WahlenSicher online abstimmen

Bei der Digitalisierung von Wahlen und Abstimmungen ist der Informationssicherheit großes Gewicht beizumessen.
(Bildquelle: markoaliaksandr/123rf.com)
Freie Wahlen und Abstimmungen sind ein wesentliches Merkmal jeder Demokratie. Sie prägen nicht nur den politischen Diskurs, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben. Ob bei Vereins- oder Aktionärsversammlungen, Unternehmensmeetings oder Plenarsitzungen – Wahlen und Abstimmungen sind fester Bestandteil des Alltags. Entsprechend rasant ist im Zuge der Corona-Pandemie die Nachfrage nach digitalen Lösungen gestiegen, mit denen sich virtuell Versammlungen abhalten und Wahlen online durchführen lassen.
Gerade in den Kommunen spiegelt sich diese Entwicklung besonders deutlich wider. Vom Gemeinderat und den verschiedenen Ausschüssen über Bürgerforen bis hin zum Funktionieren der Vereine und Freiwilligen-Institutionen vor Ort sind Zusammenkünfte und Veranstaltungen sowie die Möglichkeit, Abstimmungen vornehmen zu können von fundamentaler Bedeutung. Viele Vertreter aus dem kommunalen Bereich stehen somit vor der Frage, wie sich digitale Versammlungen und Abstimmungen sicher organisieren lassen. Denn dem Bedarf nach solchen Online-Formaten steht eine wachsende Bedrohungslage im Cyber-Raum gegenüber.
Tools auf Sicherheit prüfen
Tools für Videokonferenzen, Online-Meetings und den Austausch von Nachrichten gibt es inzwischen verschiedene am Markt, die sich vor allem durch ihre Funktionalität unterscheiden. Bei der Auswahl sollten jedoch in jedem Fall wesentliche Faktoren zur Informationssicherheit berücksichtigt werden.
So braucht es geeignete Authentisierungsmechanismen – dazu gehört gegebenenfalls auch eine Multi-Faktor-Authentisierung, damit nur Befugte den jeweiligen Veranstaltungen und Online-Meetings beiwohnen. Das Tool sollte zudem ein Gruppen-Management und eine Zutrittskontrolle erlauben. Zudem ist eine geeignete Verschlüsselung notwendig, idealerweise als Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Auch die Möglichkeit, die Software nicht in einer öffentlichen Cloud, sondern auf einem eigenen Server zu betreiben, kann sicherheitsrelevant sein. Eine Auditierung durch unabhängige Stellen garantiert die Spezifikationen des Produkts. Dass die Lösung datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen muss, versteht sich bei alldem fast schon von selbst. Welche weiteren Auswahlkriterien es zu beachten gibt, hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in seinem Kompendium Videokonferenzsysteme ausgeführt.
Digitale Abstimmungen ermöglichen
In vielen digitalen Veranstaltungen werden auch Abstimmungen erforderlich sein. Im Rahmen kleinerer Sitzungen dürfte dies per Handzeichen funktionieren – ohne dass zusätzliche technische Maßnahmen notwendig sind. Doch gerade bei größeren virtuellen Abstimmungen und spätestens bei offiziellen Wahlvorgängen führt kein Weg an einer weitergehenden Digitalisierung der Vorgänge vorbei. Das ist nur mit einem entsprechenden Sicherheitsregime möglich, das gerade bei politischen Wahlen auch die Wahlrechtsgrundsätze zu berücksichtigen hat. Insbesondere die Grundsätze einer geheimen und zugleich öffentlichen Wahl stehen dabei in einem Spannungsverhältnis zueinander sowie zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dem zufolge für die Wählerinnen und Wähler nachvollziehbar sein muss, ob die Online-Stimme wie angegeben in der (elektronischen) Wahlurne gespeichert wurde. Eine Ende-zu-Ende-Verifizierbarkeit ist somit geboten, um diesen Aspekten Rechnung zu tragen.
Beim Blick auf die Sicherheit geht es vor allem um drei konkrete Ziele, die es zu schützen gilt: die Verfügbarkeit der Wahl, deren Authentizität sowie Integrität. System- und Kommunikationsausfälle sind also zu verhindern, für Wahlberechtigte muss es die Möglichkeit geben, sich für die Teilnahme an der Wahl zu authentifizieren, gleichzeitig muss eine unverfälschte Übertragung beispielsweise von Redebeiträgen oder Abstimmungsvoten sichergestellt sein.
Wie kann das gelingen? Zunächst müssen die spezifischen rechtlichen Rahmenbedingungen der Abstimmungen oder Wahlen geklärt sein. Welche Anforderungen ergeben sich beispielsweise aus den verschiedenen Verordnungen? In einem zweiten Schritt hat die Online-Wahlleitung die passende Wahlanwendung zu bestimmen. Die Anbieter geben zwar stets an, dass ihr Produkt sicher sei. Dass tatsächlich bestimmte Sicherheitsziele abgedeckt sind, belegt hingegen erst eine IT-Sicherheitszertifizierung des entsprechenden Produkts, die den Prozessverantwortlichen die Auswahlentscheidung deutlich erleichtert.
Zertifizierung erforderlich
Online-Wahlanwendungen nutzen meist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener kryptografischer Mechanismen. Die richtige Kombination dieser Methoden sowie weiterer Sicherheitsmaßnahmen entscheidet am Ende darüber, ob und wie sicher eine Online-Wahl funktionieren kann. Daher ist für den Einsatz solcher Produkte immer eine gründliche Prüfung oder Zertifizierung erforderlich, die durch die Vorarbeiten des BSI möglich ist. Das BSI ist dabei, neue Common-Criteria-Profile für Produktzertifizierungen zu erarbeiten, um stets den aktuellen Entwicklungsstand abzubilden.
Je nach Größe und Komplexität des Wahlvorhabens umfasst eine Online-Wahl allerdings viele Aufgaben und Prozesse, die außerhalb der eigentlichen Anwendung durchgeführt werden. Es sind also organisatorische und betriebliche Vorkehrungen zu treffen, die sich naturgemäß nicht in der Produktzertifizierung wiederfinden lassen. Die Umsetzung des IT-Grundschutzes hilft, das allgemeine Sicherheitsniveau zu erhöhen.
Darüber hinaus entwickelt das BSI die Technische Richtlinie TR-03169 der sicherheitstechnischen Anforderungen zur Durchführung einer elektronischen Wahl. Dazu gehört beispielsweise das Sammeln von Daten und die Abstimmung von Inhalten zu Terminfestlegungen für den Wahlzeitraum, Wahlkennzeichen beziehungsweise Wählerverzeichnisse. Bei der Entwicklung der Schutzprofile und der Technischen Richtlinie hat das BSI nicht-politische Wahlen im Blick, um erste Erfahrungen zu sammeln.
Mindeststandards setzen
Politische Wahlen sind so etwas wie der Lackmustest der IT-Sicherheit im Bereich digitaler Veranstaltungen und Wahlen. Allein durch die gesetzlichen Vorgaben sind die Herausforderungen besonders hoch, weshalb sich auch alle Maßnahmen, die bei einfachen Abstimmungen zum Tragen kommen – beispielsweise in örtlichen Vereinen – an der Durchführung politischer Online-Wahlen orientieren.
Im Rahmen des Modellprojekts Online-Sozialwahlen 2023 leistet das BSI dafür wichtige Grundlagenarbeit. Erstmals haben die Krankenkassen bei den Sozialversicherungswahlen im Jahr 2023 die Möglichkeit, neben der klassischen Stimmabgabe per Briefwahl auch Online-Wahlen durchzuführen. Die dafür notwendigen Vorgaben an die Informationssicherheit hat das BSI mit der Technischen Richtlinie TR-03162 formuliert. Mithilfe dieser und weiterer Technischer Richtlinien sowie von Schutzprofilen kann das BSI künftig effektive Leitlinien zur Absicherung von Wahlen und Abstimmungen vorgeben.
Auf Grundlage der dabei entwickelten Schutzprofile für Online-Wahlprodukte wiederum entwickelt das BSI nun Zertifizierungen, um die Mindeststandards für die Sicherheit von Online-Wahlen zu setzen. Aus den Erfahrungen, die im Projekt Online-Sozialwahlen 2023 gesammelt werden konnten, lassen sich allgemeingültige sicherheitstechnische Anforderungen für andere Wahlen ableiten – so verschieden diese in der Durchführung oder hinsichtlich ihrer rechtlichen Rahmenbedingungen auch sein mögen.
Gute Portion Pragmatismus
Natürlich sollen Online-Abstimmungen und -Wahlen in vielen Fällen bestehende Prozesse ablösen oder ergänzen. Gleichwohl bietet die Umstellung auch die Chance, Abläufe neu zu denken und auf den Prüfstand zu stellen. Das trägt dazu bei, die Komplexität solcher Veranstaltungen zu reduzieren – und damit gleichzeitig das Risiko von Angriffen zu verringern.
Verantwortliche sollten sich also immer fragen, für welchen der Schritte, die virtuell abgebildet werden sollen, es in der Online-Welt tatsächlich ein rechtssicheres Äquivalent braucht – und wann auf dieses verzichtet werden kann. Bei der Digitalisierung von Wahlen und Abstimmungen ist also auch eine gute Portion Pragmatismus gefragt, wenn die Sicherheit bestmöglich gewährleistet sein soll.
Das BSI-Kompendium Videokonferenzsysteme zum Download (PDF; 2,4 MB)
Die Technische Richtlinie TR-03162 des BSI zum Download (PDF; 1,3 MB)
Baden-Württemberg: Jahresbericht zur Cybersicherheit 2024
[22.05.2025] Die CSBW hat 2024 rund 30 Prozent mehr IT-Sicherheitsvorfälle bearbeitet. Kommunen wurden ähnlich häufig unterstützt wie im Vorjahr, neue Präventionsangebote, Notfallübungen und ein Schwachstellenscan richten sich teils gezielt an sie. mehr...
Datenschutz: Hilfestellung für Behörden
[12.05.2025] In der kommunalen Praxis gibt es beim Thema Datenschutz noch immer Rechtsunsicherheiten. Die Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern hat eine Orientierungshilfe für Behörden erarbeitet, die (EfA-)Onlinedienste betreiben oder nutzen. mehr...
Röhrnbach: Siegel für IT-Sicherheit
[06.05.2025] Die niederbayerische Marktgemeinde Röhrnbach hat für nachhaltige IT-Sicherheit gesorgt und ist dafür vom Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) ausgezeichnet worden. mehr...
CSBW: Schnell handlungsfähig im IT-Notfall
[22.04.2025] Ohne funktionierende IT-Ausstattung ist die Bewältigung eines Cyberangriffs kaum zu schaffen. Um die Handlungs- und technische Kommunikationsfähigkeit von Verwaltungen zu sichern, bietet die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) nun eine mobile IT-Notfall-Ausrüstung an. mehr...
Nordrhein-Westfalen: IT-Notfallhilfe für Kommunen
[17.04.2025] Nach IT-Angriffen sollen nordrhein-westfälische Kommunen schnell und unkompliziert Incident-Response-Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Ein Rahmenvertrag zwischen Land und spezialisierten Dienstleistern sichert das Angebot ab. mehr...
Hanau: Allianz für Cyber-Sicherheit beigetreten
[02.04.2025] Die Stadt Hanau rüstet sich weiter gegen Cyber-Bedrohungen: Die BeteiligungsHolding Hanau ist der bundesweiten Allianz für Cyber-Sicherheit des BSI beigetreten und arbeitet aktiv im Arbeitskreis Kommunale CyberSicherheit des Landes Hessens mit. mehr...
Märkischer Kreis: Digitaler Neustart nach Cyberangriff
[26.02.2025] Der Stand der Wiederherstellung und die Kosten nach dem Cyberangriff auf die Südwestfalen-IT waren Themen im Ausschuss für Digitalisierung und E-Government im Lüdenscheider Kreishaus. Auch neue Projekte und Herausforderungen für die Verwaltungs-IT des Märkischen Kreises kamen zur Sprache. mehr...
Einbeck: nerdbridge sucht IT-Schwachstellen
[05.02.2025] Der Verein nerdbridge soll die niedersächsische Stadt Einbeck dabei unterstützen, Sicherheitslücken in ihrer IT-Infrastruktur zu finden. mehr...
IT-Grundschutz-Tag: Praxisnahe Einblicke
[31.01.2025] Am 4. Februar findet in Magdeburg der IT-Grundschutz-Tag statt, zu dem Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüsken und BSI-Präsidentin Claudia Plattner einladen. Die Veranstaltung widmet sich unter anderem dem IT-Grundschutz, dem Business Continuity Management und der Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Verwaltung und Landesbehörden. mehr...
Bremen: Umsetzung der NIS2-Richtlinie
[20.01.2025] Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat sich auf Maßnahmen zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie geeinigt. Vorgesehen ist, die Rolle der Zentralstelle Cybersicherheit zu stärken, etwa durch ein Notfallteam, das Bedrohungen frühzeitig erkennt und koordinierte Reaktionen ermöglicht. mehr...
Hessen: Sicherheitsprogramm für Kommunen
[10.01.2025] Hybride Bedrohungen und Cyberangriffe bleiben eine Herausforderung. Um die Cyberresilienz hessischer Kommunen zu stärken, wurde das Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit um Maßnahmen wie etwa Pentests und Incident Response Services erweitert. mehr...
Materna Virtual Solution: Sicheres ultramobiles Arbeiten
[18.12.2024] Das BSI hat Apples indigo und Samsungs Knox in diesem Jahr für den Einsatz bei Verschlusssachen zugelassen. Materna Virtual Solution sieht darin Vorteile für Behörden: mehr Sicherheit und Flexibilität und einen Zuwachs an geeigneten Fachanwendungen. mehr...
SEP/Databund: Kooperation für IT-Sicherheit
[29.11.2024] SEP, Hersteller der Datensicherungslösung SEP sesam, ist jetzt Mitglied des Databund. Die in Deutschland entwickelte Backup-Lösung wird bereits von zahlreichen öffentlichen Institutionen eingesetzt. Mit dem Beitritt zu Databund will SEP den Austausch mit anderen Akteuren der öffentlichen Verwaltung fördern. mehr...
Fraunhofer IGD / ekom21: Cybergefährdungslagen visualisieren
[21.11.2024] Neue interaktive Visualisierungen von IT-Gefährdungslagen sollen in einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD und des IT-Dienstleisters ekom21 entstehen. Das vom Land Hessen geförderte Vorhaben berücksichtigt auch die Bedürfnisse kleinerer Institutionen wie Kommunen. mehr...
Märkischer Kreis: Neue IT-Projekte im Fokus
[20.11.2024] Grünes Licht für die Haushaltsansätze im Bereich Digitalisierung und IT gab der Ausschuss für Digitalisierung und E-Government des Märkischen Kreises. Geplant sind Investitionen in IT-Sicherheit, Netzwerkinfrastruktur und den weiteren Ausbau digitaler Services. mehr...