Schul-ITPilot in Hessen

Zweitklässlerinnen zeigen Landrat Ulrich Krebs, wie sie mit Tablet lernen.
(Bildquelle: Hochtaunuskreis)
In den Klassenzimmern der Wiesbachschule im hessischen Grävenwiesbach sieht es grundsätzlich nicht anders aus als in anderen Grundschulen: Tische sind in Gruppen zusammengestellt, es gibt viele Bilder an den Wänden und bunte Schulranzen. Aber die Schule im ländlichen Raum des an Frankfurt am Main angrenzenden Hochtaunuskreises ist modern: Der Altbau wurde 2011 saniert, zuvor wurden bereits Mensa und Betreuungszentrum angebaut, die Außenanlagen sind neu. Anstelle einer Kreidetafel gibt es ActivBoards, digitale Tafeln, die auf dem Android-Betriebssystem basieren. Rechts daneben hängt eine beschreibbare Magnettafel und links ein abschließbares Regal. Darin lagern die Tablets. Sie sind seit Beginn des Schuljahrs 2017/2018 ein festes Element im Unterricht an der zweizügigen Grundschule mit ihren 220 Kindern.
Projekt, das seinesgleichen sucht
Schüler und Lehrer der Wiesbachschule sind Teil eines Pilotprojekts, das in Hessen einmalig ist und auch bundesweit seinesgleichen sucht. Zur Vorstellung im November vergangenen Jahres drängten sich Politiker im Klassenzimmer, die Grundschüler erklärten den Erwachsenen, wie und was sie mithilfe der Tablets effizienter und differenzierter lernen können als mit konventionellen Methoden. Und Spaß, sagen die Kinder, mache das Lernen mit den Tablets auch.
„Endlich jemand, der es anpackt“, lobte der hessische Kultusminister Alexander Lorz die Initiative. Mit „jemand“ war vor allem Landrat Ulrich Krebs gemeint, der das Konzept und seine Finanzierung mit bisher rund 170.000 Euro initiierte und vorantrieb und damit die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz umsetzte, Schulen verstärkt zu digitalisieren und mit modernen IT-Systemen auszustatten. „Wir haben konsequent gehandelt“, sagt Landrat Krebs, „gute Schulgebäude allein reichen nicht aus, um eine Schule zukunftsfähig zu machen“.
Das digitale Arbeiten hat viele Vorteile. In der Regel haben schon Erstklässler Erfahrungen im Umgang mit dem Tablet, dem Bedienen von Apps und dem Surfen im Internet. Dass die Kinder sehr technikaffin sind, zeigt sich nach den ersten acht Monaten des Pilotprojekts. Übungen am Tablet, die dem Automatisieren von Lerninhalten dienen – wie zum Beispiel das Trainieren des Einmaleins oder das Erweitern des Wortschatzes bei Flüchtlingskindern – erweisen sich als besonders geeignet und effektiv.
Arbeiten ohne Windows-Plattformen
Grundsätzlich werden die digitalen Medien dann in den Unterricht eingebunden, wenn es pädagogisch sinnvoll und für das Lernen zielführend ist. Die Kinder erweitern ihre digitalen Kompetenzen über alle Schulfächer hinweg. Sie erwerben eine digitale Mündigkeit, lernen, die Gefahren von Internet und digitaler Welt zu erkennen und trotzdem die Chancen moderner Medien verantwortungsvoll zu nutzen.
Kinder auf die digitale Zukunft vorzubereiten, ist gesellschaftlicher Konsens. In der schulischen Realität fehlt aber oft der digitale Standard. Das will der Hochtaunuskreis ändern. Landrat Ulrich Krebs rief hierzu im Jahr 2015 eine multiprofessionelle Arbeitsgruppe aus Computer-Experten, Verwaltungsmitarbeitern und Schulleitern ins Leben. Diese erstellte innerhalb von zwei Jahren ein Konzept zur künftigen Ausstattung von Klassenräumen in Grundschulen. Als Pilotschule wurde die Wiesbachschule im Sommer 2017 mit zwölf modernen ActivBoards anstelle von Kreidetafeln, 66 Tablets anstelle von Schüler-PCs sowie einem modernen und leistungsfähigen Netzwerk ausgestattet. Rund 170.000 Euro hat der Kreis in die IT investiert. Die Lösung in einem Klassenraum besteht aus vier Kernkomponenten und einem Netzwerk als Herzstück. Dazu gehören eine multimediale Präsentationsfläche, Tablets für digitale Lernmedien, die Möglichkeit der Visualisierung der Schülerarbeiten und eine Mobile-Device-Management-Lösung zum Steuern und Absichern der drahtlosen Geräte. Alle Komponenten sind über WLAN mit- und untereinander verbunden. Schüler und Lehrer nutzen Apps, Videos, das Internet und Animationen. Das Arbeiten ohne Windows-Plattformen war für alle Nutzer eine neue, aber gute Erfahrung. Auch die Ad-hoc-Nutzbarkeit von Tablets und ActivBoards kam gut an.
Technik zuverlässig und stabil
Die Technik wird intuitiv bedient. In Abhängigkeit von den persönlichen Fähigkeiten ergibt sich jedoch ein breites Kompetenzspektrum. Viele Lehrer haben sich schnell arrangiert und schätzen die Vorteile des digitalen Lernens. Drei Viertel nutzen die digitale Ausstattung regelmäßig – allerdings nicht alle auf dem gleichen Niveau. Das differenzierende Unterrichten ist leichter möglich, die Technik unterstützt die Inklusion und das Lernen in heterogenen Gruppen. Die Lehrer des ersten Grundschuljahres vermissen allerdings die konventionelle Kreidetafel für Schreibübungen.
Sowohl der Umgang mit Apps, aber vor allem das Arbeiten im Netzwerk (Dateien laden, speichern, wiederfinden) stellt für manche Lehrer eine Herausforderung dar. Ein Mindestmaß an technischem Verständnis ist die Voraussetzung für einen reibungslosen und effizienten Einsatz im Unterricht. Eine kontinuierliche Fortbildung des Kollegiums ist deshalb wichtig. Auch kostet es Zeit, aus der Flut von methodischen und didaktischen Möglichkeiten, welche die digitalen Medien (Film, Bild, Ton, Animation, Apps, Internet) mit sich bringen, eine geeignete und förderliche Auswahl zu treffen.
Die digitale Technik an der Pilotschule arbeitet zuverlässig und stabil. Die Panels haben sich als robust und damit klassenraumtauglich erwiesen. Probleme wurden gemeinsam mit der IT-Abteilung des Hochtaunuskreises sowie dem Hersteller oder Ausstatter gelöst. Tafel-Software, Netzwerkstruktur und sogar einige Apps sind im vergangenen halben Jahr an die Bedürfnisse der Schule angepasst worden. Der Kreis wartet Technik und Software und organisiert Anwender-Schulungen für die Lehrer.
Mobile digitale Lernmittel
Über das Pilotprojekt an der Wiesbachschule hinaus werden ab dem Schuljahr 2018/2019 zwei weitere Pilotklassen im Hochtaunuskreis mit Tablets und Activ-Panel-Systemen ausgestattet: die Christian-Wirth-Schule, ein Gymnasium in Usingen, und die Altkönigschule, eine kooperative Gesamtschule in Kronberg. Die Kosten liegen bei rund 50.000 Euro pro Schule. Alle drei Pilotschulen werden nach ihren jeweiligen pädagogischen Konzepten die Technik evaluieren. Auf dieser Basis wird der Kreis dann entscheiden, ob das neue digitale System in die Breite gegeben werden kann oder noch einmal angepasst werden muss. Das grundsätzliche Ziel des Schulträgers ist jedoch ganz klar der Paradigmenwechsel weg vom stationären EDV-Raum hin zum mobilen digitalen Lernmittel.
Das Pilotprojekt an der Wiesbachschule ist Teil eines langfristigen Konzepts. Seit dem Jahr 2000 läuft das Programm „Schulen für das 21. Jahrhundert“, das systematisch den Neubau, Umbau und die Sanierung von Schulen vorantreibt. Dazu gehört auch die technische Ausstattung der 53 allgemeinbildenden, drei Förder- und drei beruflichen Schulen im Kreis. Bisher hat der Hochtaunuskreis knapp 800 Millionen Euro für das Programm bereitgestellt – eine Investition in die Infrastruktur und Bildung der Zukunft.
http://www.hochtaunuskreis.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2018 von Kommune21 im Schwerpunkt Digitale Bildung erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Oberhausen: Weitere Tablets für Schulen
[17.09.2025] Die Stadt Oberhausen hat in den vergangenen fünf Jahren gezielt in die Digitalisierung ihrer Schulen investiert – nun konnten weitere 3.100 iPads an diese verteilt werden. mehr...
Stuttgart: Mehr Bandbreite für Schulen
[16.09.2025] Im Rahmen des Projekts SchulWeites Intranet Stuttgart (SWIS2.0) sollen sämtliche Schulen der Landeshauptstadt mit schnellerem Internet versorgt werden. Die ersten Schulen sind nun mit einer Zehn‐Gigabit‐Anbindung ausgestattet. mehr...
Schlaue Schule: VoIP im Bildungswesen
[05.09.2025] Per Voice over Internet Protocol (VoIP) können Informationen in Sekundenschnelle weitergeleitet, aufgezeichnet und dokumentiert werden. Ein solches System ist in die Schlaue Schule integriert. Die cloudbasierte Plattform gewährleistet die rechtssichere Kommunikation zwischen Schule, Schülern und Eltern und ermöglicht eine schnelle Reaktion in Notfällen. mehr...
Stolberg: Übernahme von Schülerfahrkosten online beantragen
[18.08.2025] In Stolberg können Erziehungsberechtigte ein digitales Antragsverfahren zur Übernahme von Schülerfahrkosten nutzen. Die Kupferstadt ist außerdem einer der ersten regio iT-Kunden, die die neue Funktion zur automatischen Bescheidgenerierung nutzen. mehr...
Chemnitz: Digitale Kompetenz für Schulen
[13.08.2025] Chemnitz ist eines der Innovationszentren im sogenannten Silicon Saxony. Das zeigt sich auch im Schulbetrieb: Tausende Schüler, Lehrer und pädagogische IT-Koordinatoren prägen den digitalen Unterricht. Den stadtweiten IT-Service übernimmt das Schulrechenzentrum SyS-C. Und auch hier kommt eine Chemnitzer Lösung zum Einsatz: die IT-Service-Management-Software KIX. mehr...
Bayern: Schulcloud landesweit im Regelbetrieb
[05.08.2025] Mit dem Übergang in den Regelbetrieb ist die BayernCloud Schule (ByCS) nun flächendeckend an den Schulen des Freistaats verfügbar. Über die Plattform sind unter anderem Lerninhalte, Office-Anwendungen und ein schulweiter Messenger zugänglich. mehr...
Bremen: Chatbot Telli für Schulen
[02.07.2025] Als erstes Bundesland führt Bremen den KI-Chatbot Telli an seinen öffentlichen Schulen ein. Die Open-Source-Lösung ist Teil eines Projekts, an dem alle Bundesländer beteiligt sind. mehr...
Mecklenburg-Vorpommern: Feedback vom FelloFish
[24.06.2025] Das KI-Tool FelloFish soll Schülern und Lehrkräften in Mecklenburg-Vorpommern künftig automatisiert Feedback zum Lernfortschritt geben. Die Lösung soll ab dem kommenden Schuljahr an zunächst 16 Pilotschulen erprobt werden. mehr...
Schul-IT: „Kleiner Digitalpakt“ für Sachsen-Anhalt
[26.05.2025] In Sachsen-Anhalt können Schulträger wieder Fördermittel für digitale Ausstattung beantragen. Grundlage ist die IKT-Richtlinie Schulen, die unter anderem Endgeräte und Softwarelösungen bis zu 80 Prozent unterstützt. Hinzu kommen Mittel aus dem Corona-Sondervermögen. mehr...
Kreis Kassel: Eigenes Supportteam für Schul-IT
[16.05.2025] Für die Betreuung seiner Schul-IT hat der Kreis Kassel einen eigenen Fachdienst gegründet und IT-Personal eingestellt. Das im Rahmen des DigitalPakt Schule aufgebaute IT-Support-System hat sich bewährt und wird mittlerweile ohne Förderung vom Landkreis selbst finanziert. mehr...
Pforzheim: Voll ausgestattet
[29.04.2025] Die Stadt Pforzheim hat die infrastrukturellen Maßnahmen des DigitalPakts Schule 2024 offiziell beendet. Ein agiles Projektmanagement hat dafür gesorgt, dass der straffe Zeitplan eingehalten wurde. Die Schulen können jetzt in die Praxisphase starten. mehr...
Mecklenburg-Vorpommern: Einheitliches E-Mail-System an Schulen
[24.04.2025] Die öffentlichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern erhalten eine professionelle, sichere und datenschutzkonforme Kommunikationsinfrastruktur. Dafür müssen etwa 20.000 Postfächer neu eingerichtet werden. mehr...
Learntec: Markt der Möglichkeiten
[17.04.2025] Die Kongressmesse Learntec bietet auch in diesem Jahr ein umfangreiches Programm an Vorträgen und Workshops zur digitalen Bildung in Schule, Hochschule und Beruf. mehr...
Digitale Bildung: Digital allein genügt nicht
[16.04.2025] Deutschland treibt die Digitalisierung des Schulunterrichts voran – während Skandinavien bereits zum Buch zurückkehrt. Wir fragten Klaus Zierer, Buchautor und Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, wie digitales Lernen gelingen kann. mehr...
Dortmund: Support für die Schul-IT
[03.04.2025] Nach einer erfolgreichen Pilotphase wird das Modellprojekt IT-Schulcampus auf alle 155 Dortmunder Schulen ausgeweitet. Ab 2025/2026 sorgen Campusmanagerinnen und -manager für verlässlichen IT-Support vor Ort, um Lehrkräfte zu entlasten und digitales Lernen zu verbessern. mehr...