Freitag, 19. Dezember 2025

NormenkontrollratGutachten über digitaltaugliches Recht

[05.07.2021] Der Nationale Normenkontrollrat hat ein Gutachten vorgelegt, das am Beispiel des Einkommens aufzeigt, wie Recht und Technik aufeinander abgestimmt werden müssen, damit die Verwaltungsdigitalisierung und das Once-Only-Prinzip gelingen können.
NKR-Gutachten schlägt Baukastensystem der Rechtsbegriffe vor.

NKR-Gutachten schlägt Baukastensystem der Rechtsbegriffe vor.

(Bildquelle: Screenshot www.www.normenkontrollrat.bund.de)

Ein schon angejahrtes Bonmot lautet: „Die Daten sollen laufen, nicht die Bürger“. Das trifft insbesondere auf das Once-Only-Prinzip zu, nach dem Bürgerinnen und Bürger der Verwaltung nur einmal ihre Daten mitteilen sollen und die Behörden sich dann – mit Einwilligung der Betroffenen – untereinander austauschen. Damit dieses Prinzip Wirklichkeit wird, hat man sich auf die Modernisierung der Register geeinigt und ein entsprechendes Gesetz erlassen, das zunächst die informationstechnische Harmonisierung der Register vorsieht.
Damit Bürger staatliche Leistungen beziehen können, müssen sie meist viele Nachweise einreichen, die den Behörden häufig schon vorliegen oder aus Informationen bestehen, die in Behördenregistern und -datenbanken ohnehin gespeichert sind. Beim Antrag auf Elterngeld müssen beispielsweise mehr als zehn Nachweise eingereicht werden, von der Geburtsurkunde des Kindes über die Personaldokumente der Eltern bis hin zu Einkommensbescheinigungen. Allein durch den behördlichen Zugriff auf das Melde- und Geburtenregister entfallen hier mühevolle Schritte für die Antragsteller. Beim Einkommensnachweis wird es allerdings schwieriger.

Baukastensystem der Rechtsbegriffe

In einem neuen Gutachten hat der Nationale Normenkontrollrat (NKR) nun exemplarisch am Beispiel des Einkommensbegriffs untersuchen lassen, welche rechtliche Anpassungen – neben den technischen – für die Verwirklichung des Once-Only-Prinzips nötig sind. Das Gutachten „Digitale Verwaltung braucht digitaltaugliches Recht: Der modulare Einkommensbegriff“ ist von der Ruhr-Universität Bochum in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung msg systems ag erstellt worden. Unter Einkommen werden in den unterschiedlichen Antragsverfahren demnach ganz unterschiedliche Dinge verstanden: Gehalt, Vermögen, andere staatliche Leistungen. Die unterschiedliche Handhabung schafft sowohl aufseiten der Antragsteller als auch bei den Behörden viel Aufwand.
Eine Lösung sieht das NKR-Gutachten in einer Art Baukastensystem der Rechtsbegriffe. Ein „standardisiertes Baukastensystem ermöglicht die Passgenauigkeit von Recht und Technik“, heißt es seitens des NKR. Beispielsweise könnte eine Modularisierung des Einkommens die Elemente Einkommenssteuer, ALG II, Eingliederungshilfen, Kinderzuschläge, Elterngeld oder BAföG als Einzelkomponenten umfassen. Je nach Antragsbedarf werden nur einzelne Komponenten relevant. Diese Zerlegung in einzelne Bausteine muss allerdings verbindlich und behördenübergreifend einheitlich erfolgen. „Im Nationalen Normenkontrollrat sind wir davon überzeugt, dass diese Modularisierung des Einkommensbegriffs einen echten Durchbruch für die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen bewirken kann“, sagte Landrätin Dorothea Störr-Ritter anlässlich der Vorstellung des Gutachtens auf einer virtuellen Pressekonferenz.

Gesetze sollten digitaltauglich sein

Die Initiative des NKR zielt darauf ab, rechtzeitig die Weichen für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und der Registermodernisierung zu stellen. Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen bedeutet nämlich nicht nur, technische Standards zu schaffen, sondern auch die rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen: digitaltaugliche Gesetze. Im optimalen Fall soll eine Digitaltauglichkeitsprüfung schon beim Verfassen von Gesetzen erfolgen. „Technik und Fachlichkeit müssen zusammengebracht werden“, sagte der Bremer Staatsrat Martin Hagen. Beim Bremer ELFE-Projekt hätte der Kinderzuschlag bisher nicht umgesetzt werden können, weil der Abruf von Einkommensdaten daran scheiterte, dass die relevanten Datenfelder nicht programmierbar waren. „Der Einkommensbegriff muss codierbar werden“, so Martin Hagen.
Während der Einkommensbegriff sich für eine Modularisierung idealtypisch anbietet, gibt es „auch Rechtsbegriffe, die eine Ermessensentscheidung bedeuten und die nicht digitalisiert werden können“. Darauf wies Maria Marquardsen, Professorin für Steuerrecht an der Ruhr-Universität, auf der Veranstaltung hin. Solche unbestimmten Rechtsbegriffe ermöglichen einen Entscheidungsspielraum für die Verwaltung und haben in der Regel eine intensive Auseinandersetzung mit einem Fall zur Folge. Sie markieren die Grenzen der Digitalisierbarkeit und können nicht automatisiert werden.

Helmut Merschmann




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Ein fehlendes Puzzleteil wird in ein Puzzle eingesetzt.

GovTech Kommunal: Kommunen digital handlungsfähig machen

[18.12.2025] Die Initiative GovTech Deutschland hat ihr Angebot um den Verein GovTech Kommunal erweitert. Es soll damit eine bundesweite Einheit geschaffen werden, welche die kommunale Digitalisierung systematisch bündelt und konsequent an den Bedarfen der Städte, Gemeinden und Landkreise ausrichtet. Die Mitgliedschaft steht mit gestaffeltem Beitragsmodell allen Kommunen offen. mehr...

Abgedunkelter Saal mit Publikum, im Bildhintergrund eine helle Bühne mit Projektion "Kick-off Roadshow Hanau", zwei Personen auf der Bühne

Hanau: Stadtweite IT neu ausgerichtet

[18.12.2025] Hanau hat sich das Ziel gesteckt, bis 2030 die Digitalisierung der gesamten „Unternehmung Stadt“ abzuschließen. Dazu werden Entscheidungs-, Verantwortungs- und Budgetstrukturen künftig an einer Stelle gebündelt, zudem soll die Stelle des CDO geschaffen werden. mehr...

Ein Bürotisch ist komplett von unterschiedlichen Stapeln an Dokumenten bedeckt.

Deutscher Landkreistag: Kommunen in Modernisierungsagenda einbinden

[11.12.2025] Die von Bund und Ländern vereinbarte föderale Modernisierungsagenda bewertet der Deutsche Landkreistag (DLT) als positiv. Damit Bürger, Unternehmen und Kommunen jedoch tatsächlich entlastet werden, ist ein enger Schulterschluss mit Landkreisen, Städten und Gemeinden bei der Umsetzung erforderlich. mehr...

Porträt von Lydia Hüskens

Sachsen-Anhalt: Zentrale Serviceagentur für Kommunen

[08.12.2025] Eine Machbarkeitsstudie aus Sachsen-Anhalt zeigt, dass eine zentrale Serviceagentur für Kommunen Verwaltungsabläufe beschleunigen und verbessern kann. Digitalministerin Lydia Hüskens kündigte an, dass ab 2026 sukzessive eine Unterstützungseinheit für Kommunen umgesetzt werden soll. mehr...

Abstrakte Darstellung eines Besprechungsraums in dem die Silhouetten mehrerer Personen zu sehen sind, die an einem Besprechungstisch sitzen.

IT-Planungsrat: Kommunalbeirat NOOTS

[08.12.2025] Das Kommunalgremium des IT-Planungsrats übernimmt im Zuge der Neuaufstellung des Nationalen Once-Only-Technical-Systems (NOOTS) zusätzlich die Rolle des Kommunalbeirats NOOTS. Es hat dabei keine Entscheidungsbefugnis, sondern erfüllt eine Resonanz- und Feedbackfunktion. mehr...

Blick in einen gut besetzten Sitzungssaal mit rechteckiger Tischanordnung.

4. Digitalministerkonferenz: Bessere Zusammenarbeit aller Ebenen

[27.11.2025] Bei der 4. Digitalministerkonferenz in Berlin setzte Niedersachsens Digitalministerin Daniela Behrens den Schwerpunkt auf föderale Zusammenarbeit: Sie forderte eine engere, effektivere Zusammenarbeit aller föderaler Ebenen und den Zugang zu Services des ITZBund auch für Länder und Kommunen. mehr...

Oldenburger Rathaus und Degodehaus

Oldenburg: Mit neuem Amt in die digitale Zukunft

[27.11.2025] Alle Aufgaben rund um digitale Verwaltungsprozesse und die IT-Infrastruktur bündelt die Stadt Oldenburg ab Anfang kommenden Jahres in einem eigenen Amt für digitale Transformation. Das soll Abstimmungsaufwände reduzieren, Prozesse beschleunigen und dauerhaft zu innovativen, bürgernahen Angeboten beitragen. mehr...

Ein Zukunftskongress-Spezial nimmt den Status quo der Verwaltungsdigitalisierung hierzulande in den Blick.

Föderale Modernisierungsagenda: Jetzt muss gehandelt werden

[27.11.2025] Der Nationale Normenkontrollrat mahnt die in der Föderalen Modernisierungsagenda vorgesehene bessere Aufgabenbündelung mit Nachdruck an. Die Ministerien müssten dieses Projekt konsequent weiterverfolgen, um Effizienz und Entlastung der Kommunen zu sichern. mehr...

Gruppenfoto vor Vitako-Logo

Vitako: 20 Jahre Austausch und Innovation

[11.11.2025] Seit zwei Jahrzehnten vertritt Vitako die Interessen der kommunalen IT-Dienstleister. Bei der Jubiläumsfeier würdigte Digitalminister Karsten Wildberger in klaren Worten die Rolle der Kommunen als Ausgangspunkt digitaler Verwaltung und rief zu enger Zusammenarbeit mit Bund und Ländern auf. mehr...

Hamburg-CIO Annika Busse

Hamburg: Annika Busse ist die neue CIO

[11.11.2025] Annika Busse ist die neue CIO der Freien und Hansestadt Hamburg. Die bisherige stellvertretende Hamburg-CIO hat zum 1. November die Nachfolge von Jörn Riedel angetreten, der nach langjährigem Wirken in den Ruhestand verabschiedet wurde. mehr...

Gruppenbild der Teilnehmenden an der Sitzung des Kommunalgremiums.

IT-Planungsrat: Kommunaler Input zu digitalstrategischen Themen

[23.10.2025] Der IT-Planungsrat stellt die strategischen Weichen für die Verwaltungsdigitalisierung – und bindet dabei auch Kommunen ein. Beim letzten Treffen des Kommunalgremiums ging es um die zentralen Bereitstellung von EfA-Leistungen und eine Aufgabenneuordnung zur Entlastung von Kommunen. mehr...

Diagramme und Datenvisualisierung in leuchtenden Farben.

Bitkom-Dataverse: Datenbank zum digitalen Deutschland

[21.10.2025] Mit dem Bitkom-Dataverse soll das größte kostenlose Onlineportal mit Zahlen und Statistiken zum Digitalen Deutschland entstehen. Es umfasst Daten unter anderem aus den Bereichen Bildung, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Verwaltung sowie Mobilität. Auch die Bitkom-Indizes wie der Länderindex oder Smart-City-Index sind enthalten. mehr...

Fachwerkhäuser im historischen Stadtzentrum von Backnang, mit Rathaus und Marktplatz

Baden-Württemberg: Kommunen als Treiber der Entbürokratisierung

[20.10.2025] In Baden-Württemberg wurde das Kommunale Regelungsbefreiungsgesetz beschlossen. Damit erhalten Kommunen und Zweckverbände mehr Flexibilität bei der Neugestaltung und Vereinfachung von Verwaltungsverfahren. Sich bewährende Neuerungen sollen landesweit umgesetzt werden. mehr...

Mehrere Zahnräder liegen neben- und übereinander.
bericht

Digitalisierung: Zehn-Punkte-Plan von Vitako

[10.10.2025] Im Rahmen eines Zehn-Punkte-Plans hat die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, Vorschläge für eine gezielte Förderung der Digitalisierung erarbeitet. Als wichtiger Aspekt wird dabei die ebenenübergreifende Zusammenarbeit betont. mehr...

Foto von Bayerns Digitalminister Fabian Mehring
interview

Bayern: Täglich Vollgas geben

[09.10.2025] Bayerns Digitalminister Fabian Mehring spricht über die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz, eine proaktive Verwaltung und erläutert, warum der Freistaat bei der Verwaltungstransformation so erfolgreich ist. mehr...