Jahr 2016 bis ins vergangene Jahr hinein baute Liechtenstein ein flächendeckendes Glasfasernetz auf, 2018 kam die digitale Agenda und aus der Wirtschaft heraus wurde die Initiative „digital liechtenstein“ gegründet. Seit 2020 folgt die Verwaltung mit der Digitalisierungs-Roadmap einem sehr konkreten Plan, bei dem der Staat kurzfristig mehr Mittel in die Digitalisierung steckt als beispielsweise in die Verkehrsinfrastruktur.

Flächendeckender Glasfaserausbau

Das klingt zunächst alles sehr logisch und einfach. Es brauchte aber viele mutige und wegweisende Entscheidungen, um heute auf das Erreichte zurückschauen zu können. Gleichzeitig gilt es, den Blick weiter nach vorne zu richten, denn auch wenn die Grundlagen heute sehr gut sind, gibt es noch viel zu erkunden, umzusetzen und smarter zu machen. Richard Quaderer, Geschäftsführer von RhySearch, einem Forschungs- und Innovationszen­trum im Rheintal, sagte einmal: „In der Digitalisierung liegt ein gewaltiges Sprengpotenzial. Und wer sie verschläft, kann im Anschluss nur noch die Trümmer aufräumen.“ Wir wollten in Liechtenstein nichts verschlafen – und schon gar nicht Trümmer aufräumen. Von nichts kommt aber bekanntlich nichts. Somit war von Anfang an klar, dass es Aufgabe der Regierung sein würde, für die notwendigen Rahmenbedingungen zu sorgen. Sie hat massiv in die Digitalisierung investiert. Allein in den Jahren 2021 bis 2023 betrug das Investitionsvolumen mehr als 28 Millionen Franken, das entspricht rund drei Prozent des jährlichen Staatsbudgets. Zu den größten Investitionen der vergangenen Jahre zählte sicher der flächendeckende Glasfaserausbau. Innerhalb von nur fünf Jahren konnte der nationale Stromversorger den Ausbauplan umsetzen. Bereits Ende 2022 waren in Liechtenstein 99 Prozent der Firmen und Haushalte mit Glasfaser versorgt. Das klingt bei 5.400 Unternehmen und knapp 18.000 Haushalten vielleicht einfach, ist aber aufgrund der ländlichen Struktur und hohen Zersiedelung im Berggebiet nicht selbstverständlich. Hinzu kommt, dass die Take Rate, also die Anzahl der Unternehmen und Haushalte, die auch tatsächlich auf die neue Technologie umsteigen, Ende 2023 bei mehr als 75 Prozent lag. 

eID und elektronisches Gesundheitsdossier

Die hohe Rate hängt nicht zuletzt mit einer pragmatischen Entscheidung zusammen: Nach dem Glasfaserausbau wurden die bestehenden Kupfer- und Koaxialleitungen innerhalb einer vorgegebenen Frist entfernt, um eine Doppelinfrastruktur zu vermeiden. Liechtenstein verfolgte somit also praktisch eine Fibre-Only-Strategie. Und auch auf eine weitere Zahl ist das Land stolz: Mehr als jeder zweite Einwohnende besitzt heute eine elektronische Identität auf dem Smartphone. Die eID spielt bei der Digitalisierung von Dienstleistungsangeboten der öffentlichen Hand die zentrale Rolle. Sie ist nicht nur für private Personen, sondern auch für Unternehmen maßgeblich. Die liechtensteinische eID war eine der ersten, die auf EU-Ebene notifiziert wurde. Auch hier kam eine pragmatische Entscheidung zu Hilfe. Denn als sich abzeichnete, dass in der letzten Phase der Corona-Pandemie Zertifikate auf europäischer Ebene wichtig werden würden, befand sich Liechtenstein in der Endphase zur Entwicklung der eID – die nun mit den Zertifikaten gekoppelt wurde. Wer also eine eID hatte, bekam die Zertifikate direkt auf sein Smartphone geschickt. Die eID konnte damals nur direkt an einem Schalter im Amt erstellt werden. Daher wurden die Schalter kurzerhand in die Impfstationen des Landes verlegt – und damit gleich zwei Herausforderungen gelöst. Ähnlich erfolgreich ist das Fürstentum mit seinem elektronischen Gesundheitsdossier (eGD) unterwegs. Seit der Einführung vor etwas mehr als zwei Jahren liegt die Durchdringung bei nahezu 100 Prozent. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, ein so genanntes Opt-Out-Verfahren zu verwenden. Das heißt, jede Einwohnerin und jeder Einwohner Liechtensteins hat grundsätzlich ein elektronisches Gesundheitsdossier. Wer dies nicht möchte, kann sich jederzeit abmelden. In einer Volksabstimmung wurde das Vorgehen bestätigt und ist somit direktdemokratisch abgesichert.

Dinge wagen und Fehler eingestehen

Neben der Einführung der eID und des eGD konnten in den vergangenen Jahren weitere Meilensteine erreicht werden. Dazu gehört beispielsweise die Freischaltung eines Serviceportals, der Launch des elektronischen Führerscheins oder die Digitalisierung des Baubewilligungsverfahrens. Weitere elektronische Dienstleistungen werden laufend lanciert. Die Digitalisierung wird uns und vor allem auch die Unternehmen in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. Im europäischen und globalen Vergleich steht Liechtenstein hinsichtlich digitaler Infrastruktur und elektronischer Dienstleistungen sehr gut da. Das ist nicht zuletzt dem unternehmerischen Ansatz geschuldet, Dinge auszuprobieren, mutig etwas zu wagen – und auch Fehler einzugestehen und gegebenenfalls zu korrigieren. Als eines der kleinsten Länder Europas hat Liechtenstein bewiesen, dass es die Herausforderungen der digitalen Transformation nicht nur meistern, sondern vielmehr als Chance nutzen kann, um als Smart Country zu überzeugen. Jeder erreichte Meilenstein auf diesem Weg ist ein Beweis dafür, dass die Zukunft nicht nur den Großen und Mächtigen gehört, sondern vor allem denjenigen, die bereit sind, intelligent in die Digitalisierung zu investieren und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. In einer Welt, die immer stärker digital vernetzt ist, kann Liechtenstein als Vorbild für andere Länder dienen. So wie es beispielsweise die Token-Gesetzgebung des Landes auf europäischer Ebene tut. Liechtenstein hat sich sehr früh mit dem Thema Blockchain befasst und eine entsprechende Regulierung beschlossen. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Tradition und Innovation Hand in Hand gehen können.

Daniel Risch ist Regierungschef des Fürstentums Liechtenstein.




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