Bremen:
Digitaler Zwilling


[7.9.2020] Über eine 3D-Modellierung kann Bremen online aus Fußgänger- oder Vogelperspektive erkundet werden. Die Verwaltung profitiert davon unter anderem bei Planungsprozessen. Als nächstes stehen übergreifende Anwendungen mit anderen Fachbehörden auf der Agenda.

Bremen kann dreidimensional online begangen oder beflogen werden. Die Stadtgemeinde Bremen steht in den kommenden Jahren vor großen ökologischen, infrastrukturellen und sozialen Herausforderungen. Die schnelle und einfache Verfügbarkeit aktueller Informationen über die Stadt erweist sich dabei als Voraussetzung für die Gestaltung der modernen Kommune. Um dieser Herausforderung gewachsen zu sein, arbeitet das Landesamt GeoInformation derzeit an einer 3D-Modellierung und -Visualisierung der gesamten Stadt – an einem so genannten digitalen Zwilling (wir berichteten).
Durch die Verknüpfung des digitalen Zwillings mit weiteren Fachdaten kann Bremen stadtgestalterische, soziale, wirtschaftliche und ökologische Veränderungen besser analysieren und auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Der Auf- und Ausbau eines virtuellen Klons ist dabei als ein System von Systemen zu verstehen, in dem die Daten der Stadt zusammengeführt und über standardisierte Schnittstellen interoperabel für die verschiedensten Anwendungen bereitgestellt werden. Trotz der großen Menge der Daten und deren Komplexität beschleunigt die Zusammenführung die Entscheidungsprozesse, macht sie transparenter und bietet die Gewähr, alle notwendigen Aspekte erkannt und berücksichtigt zu haben.

Vorteilhafte Datennutzung

Daher hat sich das Landesamt GeoInformation Bremen für den Aufbau eines Kompetenzzentrums Digitaler Zwilling entschieden. Um diese vorteilhafte Art der Datennutzung erfolgreich zu etablieren, ist es wesentlich, dass das Vorgehen von weiteren Ressorts und Abteilungen, Ämtern und Betrieben aufgegriffen und die jeweils intern erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Das Kompetenzzentrum soll sich zum zentralen Ansprechpartner für Fragen zur Bereitstellung und Nutzung städtischer Daten entwickeln. Dabei sollen unter anderem Informationen über standardisierte Schnittstellen des digitalen Zwillings bereitgestellt, weitere Daten aus den Systemen von Fachbehörden, Betrieben und Dritten integriert und Bedarfsworkshops mit diesen durchgeführt werden.
Den ersten Schritt, den das Landesamt beim Aufbau eines digitalen Zwillings erreicht hat, ist, die bisherige Zweidimensionalität in Form von klassischen Kartenwerken (Liegenschaftskarten, Stadtgrundkarten oder topografischen Karten) in eine Dreidimensionalität zu überführen: Auf einer eigenen Website stellt das Landesamt über eine Plug-in-freie Web-Kartenlösung sein neues 3D-Stadtmodell zur Verfügung. 260.000 digitale Gebäudemodelle können aus der Perspektive eines Vogels oder der eines Fußgängers erkundet werden. In Kombination mit den weiteren digitalen Kartenwerken, Luftbildern und Schrägaufnahmen ist ein hochauflösendes Abbild der Stadt Bremen entstanden, das auch von der breiten Öffentlichkeit genutzt werden kann. Mit dieser Web-Anwendung sollen auch die Bürgerinnen und Bürger von den digitalen Daten des Landesamts profitieren.

Verschiedenste Tools

Grundlage der Anwendung sind digitale Luftbilder und Punktwolken aus der Befliegung Bremens vom April 2019. Neben verschiedensten Tools wie Adresssuche über Straße/Hausnummer, Zeichnen, Messen und PDF-Export können Schattenwürfe von Gebäuden zu jeder Tages- und Jahreszeit simuliert und Sichtbarkeitsanalysen durchgeführt werden.
Innerhalb der Web-Karte können mithilfe des Planungsmoduls stadtplanerische Entwürfe und Architekturentwürfe direkt in das 3D-Stadtmodell integriert werden. Über eine Schnittstelle können Nutzer verschiedene Formate importieren, um ihre Planungen zu visualisieren. Neben der reinen Darstellung stehen zudem die Tools der Web-Karte wie Sichtbarkeitsanalysen, Schattenwurfsimulationen und Messfunktionen zur Verfügung. Dazu sind weder weitere Software noch besonderes Fachwissen erforderlich. Die Planungen können, zusammen mit Projektbeschreibungen, bei Bedarf veröffentlicht oder bestimmten Personengruppen zugänglich gemacht werden. Dadurch erhöhen sich die Flexibilität und Transparenz im Stadtplanungsprozess. Bedarfsorientiert können bauliche Veränderungen aufgezeigt und die Öffentlichkeit in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Greifbare Gebäude

Das flächendeckende 3D-Stadtmodell ist nicht nur digital, sondern auch in Form eines 3D-Drucks verfügbar. Mit dem Fused-Deposition-Modeling-Verfahren, bei dem die Modelle schichtweise über einen Druckkopf mit geschmolzenem Material, vergleichbar mit einer Heißklebepistole, aufgetragen werden, entstehen aus den digitalen Modellen innerhalb weniger Stunden greifbare Gebäude. Mithilfe dieser können beispielsweise Solardachpotenziale anschaulich dargestellt werden. So werden die gedruckten Gebäude bereits als Anschauungsobjekte auf Messen genutzt.
Als einer der nächsten Schritte beim Ausbau des digitalen Zwillings der Stadtgemeinde Bremen sind mehrwertige übergreifende Anwendungen mit anderen Fachbehörden geplant. Es geht um Fragen zur Stadtentwicklung, zum Hochwasserschutz, zur Kampfmittelräumung und zur Grün- und Verkehrsplanung. Des Weiteren werden zu vorhandenen und neuen IT-Verfahren gemeinsam Schnittstellen definiert, um die Anbindung an den digitalen Zwilling sicherzustellen. Es wird zudem eine Data Governance entwickelt, darunter die Erarbeitung von Vorgaben über die ordnungsgemäße Verwaltung der digitalen Daten.

Dr. Sarah Tesmer leitet die Abteilung Landesvermessung und Fachverfahren beim Landesamt GeoInformation Bremen.

https://www.3d.bremen.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2020 von Kommune21 im Schwerpunkt Geodaten-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Geodaten-Management, Bremen, 3D-Stadtmodell

Bildquelle: Landesamt GeoInformation Bremen

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