Dienstag, 9. September 2025

E-VotingDemokratische Teilhabe

[25.07.2025] Konstanz ermöglicht Jugendlichen seit 2023 eine digitale Wahl ihrer Jugendvertretung mit Open-Source-Technologie von wer denkt was. Das rechtssichere E-Voting erhöht die Beteiligung und senkt den Aufwand – auch für andere Kommunen.
Ein stilvoll mit Graffiti versehenes Haus.

Jugendpartizipation kann Demokratieskepsis entgegenwirken.

(Bildquelle: Stadt Konstanz)

Kommunen suchen digitale Wege, um Bürgerinnen und Bürger unkompliziert an politischen Prozessen zu beteiligen. Was vielerorts wie Zukunfts­musik klingt, ist in Konstanz gelebte Praxis auf Basis von Open Source. Rund vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind zwischen 14 und 18 Jahre alt, in Konstanz sind es sogar 5,24 Prozent. Diese Altersgruppe wähnt sich oft noch außerhalb politischer Verantwortung. Doch gerade diese Phase ist entscheidend, um Interesse für Demokratie und Mitbestimmung zu wecken. Fehlen frühe Gelegenheiten zur Partizipation, sinkt die Wahrscheinlichkeit späterer Beteiligung erheblich. Die Stadt Konstanz setzt diesem Trend etwas entgegen: Mit einer Jugendvertretung, die reale Mitsprache bietet, und einem Beteiligungsverfahren, das Jugendlichen technisch, rechtlich und kulturell entgegenkommt. Kommunale Beteiligungsformate wie Jugendvertretungen machen Politik konkret greifbar. In Konstanz geschieht dies seit 2022 in Form einer gewählten Jugendvertretung. Diese ist Sprachrohr und Ideengeberin, Ansprechpartnerin und Impulsgeberin.

Seit die Stadtverwaltung das ­E-Voting-Tool im Jahr 2023 eingeführt hat, steigt die Wahlbeteiligung. Beim ersten Durchlauf nahmen rund 8,4 Prozent der Wahlberechtigten teil, 2024 waren es über 14 Prozent. Für 2025 wird ein weiterer Anstieg erwartet. Diese Zahlen sind kein Zufall. Die digitale Stimmabgabe bietet gerade für junge Menschen viele Vorteile: Sie haben das Wahllokal in Form ihres Smartphones ohnehin stets zur Hand, zudem ist die Wahl über mehrere Tage freigeschaltet und gestattet dadurch viel Flexibilität. Mit einem Scan des QR-Codes und der Eingabe eines Zugangscodes können die Jugendlichen orts- und zeitunabhängig niedrigschwellig in ihrem Alltagsmedium wählen. 

Transparent und datenschutzkonform

Der gesellschaftliche Effekt des E-Votings ist nicht zu unterschätzen – dabei entsteht ein Gefühl institutioneller Nähe und somit ein Schlüsselmoment für nachhaltige Systembindung. Für die Verwaltung zahlt sich das digitale Format ebenfalls aus. Es reduziert den organisatorischen Aufwand und spart Kosten, indem die Organisation von Terminen und Orten für eine Abstimmung, der Versand von Wahlunterlagen und die Auszählung entfallen. Die Auswertung erfolgt automatisiert, sodass Ergebnisse schon wenige Stunden nach Wahlschließung vorliegen. Auch die Mitglieder der Jugendvertretung Konstanz sind froh über die verbesserte Mitsprache: „Mit der Onlinewahl können alle Jugendlichen einfach und flexibel abstimmen – egal ob von zu Hause, aus der Schule oder unterwegs. Sie ermöglicht eine niedrigschwellige Beteiligung und trägt dazu bei, dass möglichst viele junge Menschen ihre Stimme abgeben und so mitbestimmen können, welche Themen und Anliegen für sie wichtig sind und in der Jugendvertretung repräsentiert werden“, so der Vorstand der Jugendvertretung.

Entwickelt wurde das eingesetzte E-Voting-System vom auf Bürgerbeteiligung spezialisierten Unternehmen wer denkt was, das auf Open Source setzt. Die Architektur des Tools ermöglicht volle Transparenz und Datenschutzkonformität. In Konstanz wurde das System gemeinsam mit der Wahlleitung entwickelt und erfüllt alle rechtlichen und technischen Anforderungen für kommunale Abstimmungen.

Wahlprozess individuell anpassen

Das quelloffene System kann auch von anderen Kommunen genutzt, weiterentwickelt oder in bestehende Portale integriert werden. So fördert es Innovation, spart Ressourcen und ermöglicht eine übergreifende Zusammenarbeit, ganz im Sinne eines modernen Public Sector. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Möglichkeit zur individuellen Anpassung des Wahlprozesses an die Vorgaben der jeweiligen Kommune. Die Wahlleitung in Konstanz etwa setzt auf eine analoge Informationsphase, gefolgt von einer digitalen Stimmabgabe. So entsteht ein hybrides Verfahren, das medienpädagogische und organisatorische Vorteile verbindet und den Jugendlichen echte Mitsprache ermöglicht.

Gerade in Zeiten wachsender Demokratieskepsis eröffnet digitale Jugendpartizipation einen Weg, Vertrauen aufzubauen, politische Bildung zu fördern und neue Beteiligungskulturen zu etablieren. „Das Zusammenspiel aus kommunaler Gestaltungskraft, Open-Source-Technologie und professioneller Begleitung schafft hier einen greifbaren Mehrwert für alle Beteiligten. Wer heute Jugendliche online wählen lässt, stärkt morgen die Demokratie“, erklärt Theresa Lotichius, Geschäftsführerin bei wer denkt was. Das Beispiel Konstanz zeigt, dass es möglich ist, digitale Jugendwahlen zielgruppengerecht umzusetzen. Gleichzeitig liefert das Projekt wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung digitaler Wahl- und Beteiligungsverfahren im gesamten Public Sector. Denn ob Kinder- beziehungsweise Jugendvertretung oder -parlament: Der  Gang zur Urne muss heute kein physischer mehr sein.

Larissa Weis ist Wahlleiterin der Stadt Konstanz; Marc Schäfer ist Teamleiter Umfragen & Analysen bei der wer denkt was GmbH.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren
Drei Personen aus dem Bereich Bauordnung der Stadt Gütersloh neben einem Bildschirm am Tisch stehend

Gütersloh: KI-Potenzial für Baugenehmigung

[09.09.2025] Das Potenzial von KI im Bereich Baugenehmigungen wird gerade in Gütersloh getestet. Dazu erprobt der Fachbereich Bauordnung neue Lösungen in seiner Fachanwendung. mehr...

Kreis Peine: Elterngeldantrag ab sofort online möglich

[03.09.2025] Eltern im Landkreis Peine können den Elterngeldantrag ab sofort online stellen. Damit entfallen Papierformulare, Wartezeiten und Medienbrüche. mehr...

Eine Person steht an der Grenze zu Deutschland.

Aufenthalt Digital: Exportschlager aus Brandenburg

[22.08.2025] Der Onlinedienst Aufenthalt Digital entlastet nun bundesweit 300 Ausländerbehörden bei der Antragsbearbeitung. Zuletzt ging er im bayerischen Kreis Amberg-Sulzbach an den Start. In 150 weiteren Kommunen befindet sich die im Zuge des Onlinezugangsgesetzes (OZG) von Brandenburg entwickelte Lösung im Roll-out. mehr...

Eine Frau sitzt zwischen Umzugskartons und hält ein Smartphone in der Hand.

Digitale Wohnsitzanmeldung: Rheinland-Pfalz erreicht Flächendeckung

[13.08.2025] In Rheinland-Pfalz können jetzt alle Bürgerinnen und Bürger ihren Wohnsitz digital ummelden. Der flächendeckende Einsatz der entsprechenden Einer-für-Alle-Lösung aus Hamburg macht es möglich. mehr...

Mehrere Personen sitzen im Hörsaal einer Hochschule.
bericht

Bauwesen: Digitaltage in Merseburg

[08.08.2025] Ende August finden die Merseburger Digitaltage sowie der 17. brain-SCC Anwendertag statt. Im Mittelpunkt des Anwendertags stehen die EfA-Fokusleistung „Digitale Baugenehmigung“ und der VOIS-Vorgangsraum. mehr...

Zwei Kleinkinder spielen in einem Raum.

Oberkrämer: Einfacher zum Betreuungsplatz

[07.08.2025] In der brandenburgischen Gemeinde Oberkrämer steht Eltern seit Anfang August ein neues Onlineportal zur Verfügung, das die Suche und Anmeldung für Kitaplätze digitalisiert und erheblich vereinfacht. Zum Einsatz kommt dabei die Lösung von Anbieter Little Bird. mehr...

Eine Person macht in einem Büro Notizen in einem Bauplan.

Osnabrück: EfA-Lösung für Bauanträge

[30.07.2025] Die Stadt Osnabrück nimmt Bauanträge ab August nur noch über die für das Land Niedersachsen entwickelte Einer-für-Alle (EfA)-Lösung entgegen. Bautechnische Nachweise sind über die Elektronische Bautechnische Prüfakte (ELBA) einzureichen. mehr...

Jobcenter Lippe: Onlineservice via Sozialplattform

[21.07.2025] Als bundesweit erste Kommune hat das Jobcenter Lippe eine EfA-Leistung der Sozialplattform NRW per FIT-Connect angebunden und wurde dabei vom Dienstleister OWL-IT unterstützt. mehr...

Bildschirm, der die Plattform DiPlanung zeigt

Bayern: DiPlanung im Roll-out

[17.07.2025] In Bayern ist jetzt der Roll-out der digitalen Bauleitplanungs- und Beteiligungsplattform DiPlanung gestartet. Er wird von Informations- und Unterstützungsangeboten begleitet. mehr...

Start des virtuellen Bauamts im Landkreis Uckermark

Brandenburg: Weitere Kommunen starten Virtuelles Bauamt

[07.07.2025] Mit der Freischaltung des Virtuellen Bauamts in der Landeshauptstadt Potsdam sowie im Kreis Uckermark und der Stadt Schwedt ist in Brandenburg ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur flächendeckenden Digitalisierung der Bauantragsverfahren erreicht. mehr...

Panoramasicht von oben auf die Stadt Wiesbaden.

Wiesbaden: Neue Software im Bürgerbüro

[30.06.2025] Auf eine neue Software hat die Stadt Wiesbaden im Melde- und Passwesen umgestellt. Da es sich um eine landesweit für Hessen entwickelte Lösung handelt, können beispielsweise erprobte Services anderer Kommunen einfacher übernommen werden. Im Ergebnis lassen sich Verwaltungsvorgänge schneller bearbeiten. mehr...

Zwei Kleinkinder spielen in einem Raum.
bericht

Kita-Lösungen: Überblick ohne Aufwand

[27.06.2025] Die Vergabe von Kitaplätzen bringt viele Kommunen jedes Jahr an ihre Grenzen: hoher Verwaltungsaufwand, fehlende Transparenz und unzufriedene Eltern prägen den Prozess. Dabei könnte Software eine digitale, effiziente und faire Vergabe unterstützen. mehr...

Blick auf viele Personen von oben, im Hintergrund sind zweidimensionale Wolken zu sehen

Sonnen: Meldedaten in der Cloud

[26.06.2025] Da der lokale IT-Betrieb immer anspruchsvoller wird, ist die Gemeinde Sonnen mit ihrem Einwohnerfachverfahren in die Cloud gewechselt. Es wird nun im Rechenzentrum der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) betrieben. Die Migration verlief reibungslos. mehr...

Schild für Behindertenparkplatz vor einer Häuserwand

Verkehrsordnungswidrigkeiten: Privatanzeigen in Mainz nur noch digital

[19.06.2025] Privatanzeigen im ruhenden Verkehr können in der Stadt Mainz künftig ausschließlich digital übermittelt werden. Mit dem neuen Onlinedienst will die Stadt den Bürgerservice verbessern und die Effizienz steigern. mehr...