[5.7.2023] Der Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland hat im ersten Jahr der
Umsetzung der Gigabitstrategie zwar große Fortschritte gemacht, dennoch bleibt einiges zu tun, um die Ziele zu erreichen. Dazu zählen etwa eine Vereinfachung des Bau- und Verwaltungsrechts, um Genehmigungsverfahren weiter zu beschleunigen.
Ein Jahr nach dem Start der Gigabitstrategie (
wir berichteten) ist die Bundesregierung dem Ziel einer flächendeckenden und leistungsfähigen Gigabitversorgung bedeutend nähergekommen. Dieses Zwischenfazit zieht das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). „In den vergangenen zwölf Monaten ist es uns gelungen, eine zusätzliche Dynamik im Glasfaser- und Mobilfunkausbau auszulösen“, erklärte Bundesminister Volker Wissing vor Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung im Rahmen einer Festveranstaltung zu einem Jahr Gigabitstrategie in Berlin. „Ich freue mich über die erfolgreiche Zusammenarbeit, insbesondere auch mit den Telekommunikationsunternehmen, die beim Ausbau der Netze schnelle Fortschritte machen.“ Von den 100 Vorhaben der Gigabitstrategie sei knapp ein Drittel bereits umgesetzt, so Wissing. Dazu zählten etwa die Potenzialanalyse, die Gigabitförderung 2.0, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz oder die neue DIN-Norm für alternative Verlegemethoden im Glasfaserausbau. Um die Fortschritte transparent zu machen, haben BMDV und Bundesnetzagentur eine neue Monitoring-Plattform gestartet (
wir berichteten).
Laut der Zwischenbilanz des BMDV geht es derzeit beim Glasfaserausbau so schnell voran wie noch nie. Allein im vergangenen Jahr hätten circa vier Millionen zusätzliche Haushalte einen Glasfaseranschluss erhalten; somit habe die Versorgungsquote Ende 2022 bei rund einem Viertel aller Haushalte gelegen. Auch im Mobilfunkausbau tue sich viel: So sei die 5G-Flächenversorgung innerhalb eines Jahres auf 87 Prozent (ein Plus von 22 Prozentpunkten) gestiegen.
Hemmschuh Bürokratie
Dass Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland im vergangenen Jahr messbar vorangekommen sind, kann der Digitalverband Bitkom unterschreiben. Die lahmende Bürokratie erweise sich allerdings nach wie vor als Bremsklotz. „Ob neue Masten oder neue Leitungen: Analoge Genehmigungsverfahren verzögern den Ausbau massiv“, so Nick Kriegeskotte, Leiter Infrastruktur und Regulierung beim Bitkom. Das Bau- und Verwaltungsrecht müsse deshalb umfassend und bundesweit vereinfacht werden. „Dass der lang erwartete Pakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung noch immer nicht auf dem Tisch liegt, steht sinnbildlich für nicht gehobene Beschleunigungspotenziale“, stellt Kriegeskotte fest. „Dabei zeigen erste Bundesländer, dass eine vollständige Digitalisierung von Genehmigungsverfahren möglich ist. Hier gilt es, voneinander zu lernen und die guten Beispiele flächendeckend umzusetzen. Einfache Maßnahmen wie die Einführung einer Genehmigungsfiktion für neue Mobilfunkmasten würden eine echte Beschleunigung bringen und kosten den Staat keinen Cent. Gleiches gilt für eine Veröffentlichung von staatlichen Grundstücken und Gebäuden, die für eine Nutzung für Mobilfunkstandorte geeignet sind, was die schwierige Standortsuche vereinfachen würde. Diese Maßnahmen müssen jetzt mit dem angekündigten Netzausbaubeschleunigungsgesetz umgesetzt werden.“
ANGA zieht gemischte Bilanz
Eine eher gemischte Zwischenbilanz zur Gigatbitstrategie des Bundes zieht der Breitbandverband ANGA. „Ja, es hat sich einiges getan. Aber es bleibt noch viel zu tun, wenn wir die Ziele der Strategie – Versorgung der Hälfte aller Haushalte bis 2025 mit Glasfaseranschlüssen und flächendeckenden Glasfaserausbau bis 2030 – schaffen wollen“, betont ANGA-Präsident Thomas Braun.
Auf der Haben-Seite steht nach Ansicht des Verbands vor allem die neue Förderrichtlinie. „Sie enthält eine klare Positionierung gegen geförderten Überbau existierender oder geplanter Gigabitnetze und nimmt zumindest im Ansatz eine Priorisierung bei den Fördergebieten vor“, so Braun. Der ANGA appelliere jedoch für einen noch stärkeren Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus und den Schutz privater Investitionen. Hierfür seien weitere regulatorische Weichenstellungen erforderlich.
Fortschritte wurden aus Sicht des Verbands auch bei der effizienteren Gestaltung von Genehmigungsverfahren gemacht: Mit dem Breitbandportal der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz stehe eine Lösung auf Länderebene zur Verfügung, der sich zügig weitere Länder anschließen sollten. Als Meilenstein bezeichnete der ANGA zudem die Standardisierung alternativer Verlegemethoden. „Sie führt hoffentlich dazu, dass moderne Verlegetechniken wie Trenching künftig deutlich häufiger zum Einsatz kommen“, sagt Braun.
Für eine leistungsfähige und flächendeckende Gigabitversorgung müssen Glasfaser- und Mobilfunkausbau aus Sicht des Verbands zusammengedacht werden. „Im Jahr 2025 werden die Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen neu vergeben. Eine erneute teure Auktion würde dem Markt wichtige Mittel für den weiteren Ausbau entziehen und wäre eine erhebliche Entwertung der Investitionen der Unternehmen“, so ANGA-Präsident Thomas Braun.
(bw)
Zum aktuellen Stand der Gigabitstrategie (Deep Link)
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