Smart CityHerzstück digitaler Infrastruktur

Software AG und SAP realisieren Smart-City-Plattform.
Werner Rieche, Regional President DACH der Software AG, und Susanne Diehm, Leiterin Public & Healthcare sowie Mitglied der Geschäftsleitung von SAP Deutschland
(Bildquelle: SAP)
SAP und Software AG haben auf der Smart Country Convention (20. bis 22. November 2018, Berlin) ihre Kooperation für den Aufbau einer offenen Smart-City-Plattform bekanntgegeben (wir berichteten). Mit ihr sollen Städte, Gemeinden und Landkreise individuelle Smart-City- und Smart-Country-Vorhaben eigenverantwortlich umsetzen und den Bürgern neue intelligente Services anbieten können. Die Plattform kann modular erweitert werden, wenn projektbezogen neue Anforderungen hinzukommen.
Die beiden größten Software-Häuser Deutschlands haben die Lösung eigenen Angaben zufolge in Anlehnung an die Normierungsinitiative DIN SPEC Offene Urbane Plattform 91357 der EU erstellt. Sie umfasse ein abgestimmtes Zusammenspiel von Komponenten aus den Bereichen Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), Big Data und künstliche Intelligenz sowie eine Entwicklungsplattform für smarte Apps. Dabei integriere sie bestehende Dateninseln und sei offen für andere Lösungsanbieter – vom kommunalen Betrieb über den IT-Dienstleister bis hin zum Start-up.
Datenkontrolle und Kosteneffizienz
„Zusammen mit SAP werden wir eine zukunftsweisende digitale Plattform für die Kommunen in Deutschland aufbauen“, sagt Werner Rieche, Regional President DACH der Software AG. „Damit können Städte, Gemeinden und kommunale Betriebe den Weg zur vernetzten Verwaltung und zu neuen intelligenten Services gemeinschaftlich und souverän gestalten.“ Susanne Diehm, Leiterin Public & Healthcare sowie Mitglied der Geschäftsleitung von SAP Deutschland, ergänzt: „Smarte Länder und Städte können nur mithilfe einer smarten und offenen Plattform realisiert werden. Die gemeinsame Nutzung unserer Plattform soll allen Mitgliedern der kommunalen Familie ein hohes Maß an Datenkontrolle und Kosteneffizienz garantieren.“
Smarter Winterdienst
Nach Aussage von Susanne Diehm ist die Smart-City-Plattform der richtige Weg für Kommunen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein Beispiel dafür war als Showcase auf der Smart Country Convention zu sehen: der smarte Winterdienst. Dabei liefert ein Aufsatz für ein Fahrzeug im Winterdienst relevante Daten rund um den Streudienst über Sensoren in Echtzeit in die Cloud und stellt sie für eine weitere Verarbeitung auf der SAP-HANA-Plattform bereit. Dort werden sie analysiert und greifbar gemacht. So lassen sich die Route des Streufahrzeugs und die Streumengen optimieren. Die Software AG steuert hierfür verschiedene IoT-Services bei, etwa für das Geräte-Management, das Onboarding von Sensoren sowie die Datenübermittlung an die Plattform.
Ganz neue Anwendungsmöglichkeiten
Die Anwendungsmöglichkeiten der Smart-City-Plattform beschränken sich aber selbstverständlich nicht auf den Winterdienst. Wie die Smart-City-Experten Christopher Hönn (Software AG) und Bernd Simon (SAP) gegenüber Kommune21 erläutern, sind grundsätzlich alle Einsatzbereiche denkbar. Insbesondere unterstütze die Plattform die Integration und Auswertung der unterschiedlichsten Daten aus dem kommunalen Umfeld. Klassische Software-Anwendungen können das nach Angaben der Experten nicht leisten, da sie für ganz bestimmte Anwendungsfälle konzipiert sind, etwa die Ampelsteuerung im Stadtverkehr, und nur von bestimmten Organisationen, wie dem Verkehrsreferat, genutzt werden können. „Die Smart-City-Plattform vernetzt diese Einsatzbereiche und bietet somit ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, wenn beispielsweise die Ampeln des Verkehrsreferats anhand der aktuellen Luftqualitätsdaten vom Umweltreferat gesteuert werden sollen.“ Da die Plattform offen und skalierbar sei, gebe es von technischer Seite keine Grenzen bei der Vernetzung der unterschiedlichsten kommunalen Daten und Anwendungen.
Neue Form der Kooperation
Im Kern sorgt die Smart City dafür, dass die verschiedenen Stakeholder besser miteinander arbeiten können, sind die Experten von SAP und Software AG überzeugt. Das gelte für Bürger und ortsansässige Unternehmen ebenso wie für die kommunale Verwaltung mit ihren Betrieben und Trägern. „Die digitale Plattform ist nicht der Zweck, aber sie fördert und fordert diese neue Form der Kooperation. So können neue Erkenntnisse in sehr viel kürzerer Zeit und besserer Qualität gewonnen werden.“ Wenn beispielsweise ein neues Konzept für den innerstädtischen Fahrradverkehr mit Radwegen, Verleihstationen, Entschärfung von Unfallschwerpunkten und tageszeit- sowie wetterbedingten Nutzungsschwankungen erarbeitet wird, dann sind daran mehrere Referate über viele Monate hinweg beteiligt. Mit einer Plattform hingegen lassen sich die unterschiedlichsten Datenquellen für komplexe Analysen und Planungsszenarien sofort nutzen, so die Experten.
„Zum anderen wird die Plattform Herzstück der zukünftigen kommunalen digitalen Infrastruktur, die – einmal implementiert – mit vergleichsweise geringen Kosten für neue Teilnehmer erweitert werden kann“, meinen Christopher Hönn und Bernd Simon. Je mehr der zahlreichen kommunalen Akteure die gemeinsame Plattform nutzen, desto effizienter und kostengünstiger werde sie. Das Internet of Things stecke noch in den Kinderschuhen. Immer mehr Sensoren und Aktoren werden in kommunale Fahrzeuge, Maschinen, Gebäude und Straßen eingebaut und erzeugen so eine neue digitale Infrastruktur. In diesem Zusammenhang sei es nach Angaben der Smart-City-Experten wünschenswert, die dafür notwendige IoT-Plattform nur einmal für alle Teilnehmer aufbauen zu müssen anstatt immer wieder neu für jeden einzelnen Teilnehmer.
Kultur des Ausprobierens
Als erfolgsentscheidend auf dem Weg zur Smart City bezeichnen Hönn und Simon klare Ziele, realistische Erwartungen aller Beteiligten und das Verständnis, dass es im Kern um die Menschen und eine sehr anspruchsvolle Organisationsveränderung geht und nicht um eine neue IT-Funktionalität. Die Kooperation zwischen den Kommunen, den Verwaltungsbereichen und den Betrieben müsse neu gestaltet werden. Das erfordere von der Verwaltung die Bereitschaft zur Veränderung sowie eine entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung. Erfahrungsgemäß werde die Arbeit für die Beschäftigten nicht weniger. Sie verlagere sich auf neue Aufgabenbereiche. Der Wandel gelinge nur, wenn er von den Verantwortlichen hinreichend unterstützt und geführt wird. „Damit man nicht an diesem übergroßen Zielbild scheitert, braucht es eine Roadmap mit kleineren Schritten und konkreten Zwischenergebnissen, eine Kultur des Ausprobierens und des Lernens aus Fehlern – den eigenen ebenso wie denen von anderen –, Strategieanpassungen, wo notwendig, und einen langen Atem“, sind die Smart-City-Experten überzeugt.
http://www.softwareag.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März 2019 von Kommune21 im Schwerpunkt Smart City erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Verl: Mit LoRaWAN zur Smart City
[16.09.2025] Für den Ausbau ihres LoRaWAN richtet die Stadt Verl ein Testfeld für unterschiedliche Sensoren und Technologien ein. Die gesammelten Daten sind über ein Dashboard öffentlich einsehbar. mehr...
Baden-Württemberg: Digitale Parkraumkontrolle steigert Effizienz
[15.09.2025] In Baden-Württemberg läuft seit einigen Monaten ein Pilotversuch zur Parkraumkontrolle mittels Scan-Fahrzeug. Eine erste Auswertung zeigt nun: Damit lässt sich eine massive Effizienzsteigerung erzielen. mehr...
Smart City Index 2025: An der Spitze wird es eng
[11.09.2025] Der Branchenverband Bitkom hat seinen diesjährigen Smart City Index veröffentlicht. Im Ranking der digitalsten deutschen Großstädte konnte München seinen ersten Platz verteidigen – liegt aber nur noch knapp vor der Freien und Hansestadt Hamburg. Auf Platz 3 hat sich Stuttgart vorgeschoben, Aufsteiger des Jahres ist Hannover. mehr...
Wolfsburg-App: Behindertenparkplatz frei?
[09.09.2025] Welche Behindertenparkplätze in der Innenstadt frei sind, wird bald die Wolfsburg-App in Echtzeit anzeigen. Derzeit werden die entsprechenden Stellplätze mit Bodensensoren ausgestattet. mehr...
Bitkom: Top Ten des Smart City Index
[08.09.2025] Der Bitkom hat eine Shortlist der zehn bestplatzierten Städte des Smart City Index veröffentlicht. Deutlich wird, dass die Großstädte in Deutschland messbar digitaler werden: 2021 lag der Durchschnitt des Indexwertes aller Städte bei 52,4 Punkten, in diesem Jahr sind es 70,8 Punkte. mehr...
Mönchengladbach: Starkregenvorsorge und Bibermanagement
[05.09.2025] Mit Sensoren an und in der Niers wollen Mönchengladbach und das Versorgungsunternehmen NEW fundierte Erkenntnisse über die Auswirkungen von Biberaktivitäten sammeln. Dazu zählen Sensoren zur Messung des Wasserpegels, des Nährstoffgehalts und der Trübung des Wassers, aber auch Wettersensoren, die für das Starkregen- und Hochwassermanagement an Gebäuden angebracht werden. mehr...
Smart City Ranking 2025: München erneut auf Platz eins
[04.09.2025] München schafft es zum dritten Mal in Folge auf Platz eins im Smart City Ranking von Haselhorst Associates. Aber auch die übrigen 416 untersuchten Städte ab 30.000 Einwohnern zeigen, dass die Smart-City-Entwicklung hierzulande dynamisch voranschreitet. mehr...
Kreis Hof: Installation von Taupunktsensoren
[04.09.2025] Der Landkreis Hof will den Winterdienst effizienter, sicherer und ressourcenschonender gestalten. Mit diesem Ziel installiert er an 130 Standorten Taupunktsensoren. Die erfassten Daten werden in einer webbasierten Anwendung zusammengeführt, wo sie die Bauhöfe zentral abrufen können. mehr...
Smart City: Interaktive Storymap
[29.08.2025] In einer interaktiven Storymap stellt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) 30 Smart-City-Projekte aus dem deutschsprachigen Raum vor. Sie lassen sich nach Handlungsfeld, Bundesland, Kosten, Nachnutzbarkeit und Aufwand filtern und werden unter anderem in vertiefenden Steckbriefen beschrieben. mehr...
Essen: Kräftiger Digitalisierungsschub
[28.08.2025] Essen treibt sowohl die Digitalisierung der Verwaltung als auch den Ausbau zur Smart City voran: Über 500 Verwaltungsleistungen sind online verfügbar, zusätzlich informieren neue Plattformen über mehr als 60 Smart-City-Projekte. mehr...
Hanau / Maintal / Schöneck: Vier geförderte Smart-Region-Projekte
[28.08.2025] Mit insgesamt 1,55 Millionen Euro fördert das Land Hessen vier Smart-Region-Projekte in Hanau, Maintal und Schöneck. In diesen Projekten sollen Sensoren, ein Digitaler Zwilling und andere smarte Lösungen eingesetzt werden, die Planungsprozesse verbessern, Abläufe optimieren und den Alltag der Bürgerinnen und Bürger erleichtern. mehr...
Ostalbkreis: Zertifizierte Smart City Experts
[25.08.2025] Als zertifizierte Smart City Experts unterstützen nun neun Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter die Digitalisierung des Landratsamts Ostalbkreis. Ein deutschlandweit einmaliger Lehrgang beim Zentrum für digitale Entwicklung Westhausen (ZDE) hat sie auf diese Aufgabe vorbereitet. mehr...
Halle (Saale): Einbau von Systemen zur Fahrgastzählung
[25.08.2025] Die Hallesche Verkehrs-AG rüstet ihre Busse und Bahnen mit neuer Technik zur Echtzeiterfassung der Auslastung aus. Ab Ende 2026 sollen Fahrgäste direkt in der Auskunft sehen können, wie voll ihr Fahrzeug ist. mehr...
Hessen: Starkregenalarmsystem wird ausgerollt
[21.08.2025] Das Land Hessen baut den smarten Starkregenschutz aus. Künftig werden Starkregenfrühalarmsysteme nahezu die Hälfte der Landesfläche abdecken. Das System wurde in Fulda pilotiert und jetzt von zahlreichen Kommunen nachgenutzt. mehr...
Smart City: Reallabor für kommunale Anwendungsfälle
[19.08.2025] Der Smart City Campus in Westhausen ist nun als offizielles Reallabor des Bundes anerkannt. Dort werden kommunale Technologien wie intelligentes Parkraummanagement, Umweltmonitoring und 5G-Anwendungen unter realen Bedingungen erprobt und weiterentwickelt. mehr...