Samstag, 14. Juni 2025

IT-SicherheitRisiken im Homeoffice

[14.09.2020] Viele Mitarbeiter wurden in den vergangenen Monaten ins Homeoffice geschickt und von dort an das Behördennetzwerk angeschlossen. Sicherheitsaspekte spielten zunächst keine große Rolle. Das BSI rät nun, verpflichtende Sicherheitsrichtlinien auszugeben.
Auf IT-Sicherheit ist auch im Homeoffice zu achten.

Auf IT-Sicherheit ist auch im Homeoffice zu achten.

(Bildquelle: marcovector/stock.adobe.com)

Die Corona-Krise hat der Arbeitswelt zwangsweise einen Digitalisierungsschub verpasst. Damit Unternehmen und Organisationen weiterhin produktiv und funktionstüchtig bleiben, war es notwendig, die aus Gründen des Infektionsschutzes ins Homeoffice geschickten Mitarbeiter an die institutionellen Netzwerke anzuschließen. Das musste anfangs schnell vonstattengehen, Cyber-Sicherheit spielte zunächst eine untergeordnete Rolle. Wenn man sich vor Augen hält, welche Anstrengungen Firmen, Verwaltungen oder IT-Dienstleister unternehmen, um ein Gütesiegel für IT-Sicherheit – etwa das Grundschutz-Zertifikat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – zu erhalten, darf diese Nachlässigkeit schon erstaunen. Am Arbeitsplatz in der Behörde wird jeder USB-Stick, der in den Rechner gesteckt wird, penibel protokolliert. Im Homeoffice war man jetzt aber über jede halbwegs funktionierende Videokonferenzverbindung heilfroh.

Hinreichende Regelungen

Bereits Ende März gab das BSI erste Hinweise zur IT-Sicherheit an Homeoffice-Arbeitsplätzen und empfahl Institutionen ohne hinreichende Regelungen für die Telearbeit, sich dringend mit IT- und Arbeitsschutz zu befassen. Die Empfehlungen reichen von Regelungen über die Art der Informationen, die außerhalb der Arbeitsstelle bearbeitet werden dürfen (Papier, Daten), sowie die dafür erlaubten Kommunikationsmittel bis hin zu einer verpflichtenden Sicherheitsrichtlinie. Diese sollte auch für die Gefahren sensibilisieren, die mit Telearbeit verbunden sind. Das betrifft sowohl den Zugang zu Daten und Datenträgern, als auch den Umgang mit Informationen beispielsweise bei der Vernichtung von Daten. Außerdem sollte ein Zutritts- und Zugriffsschutz eingerichtet werden, da Homeoffice-Plätze oftmals nicht der Sicherheit in Büroräumen entsprechen. Standardmaßnahmen zum Schutz der IT-Systeme etwa durch Software-Patches und Virenschutz sowie die Verschlüsselung von tragbaren IT-Systemen und Datenträgern und Routinen der Datensicherung verstehen sich offensichtlich auch nicht von selbst.

Updates für Anwendungen

Das Software-Unternehmen Kaspersky, Spezialist für Sicherheitslösungen, hat ebenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass Virenschutzprogramme, Updates für Anwendungen und Betriebssysteme, WLAN-Verschlüsselung und die Änderung von Router-Anmeldedaten zu den notwendigen Vorsorgemaßnahmen in puncto IT-Sicherheit im Homeoffice zählen. In öffentlichen Netzwerken, etwa Cafés oder Bibliotheken, sollte man nur via Virtual Private Network (VPN) mit dem Verwaltungsnetzwerk verbunden sein, da öffentliche WLANs meist unverschlüsselt sind.
VPNs sind im kommunalen Raum freilich schon lange Standard bei der Datenkommunikation. Die Kommunen und ihre Dienstleister hatten zu Beginn der Pandemie schnell reagiert und mengenmäßig nachgelegt. So erhöhte die ITK Rheinland die Zahl der regelmäßigen VPN-Nutzer von 400 auf 1.800 und übernahm den Roll-out von 15.000 iPads für Düsseldorfer Schulen. Die KDO realisierte 1.000 zusätzliche Homeoffice-Plätze. Die Stadt Stuttgart baute die VPN-Zugänge auf 5.800 aus und die Zahl der Telearbeitsplätze von 200 auf 2.000. Und Ende Juni veröffentlichte die Landesregierung Rheinland-Pfalz einen Resilienzbericht, aus dem hervorgeht, dass in dem Bundesland die Zahl der Homeoffice-Plätze im öffentlichen Sektor von 5.000 auf bemerkenswerte 15.000 erhöht wurde. Zudem seien 105 Videokonferenzräume und 83 Audio­räume eingerichtet worden.

Erhöhte Achtsamkeit

Neben harten technischen Fak­toren spielen auch softe Maßnahmen und Verhaltensregeln bei der IT-Sicherheit eine Rolle. So empfiehlt Kaspersky, die Sperrfunktion am Rechner zu nutzen, wann immer man sich vom Gerät entfernt. Zudem sei eine erhöhte Achtsamkeit für die Gefahren von Cyber-Kriminalität etwa durch E-Mail-Phishing angeraten. Für den E-Mail-Verkehr und Austausch von Dokumenten sollten allein die Firmenressourcen genutzt werden und keine Privatgeräte. Um Dokumente elektronisch zu verschicken, müssen diese in digitaler Form vorliegen, etwa als E-Akte. Das ist in vielen Kommunen noch nicht der Fall, sodass auch hier – schwer überprüfbare – Zugriffsregelungen auf die Papierakten im privaten Homeoffice notwendig werden. Dass in der jetzigen Situation keine ergonomische Maßstäbe an Telearbeitsplätze angelegt werden, wie sie sonst in der Verwaltung üblich sind, ist allerdings verständlich.

Rechtsgrundlage entzogen

Die Sicherheitsvorkehrungen mögen noch so umsichtig sein, und nützen doch wenig, wenn der Datenschutz nicht stimmt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Juli das Privacy-Shield-Abkommen zwischen der EU und den USA für ungültig erklärt und somit dem transatlantischen Datenverkehr die Rechtsgrundlage entzogen. Man geht davon aus, dass personenbezogene Daten in den USA nicht sicher vor dem Zugriff von Geheimdiensten sind. Unlängst hatte die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk eine Kurzprüfung von Videokonferenzsystemen veranlasst und war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine rechtskonforme Nutzung der Dienste nicht möglich sei. Nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) müssen Anbieter vollständig weisungsgebunden arbeiten und dürfen personenbezogene Daten nicht zu eigenen Zwecken oder Zwecken Dritter weiterverarbeiten. Tatsächlich fließen aber vielfach zumindest Angaben zur Teilnehmerzahl, Länge der Videokonferenz, IP-Adresse und dem Standort der Teilnehmer an die Anbieter, die größtenteils in den USA sitzen.

Ungewollter Datenfluss

Das Problem gilt allerdings für Arbeitsplätze im Unternehmen wie im Homeoffice gleichermaßen. Einige Anbieter ermöglichen den Kauf von Software on premise, die dann auf den eigenen Servern läuft statt in der Cloud. Damit kann ein ungewollter Datenfluss weitgehend unterbunden werden, doch längst sind nicht alle Sicherheitsrisiken aus der Welt geschafft, die das Homeoffice bereithält. Beim Videokonferenz-Anbieter Zoom war es eine Zeit lang möglich, sich in fremde Konferenzen zu schalten, bis schließlich ein Passwortschutz eingerichtet wurde. Auch Anbieter wie Cisco Web­ex, Microsoft Teams oder Google Hangouts fallen in puncto Ende-zu-Ende-Datenverschlüsselung durch, die bei Video-Gruppenchats tatsächlich eine technische Herausforderung ist. Kollaborationstools wie Slack oder Trello haben sich ebenfalls als problematisch erwiesen, da sie sensible Daten in temporäre Dateien schreiben und dadurch ein Sicherheitsrisiko darstellen. Trello überträgt zudem Metadaten an mehrere Tracking-Dienste inklusive Gerätemodell, Betriebssystem, Netzbetreiber und Werbe-ID.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Angebote sehr komfortabel und schnelle Alternativen mit höherem Sicherheitsniveau nicht in Sicht sind. Insofern kann die Devise nur „mehr ist weniger“ lauten: Je umsichtiger und bewusster mit potenziellen Gefahren umgegangen wird, desto geringer ist das potenzielle Risiko. Die Berliner Datenschützerin Smoltzyk gab beispielsweise zu bedenken, dass Telefon- gegenüber Videokonferenzen deutlich datenschutzkonformer seien.

Helmut Merschmann




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Sicherheit
Symbolbild IT-Sicherheit: Leicht unscharfes, kontrastarmes Foto eines überladenen schreibtischs mit Brille, Tablet, Kaffeetasse und Papieren, darübergelegt Icon eines Vorhängeschlosses und Platinen-ähnliche Muster.

LSI Bayern: Neues Sicherheitssiegel für Kommunen

[11.06.2025] Das LSI Bayern hat Version 4.0 des IT-Sicherheits-Siegels für Kommunen veröffentlicht. Neu sind Vorgaben zu KI, mobiler Sicherheit und Online-Backups. Der ergänzende Baustein IT-Resilienz hilft Kommunen bei der systematischen Selbsteinschätzung. mehr...

Kreis Regensburg: 17 Kommunen erhalten Siegel für IT-Sicherheit

[10.06.2025] 17 Kommunen im Zweckverband Realsteuerstelle Regensburg sind jetzt vom bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) mit dem Siegel „Kommunale IT-Sicherheit“ ausgezeichnet worden. mehr...

Print-Ausgabe des CSBW-Jahresberichts 2024, die schräg auf einer grauen Oberfläche liegt.

Baden-Württemberg: Jahresbericht zur Cybersicherheit 2024

[22.05.2025] Die CSBW hat 2024 rund 30 Prozent mehr IT-Sicherheitsvorfälle bearbeitet. Kommunen wurden ähnlich häufig unterstützt wie im Vorjahr, neue Präventionsangebote, Notfallübungen und ein Schwachstellenscan richten sich teils gezielt an sie. mehr...

Datenschutz: Hilfestellung für Behörden

[12.05.2025] In der kommunalen Praxis gibt es beim Thema Datenschutz noch immer Rechtsunsicherheiten. Die Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern hat eine Orientierungshilfe für Behörden erarbeitet, die (EfA-)Onlinedienste betreiben oder nutzen. mehr...

Marktgemeinde Röhrnbach mit LSI-Siegel ausgezeichnet

Röhrnbach: Siegel für IT-Sicherheit

[06.05.2025] Die niederbayerische Marktgemeinde Röhrnbach hat für nachhaltige IT-Sicherheit gesorgt und ist dafür vom Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) ausgezeichnet worden. mehr...

Die IT-Notfallausrüstung ausgepackt auf dem Transportkoffer.

CSBW: Schnell handlungsfähig im IT-Notfall

[22.04.2025] Ohne funktionierende IT-Ausstattung ist die Bewältigung eines Cyberangriffs kaum zu schaffen. Um die Handlungs- und technische Kommunikationsfähigkeit von Verwaltungen zu sichern, bietet die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) nun eine mobile IT-Notfall-Ausrüstung an. mehr...

Nordrhein-Westfalen: IT-Notfallhilfe für Kommunen

[17.04.2025] Nach IT-Angriffen sollen nordrhein-westfälische Kommunen schnell und unkompliziert Incident-Response-Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Ein Rahmenvertrag zwischen Land und spezialisierten Dienstleistern sichert das Angebot ab. mehr...

Smartphone-Screen mit Logo der Allianz für Cyber-Sicherheit

Hanau: Allianz für Cyber-Sicherheit beigetreten

[02.04.2025] Die Stadt Hanau rüstet sich weiter gegen Cyber-Bedrohungen: Die BeteiligungsHolding Hanau ist der bundesweiten Allianz für Cyber-Sicherheit des BSI beigetreten und arbeitet aktiv im Arbeitskreis Kommunale CyberSicherheit des Landes Hessens mit. mehr...

Märkischer Kreis: Digitaler Neustart nach Cyberangriff

[26.02.2025] Der Stand der Wiederherstellung und die Kosten nach dem Cyberangriff auf die Südwestfalen-IT waren Themen im Ausschuss für Digitalisierung und E-Government im Lüdenscheider Kreishaus. Auch neue Projekte und Herausforderungen für die Verwaltungs-IT des Märkischen Kreises kamen zur Sprache. mehr...

Einbeck: nerdbridge sucht IT-Schwachstellen

[05.02.2025] Der Verein nerdbridge soll die niedersächsische Stadt Einbeck dabei unterstützen, Sicherheitslücken in ihrer IT-Infrastruktur zu finden. mehr...

IT-Grundschutz-Tag: Praxisnahe Einblicke

[31.01.2025] Am 4. Februar findet in Magdeburg der IT-Grundschutz-Tag statt, zu dem Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüsken und BSI-Präsidentin Claudia Plattner einladen. Die Veranstaltung widmet sich unter anderem dem IT-Grundschutz, dem Business Continuity Management und der Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Verwaltung und Landesbehörden. mehr...

Rathaus der Freien und Hansestadt Bremen, mit Arkaden und drei markanten Stufengiebeln, Deutschlandflagge wehtt, blauer Himmel.

Bremen: Umsetzung der NIS2-Richtlinie

[20.01.2025] Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat sich auf Maßnahmen zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie geeinigt. Vorgesehen ist, die Rolle der Zentralstelle Cybersicherheit zu stärken, etwa durch ein Notfallteam, das Bedrohungen frühzeitig erkennt und koordinierte Reaktionen ermöglicht. mehr...

Brustbild von Roman Poseck in dunklem Anzugjackett und violettem Schlips.

Hessen: Sicherheitsprogramm für Kommunen

[10.01.2025] Hybride Bedrohungen und Cyberangriffe bleiben eine Herausforderung. Um die Cyberresilienz hessischer Kommunen zu stärken, wurde das Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit um Maßnahmen wie etwa Pentests und Incident Response Services erweitert. mehr...

Mann im eleganten Hemd von oben aufgenommen, er hält ein Tablet und tippt darauf..

Materna Virtual Solution: Sicheres ultramobiles Arbeiten

[18.12.2024] Das BSI hat Apples indigo und Samsungs Knox in diesem Jahr für den Einsatz bei Verschlusssachen zugelassen. Materna Virtual Solution sieht darin Vorteile für Behörden: mehr Sicherheit und Flexibilität und einen Zuwachs an geeigneten Fachanwendungen. mehr...

Eine Lichtschlossillustration mit Postumschlägen auf modernem Computerhintergrund.

SEP/Databund: Kooperation für IT-Sicherheit

[29.11.2024] SEP, Hersteller der Datensicherungslösung SEP sesam, ist jetzt Mitglied des Databund. Die in Deutschland entwickelte Backup-Lösung wird bereits von zahlreichen öffentlichen Institutionen eingesetzt. Mit dem Beitritt zu Databund will SEP den Austausch mit anderen Akteuren der öffentlichen Verwaltung fördern. mehr...