AusländerwesenVorgehen mit Realitätsbezug

Digitalisierung im Bereich Ein- und Auswanderung ist ein Erfolg.
(Bildquelle: hkama/stock.adobe.com)
Für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) wurde bereits sehr viel Geld zur Verfügung gestellt. Die bisherige Ausbeute ist aber ausbaufähig. Die ermittelten „wichtigsten“ 575 Leistungen, die bis Ende dieses Jahres in Betrieb gehen sollen, lassen auf sich warten. Diejenigen, die an der Basis für die tatsächliche Implementierung der Services verantwortlich und fachlich kompetent sind, klagen, dass ihre Expertise in diesem Mammutprozess bislang nicht gefragt war. Stattdessen herrscht der Glaube vor, dass der Blick von außen mithilfe von Beratern die Lösung sei. Entgegen aller Äußerungen aus der Politik funktioniert die öffentliche Verwaltung in Deutschland, sind die meisten Bereiche mithilfe standardisierter Fachverfahren bereits in sich digitalisiert. Auch die Verwaltungsprozesse sind durch das Angebot am Markt weitgehend standardisiert. Kaum eine Kommune arbeitet mit für sie originär entwickelter Software. Vielmehr werden Produkte genutzt, die in der Regel in allen Bundesländern zum Einsatz kommen und nur in sehr geringem Maß für spezifische Anforderungen konfigurierbar sind. Digitale Steinzeit, wie sie laut der Politik in den deutschen Amtsstuben vermeintlich herrscht, sieht anders aus. Praxisbezogene Herangehensweise Das Land Brandenburg ist federführend verantwortlich für die Umsetzung von Projekten im OZG-Themenfeld Ein- und Auswanderung. Konkret umfasst dies digitale Leistungen im Bereich Aufenthalt, Beschäftigungserlaubnis und Staatsangehörigkeit. Dabei verfolgt das Bundesland eine stark praxisbezogene Herangehensweise: Ziel ist es, möglichst nutzerfreundliche Online-Verfahren für eine sehr heterogene Zielgruppe zur Verfügung zu stellen. Die potenziellen Nutzergruppen reichen von hochqualifizierten Fachkräften über ausländische Studierende bis hin zu anerkannten Flüchtlingen. An der Umsetzung der OZG-Leistung Aufenthaltstitel wirkte die Ausländerbehörde des Kreises Borken als Pilotpartner maßgeblich mit. Seit April dieses Jahres bietet sie als erste Ausländerbehörde in Nordrhein-Westfalen die digitale Lösung für die Beantragung einer Ersterteilung und die Verlängerung des Aufenthaltstitels an. Auch die Ausländerbehörde im fränkischen Nürnberg, die zunächst einen eigenen Weg gegangen war, freut sich aktuell über mehrere tausend Online-Anträge auf einen Aufenthaltstitel. Innerhalb eines Jahres wird hier nun ein komplexes Antragssystem digitalisiert angeboten – bis hin zur medienbruchfreien Bearbeitung durch die Sachbearbeitenden in der zuständigen Ausländerbehörde, die dafür das Fachverfahren ADVIS von Anbieter Kommunix inklusive Ablage im Dokumenten-Management-System nutzen. Zum Einsatz kommen außerdem die bekannten und etablierten Transportwege über die Übermittlungsstandards OSCI–Transport und XAusländer. Es braucht Fleiß und starke Nerven An den OZG-Pilotprojekten des Landes Brandenburg im Themenfeld Ein- und Auswanderung hat sich auch die Ausländerbehörde im brandenburgischen Kreis Teltow-Fläming beteiligt. Die Umsetzung eines solchen sachgebiets- und behördenübergreifenden Projekts bedeutete laut der Kommune zunächst Mehrarbeit, Fleiß und starke Nerven, da dies für alle Beteiligten Neuland war. Nachdem die Antragsstrecken für die Online-Anträge in mehreren Workshops erarbeitet wurden, die datenschutzrelevanten Themen geklärt sowie die technischen Voraussetzungen und vertraglichen Grundlagen geschaffen waren, konnte die Online-Beantragung für die Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen Ende 2020 starten. Aktuell kann man auf der Website des Landkreises online einen Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit und seit 2021 auch Daueraufenthaltsberechtigungen EU/EWR beantragen. Weitere Online-Anträge (etwa die Aufenthaltserlaubnis aus humanitären und familiären Gründen) befinden sich in der Planung oder Umsetzung. Der Service der Ausländerbehörde Teltow-Fläming lässt sich bequem von zu Hause aus nutzen. Die elektronische Übermittlung der Daten und Unterlagen reduziert zeitaufwendige Behördengänge. Gerade im ländlichen Raum, wo die Wege zur Behörde weiter sind, trägt das zur Entlastung der Kundinnen und Kunden bei. Unnötige Fahrten entfallen und das Vorsprechen in der Behörde kann auf ein Minimum beschränkt werden. Online-Anträge nehmen zu Während die Online-Anträge für Daueraufenthaltsberechtigungen EU/EWR noch über das besondere elektronische Behördenpostfach an die Ausländerbehörde übermittelt werden, wurde für die Online-Beantragung des Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit im vergangenen Jahr vonseiten der Firma Kommunix, Hersteller der im Kreis Teltow-Fläming verwendeten Fach-Software ADVIS, ein eigenes Tool zur Verfügung gestellt. Damit werden die Antragsdaten und die als Anlage hochgeladenen Unterlagen direkt in ADVIS übermittelt. Den Sachbearbeitenden der Ausländerbehörde wird in der Software der Antragseingang angezeigt und sie können in Ruhe die Prüfung des Antrags vornehmen. Die Antragsanlagen werden automatisch in der elektronischen Datei der betreffenden Person in der Fach-Software gespeichert, was einen zusätzlichen Scan-Vorgang oder – nach Einführung der E-Akte – gar das Ausdrucken der Anlagen künftig vollständig überflüssig machen wird. In Zukunft soll auch eine direkte Beantwortung mittels eines Rückkanals aus der Fach-Software heraus möglich sein, ebenso eine direkte Terminvergabe. Wurde das Angebot anfangs noch zögerlich genutzt, sind aktuell 46 Anträge online eingegangen. Der Online-Antrag erfolgt auf einem EfA-Antragsformular, also bundeseinheitlich mit geringen landesspezifischen Anpassungen. Der medienbruchfreie Prozess kann nun in den am EfA-Projekt teilnehmenden Ländern in allen Kommunen mit dem jeweils im Einsatz befindlichen Fachverfahren erfolgen. In Kürze erhalten die Antragsteller die Antwort auch nicht mehr per Post sondern im Portal. Termine sind dadurch aber nicht obsolet, der Fingerabdruck muss genommen werden, bevor der elektronische Aufenthaltstitel (eAT) abgeholt werden kann. Ein Terminvorschlag kann im digitalen Antragsprozess erfolgen. Auf dieser Basis konnte dann auch die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis für die ukrainischen Flüchtlinge sehr pragmatisch und unter Beteiligung von Praktikern aller Ebenen erheblich vereinfacht werden. Experten, Anwender und Fachleute kamen zusammen Was lässt sich also aus dem besonderen Vorgehen des Landes Brandenburg im OZG-Themenfeld Ein- und Auswanderung lernen? Zum einen war die beschriebene Lösung deshalb möglich, weil das Land alle am Markt beteiligten Fachverfahrenshersteller zum Gespräch gebeten hatte. Die Idee war es, funktionierende Strukturen zu nutzen und nur dort Neues auf den Weg zu bringen, wo Altes nicht vorhanden ist oder nicht mehr zeitgemäß funktioniert. Parallel wurde über Digitalisierungslabore hinaus die schnelle Rekrutierung von Pilotanwendern aus der Praxis betrieben. So kamen Experten, Anwender und Fachleute aus der Ausländerbehörde mit ihrem Fachwissen zu Prozessen, rechtlichen Voraussetzungen und Anforderungen mit denjenigen zusammen, die über eine hohe Expertise in der Verwaltungsdigitalisierung verfügen. Auch der seit Langem im Kontext Ausländerbehörde angewandte Standard XAusländer trug zum Erfolg bei. Diese Herangehensweise bringt nicht nur auf der Bürgerseite Erleichterung, sondern ermöglicht den Sachbearbeitenden auch eine schnellere und vor allem fehlerfreie Bearbeitung.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2022 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Aufenthalt Digital: Exportschlager aus Brandenburg
[22.08.2025] Der Onlinedienst Aufenthalt Digital entlastet nun bundesweit 300 Ausländerbehörden bei der Antragsbearbeitung. Zuletzt ging er im bayerischen Kreis Amberg-Sulzbach an den Start. In 150 weiteren Kommunen befindet sich die im Zuge des Onlinezugangsgesetzes (OZG) von Brandenburg entwickelte Lösung im Roll-out. mehr...
Digitale Wohnsitzanmeldung: Rheinland-Pfalz erreicht Flächendeckung
[13.08.2025] In Rheinland-Pfalz können jetzt alle Bürgerinnen und Bürger ihren Wohnsitz digital ummelden. Der flächendeckende Einsatz der entsprechenden Einer-für-Alle-Lösung aus Hamburg macht es möglich. mehr...
Bauwesen: Digitaltage in Merseburg
[08.08.2025] Ende August finden die Merseburger Digitaltage sowie der 17. brain-SCC Anwendertag statt. Im Mittelpunkt des Anwendertags stehen die EfA-Fokusleistung „Digitale Baugenehmigung“ und der VOIS-Vorgangsraum. mehr...
Oberkrämer: Einfacher zum Betreuungsplatz
[07.08.2025] In der brandenburgischen Gemeinde Oberkrämer steht Eltern seit Anfang August ein neues Onlineportal zur Verfügung, das die Suche und Anmeldung für Kitaplätze digitalisiert und erheblich vereinfacht. Zum Einsatz kommt dabei die Lösung von Anbieter Little Bird. mehr...
Osnabrück: EfA-Lösung für Bauanträge
[30.07.2025] Die Stadt Osnabrück nimmt Bauanträge ab August nur noch über die für das Land Niedersachsen entwickelte Einer-für-Alle (EfA)-Lösung entgegen. Bautechnische Nachweise sind über die Elektronische Bautechnische Prüfakte (ELBA) einzureichen. mehr...
E-Voting: Demokratische Teilhabe
[25.07.2025] Konstanz ermöglicht Jugendlichen seit 2023 eine digitale Wahl ihrer Jugendvertretung mit Open-Source-Technologie von wer denkt was. Das rechtssichere E-Voting erhöht die Beteiligung und senkt den Aufwand – auch für andere Kommunen. mehr...
Jobcenter Lippe: Onlineservice via Sozialplattform
[21.07.2025] Als bundesweit erste Kommune hat das Jobcenter Lippe eine EfA-Leistung der Sozialplattform NRW per FIT-Connect angebunden und wurde dabei vom Dienstleister OWL-IT unterstützt. mehr...
Bayern: DiPlanung im Roll-out
[17.07.2025] In Bayern ist jetzt der Roll-out der digitalen Bauleitplanungs- und Beteiligungsplattform DiPlanung gestartet. Er wird von Informations- und Unterstützungsangeboten begleitet. mehr...
Brandenburg: Weitere Kommunen starten Virtuelles Bauamt
[07.07.2025] Mit der Freischaltung des Virtuellen Bauamts in der Landeshauptstadt Potsdam sowie im Kreis Uckermark und der Stadt Schwedt ist in Brandenburg ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur flächendeckenden Digitalisierung der Bauantragsverfahren erreicht. mehr...
Wiesbaden: Neue Software im Bürgerbüro
[30.06.2025] Auf eine neue Software hat die Stadt Wiesbaden im Melde- und Passwesen umgestellt. Da es sich um eine landesweit für Hessen entwickelte Lösung handelt, können beispielsweise erprobte Services anderer Kommunen einfacher übernommen werden. Im Ergebnis lassen sich Verwaltungsvorgänge schneller bearbeiten. mehr...
Kita-Lösungen: Überblick ohne Aufwand
[27.06.2025] Die Vergabe von Kitaplätzen bringt viele Kommunen jedes Jahr an ihre Grenzen: hoher Verwaltungsaufwand, fehlende Transparenz und unzufriedene Eltern prägen den Prozess. Dabei könnte Software eine digitale, effiziente und faire Vergabe unterstützen. mehr...
Sonnen: Meldedaten in der Cloud
[26.06.2025] Da der lokale IT-Betrieb immer anspruchsvoller wird, ist die Gemeinde Sonnen mit ihrem Einwohnerfachverfahren in die Cloud gewechselt. Es wird nun im Rechenzentrum der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) betrieben. Die Migration verlief reibungslos. mehr...
Verkehrsordnungswidrigkeiten: Privatanzeigen in Mainz nur noch digital
[19.06.2025] Privatanzeigen im ruhenden Verkehr können in der Stadt Mainz künftig ausschließlich digital übermittelt werden. Mit dem neuen Onlinedienst will die Stadt den Bürgerservice verbessern und die Effizienz steigern. mehr...
Erfurt: Elektronische Wohnsitzanmeldung pilotiert
[13.06.2025] In Thüringen kommt der Roll-out der elektronischen Wohnsitzanmeldung in Gang: Nach Meiningen ist Erfurt die zweite Kommune, die den neuen Onlinedienst pilotiert. Von dem Service profitieren Personen, die innerhalb der Stadt umziehen ebenso wie Zuzügler. mehr...
Greven: Digitalisierung der Bauverwaltung
[12.06.2025] Bauanträge können in Greven jetzt auch digital gestellt werden. Dazu nutzt die Stadt die Fachanwendung ProBAUG sowie die Onlineplattform Prosoz elan comfort des Anbieters Prosoz. mehr...