Daten-Management:
Ökosysteme aufbauen


[1.3.2024] Die Daseinsvorsorge von Kommunen steht vor vielfältigen Herausforderungen, darunter die gesteigerte Resilienz der Innenstädte gegen Krisen. Das Beispiel der Stadt Freiburg zeigt, wie sich die Verwaltung mit einem Datenökosystem wappnen kann.

Im Projekt FreiburgRESIST wird eine Resilienz-Management-Lösung entwickelt. Es muss zu einer Selbstverständlichkeit werden, Daten effektiv zu erheben, zu nutzen und zu verwalten. So ist es in der im vergangenen September beschlossenen Datenstrategie der Bundesregierung (wir berichteten) nachzulesen. Datennutzung und Digitalisierung der Verwaltung sind untrennbar verknüpft. Mithilfe der Datenökonomie entstehen vielfältige Ideen, um Smart-Services für die Verwaltung zu generieren. Die moderne Datenökonomie verbindet Daten und Datentöpfe. Auf diese Weise entstehen Datenräume, die sich intelligent zu Datenökosystemen verknüpfen und bewirtschaften lassen. Durch die Nutzbarmachung von Daten aus verschiedensten Quellen entsteht die Chance, intelligente Services für vielfältige Einsatzbereiche zu realisieren, wie etwa für Mobilität und Verkehr, Energie, Smart Living, Landwirtschaft, öffentliche Sicherheit, Justiz, Bildung und Gesundheit.
Beflügelt wird die Datenökonomie durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). So lassen sich Daten semantisch verstehen, Vorhersagen treffen oder – mithilfe Generativer KI – ganz neue Inhalte aus vorhandenen Daten generieren. Dynamische Lagebilder mit KI-gestützter Datenanalyse sind ebenso möglich wie der optimierte Einsatz der Organe der Inneren Sicherheit, etwa beim Katastrophenschutz.

Föderale Datenräume unterstützen kommunale Daseinsvorsorge

Um den ökonomischen Nutzen der Daten zu erschließen, gilt es zunächst zu analysieren: Welche Anforderungen haben einzelne Behörden, Unternehmen oder auch Privatpersonen an die Daten und an auf ihnen basierende Prozesse? Welchen Nutzen erwarten sie? Welche Rechte haben sie an ihren Daten und welche Erwartungen daran, dass diese bestmöglich zu ihrem Vorteil genutzt werden? Was brauchen die Technologiedienstleister und Regulierungsbehörden des gesetzeskonformen Datenaustauschs, um ihre Aufgaben erfüllen zu können? Und wie lassen sich all diese Aspekte bei der Entwicklung neuer Datendienste berücksichtigen, insbesondere beim Einsatz Künstlicher Intelligenz? Um diese und weitere Fragen zu klären, arbeiten zahlreiche Gremien und Projekt-Teams auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung an Datenmodellen, Infrastrukturkonzepten, digitalen Bebauungsplänen und Regelwerken auf nationaler und internationaler, insbesondere europäischer, Ebene. Auch IT-Dienstleister Materna hat ein Architekturmodell für ein föderales Daten-Management entwickelt.
Die genannten Herausforderungen der Daseinsvorsorge kann eine Kommune heute kaum mehr alleine bewältigen. Föderale Datenräume können wichtige Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge unterstützen. Hierbei arbeiten Kommunen mithilfe vernetzter Systeme mit der Landes- und Bundesebene zusammen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bevölkerungsschutz der Stadt Freiburg. Mit FreiburgRESIST wurde ein Projekt gestartet, um eine Resilienz-Management-Lösung einzuführen, die Akteure auf verschiedenen Ebenen einbezieht.

Dynamisches System für Einsatzkräfte

Dazu Oberbürgermeister Martin Horn: „Gerade in Freiburg haben wir es mit den engen Gassen in der Altstadt mit einer besonders kniffligen Ausgangslage zu tun – wenn hier bei einer Großveranstaltung etwas passiert, stehen Einsatzkräfte vor zahlreichen Herausforderungen. Um in so einem Fall besser und schneller reagieren zu können, müssen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Deswegen bin ich froh, dass FreiburgRESIST ein dynamisches System entwickelt, das die Einsatzkräfte unterstützt und unser Freiburg noch ein Stück sicherer machen wird.“
Ein Resilienz-Management-System ermöglicht eine einsatzkräfteübergreifende Planung, Bewältigung und Nachbereitung von Krisensituationen. Stadt, Polizei, Feuerwehr und Gesundheitsdienste erhalten ein übergreifendes Lagebild zur Gesamtsituation unter direkter Beteiligung von geschulten Nutzergruppen aus der Zivilbevölkerung, die über Apps nicht nur gewarnt und informiert werden können, sondern sich auch aktiv an der Bewältigung von Krisen – zum Beispiel durch Meldungen an die Sicherheitsbehörden – beteiligen können.
Das für Freiburg zu entwickelnde dynamische, vernetzte Resilienz-Management-System unterstützt zum einen bei der Vorbereitung und Planung des Sicherheitskonzepts für große Veranstaltungen. Zum anderen hilft es den Einsatzkräften mit zahlreichen über die Hilfsdienste vernetzten Daten und ortsgenauen Lagebildern bei der Durchführung und der Reaktion auf sich stetig ändernde Lagen. Zusätzlich soll das System in Krisen- und Großlagen unterschiedlichster Art weitergehende Informationen für die Lage- und Einsatzzentren bereitstellen. Veranstaltungen können im Nachgang ausgewertet werden, um darauf aufbauend weitergehende Analysen und Reportings zu erstellen. Das wiederum soll die Planung und Zusammenarbeit verbessern.

Bundesweiter Einsatz denkbar

Sensoren im öffentlichen Raum, die nur das Besucheraufkommen, aber nicht den einzelnen Besucher tracken, helfen präventiv zu vermeiden, dass zu viele Menschen auf zu engem Raum in eine Massenpanik geraten. Dazu wird schon im Vo­raus definiert, bei welchen Werten welche Bereiche evakuiert, gesperrt oder geöffnet werden und wie die unterschiedlichen Organe zusammenarbeiten – Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste. Ein wichtiger Bestandteil des Systems, das Datenbanken auf verschiedenen Ebenen verbinden wird, sind von Materna entwickelte Konnektoren. Sie prüfen den Datenaustauch permanent automatisch und stellen so sicher, dass die Anforderungen an die Datenqualität und Zugriffsregelungen eingehalten werden.
Im Projekt FreiburgRESIST ist Materna größter Umsetzungspartner bei der Koordination, Entwicklung und Integration der Funktionsbausteine in das Gesamtsystem. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Vorhaben wird in den kommenden Jahren umgesetzt. Das Projekt hat sich beim Förderwettbewerb „Sifo Life – Demonstration innovativer, vernetzter Sicherheitslösungen“ zusammen mit vier anderen Projekten gegen neun Kommunen durchgesetzt.
Denkbar ist neben der Fortführung mit der Polizei und Feuerwehr in Freiburg auch der bundesweite Einsatz im Bereich Zivil- und Bevölkerungsschutz, bei Großlagen im Bereich der Gefahrenabwehr sowie in mobilen Leit- und Einsatzstellen der Polizei und Feuerwehr. Dazu wird eine über die Projektlaufzeit hinausgehende Zusammenarbeit mit den entsprechenden Landes- und Bundesbehörden angestrebt.
Für einen intelligenten, mehrwertgenerierenden Datenraum stehen verschiedene Lösungsbausteine bereit, die sich individuell kombinieren lassen. Die wichtigsten sind Generative KI, Data Governance (Regelung der Datenhoheit in einer Organisation), Data Engineering und Data Analytics (Erfassung und Verarbeitung von Daten mit dem Ziel, Daten zu Datenprodukten zu veredeln und als Smart-Services für Nutzende bereitzustellen) sowie Geo-Informationssysteme.

Thomas Feld ist Abteilungsleiter Data Economy und AI bei Materna.

https://www.freiburg.de
https://www.materna.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Februar 2024 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: IT-Infrastruktur, Materna, Datenökonomie, künstliche Intelligenz, Katastrophenschutz, Freiburg

Bildquelle: Stadt Freiburg

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