Q_PERIOR:
Verwaltungsdigitalisierung ist mehr als IT


[26.7.2023] Die digitale Transformation der Verwaltung ist dringlicher denn je – wird aber durch geringe Budgets und zu wenig Konsequenz ausgebremst. Doch schon kleine Anpassungen in Arbeitsweise und Struktur können viel bewirken und dabei auch den Grundstein für den digitalen Wandel legen.

Behörden haben keinen guten Ruf: Lange Wartezeiten auf einen Termin, unverständliche Formulare und Anschreiben, ineffiziente Abläufe – so die gängigen Klischees. Die digitale Transformation verspricht grundlegende Änderungen. Mit Effizienz, Transparenz und Kundenzentrierung soll mehr Bürgernähe geschaffen und so das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die staatliche Verwaltung – und damit auch in die Demokratie – gestärkt werden. Gleichzeitig ist auch die öffentliche Sicherheit von der Betriebsfähigkeit der Verwaltung abhängig. Die schnelle und effiziente Digitalisierung der Verwaltung ist also ein dringliches Thema. Die Implementierung hinkt jedoch hinterher. Die Hürden für Behörden sind vielfältig.
Ein grundlegendes Problem ist, dass in vielen Ländern und Kommunen das Budget fehlt, um neue digitale Lösungen einzuführen. Hinzu kommt, dass die digitale Transformation nicht nur die IT-Ebene umfasst. Notwendig sind auch Änderungen der Arbeitsweisen und der internen Strukturen. Diese stehen ohnehin vor einem fundamentalen Wandel. Durch den sich verschärfenden Fachkräftemangel sowie den Eintritt der zwischen 1997 und 2012 geborenen Generation Z ins Arbeitsleben wird sich die Arbeitswelt stark verändern. Öffentliche Verwaltungen stehen hier im Werben um qualifiziertes Personal in Konkurrenz zur freien Wirtschaft. Die Faktoren Flexibilität anstelle von Kontinuität, Arbeitsinhalt statt Arbeitslast, Entfaltung anstelle von Hierarchie gewinnen stark an Bedeutung. Solche Erwartungen an den Arbeitsplatz können nur mithilfe der Digitalisierung erfüllt werden.

Tiefgreifende Veränderungen durch KI

Ein weiterer, nicht unerheblicher Digitalisierungstreiber ist die Marktreife Künstlicher Intelligenz (KI). Was lange Zeit eher ein Nischeninteresse war, ist derzeit in aller Munde. Generative KI wie ChatGPT oder der KI-Chatbot Google Bard bieten plötzlich mehr oder weniger großen Nutzen für nahezu jeden. Der Hype und die Experimentierfreude schlagen sich auch in Zahlen nieder. Für die in diesem Bereich relevante Kennzahl „Zeit bis 100 Millionen User“ hat ChatGPT mit gerade einmal zwei Monaten einen neuen Rekord gesetzt. Zum Vergleich: Das Mobiltelefon hat für diese Marke rund 15 Jahre benötigt, das Internet etwa 7 Jahre, Facebook 4,5 Jahre und das Handyspiel Candy Crush 15 Monate (Zahlen nach Business Insider und Reuters). Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird den Arbeitsalltag überall tiefgreifend verändern. Bisher lag die öffentliche Verwaltung bei der Digitalisierung immer zurück – ohne den Einsatz von KI wird dieser Rückstand in Zukunft nicht linear, sondern exponentiell wachsen.

Der Digitalisierung das Feld bereiten

Wenn sich die Verwaltung den gegenwärtigen und kommenden Herausforderungen nicht erfolgreich stellen kann, werden die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen nicht mehr ausreichen. Lange Wartezeiten, hohe Fehlerquoten und sogar Betriebsausfälle wären die Folge. Dann wäre der vollständige Einkauf externer Expertise und externen Personals geboten – verbunden mit entsprechend hohen Kosten. Dieses Szenario ist momentan unvorstellbar, aber ohne Maßnahmen realistisch.
Um die daher dringend notwendige Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben, auch wenn nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, könnte die Transformation in einem ersten Schritt durch Arbeitsweise und Strukturen angegangen werden. Ein iteratives Vorgehen in Richtung der Digitalisierung könnte jene agilen Denkweisen und Prozessveränderungen schaffen, die in Zukunft unabdingbar sein werden. Dafür bedarf es eines Kulturwandels in öffentlichen Verwaltungen – noch stecken Behörden und Ämter in gesetzten Strukturen und alten Denk- und Vorgehensweisen fest. Anzuraten ist daher ein schrittweises, exploratives Vorgehen, um den digitalen Wandel einzuleiten. Ideen der digitalen Welt und agile Arbeitsweisen werden übernommen und mit einfachen Mitteln in die Verwaltung eingeführt. Oft kann eine neue Arbeitsweise sogar ohne Investitionen erfolgen.

Prozesse besser sichtbar machen

Ein Beispiel für ein solches agiles Arbeitsinstrument sind Kanban-Boards. In ihrer einfachsten Form umfassen diese drei Phasen: To Do, In Arbeit und Erledigt. Aufgaben werden auf Haftzetteln notiert und auf dem Board je nach Fortschritt eingeordnet. Mit einem Kanban-Board können anstehende Arbeiten und deren Fortschritt in einfachster Weise visualisiert werden. Der Vorteil: Sobald Arbeitsweisen und Prozesse auf diese Art sichtbar werden, können sie auch diskutiert und verbessert werden. Ein Dialog entsteht, der es erlaubt, aus Silo- und Abteilungsdenken auszubrechen. Denn konkrete Problemstellungen werden gemeinsam überdacht und optimiert und können dadurch einfacher und effizienter gestaltet werden. Zusätzlich eröffnet sich die Möglichkeit, nach dem Hol- oder Pull-Prinzip zu arbeiten. Dabei sind Mitarbeitende weniger isoliert tätig und können je nach Kapazität oder Vorlieben weitere Aufgaben übernehmen. Kanban-Boards lassen sich frei gestalten und ergänzen und können interne Prozesse ebenso abbilden wie komplexe Projektpläne.

Innovation statt eingefahrener Prozesse

Aus einer solchen, relativ simplen Implementierung können effektive Quick Wins entstehen, welche die digitale Transformation vorantreiben. Ergänzend kann der Einsatz von Software-Lösungen die Digitalisierung unterstützen. Sobald Mindset, Arbeitsweise und Prozesse angepasst sind, lassen sich solche IT-Systeme konzipieren, analysieren und der Reihe nach implementieren.
Mit etwas Veränderungswillen können öffentliche Verwaltungen, auch mit externer Unterstützung, schnell einfache und innovative Ideen entwickeln und umsetzen. So können eingefahrene Prozesse aufgelöst und neue Denkweisen gefördert werden – unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation. Dabei sind die eigenen Mitarbeitenden oft die größte Quelle für Weiterentwicklung und Lösungen, denn sie wissen am besten, wo die Probleme liegen. Wenn man ihnen die Freiheit gibt, anders zu arbeiten und in neuen Bahnen zu denken, können sie Probleme mutig angehen und schnell Ergebnisse erzielen. Der Widerstand gegen Veränderungen ist oft in Gewohnheiten begründet. Doch sobald diese überwunden sind, können Innovation und Wandel stattfinden.

Katarzyna Capek ist beim Beratungsunternehmen Q_PERIOR Account Managerin Public-Sector-Kunden, Marcel Flügel ist dort Experte für Public Services & Security.

https://www.q-perior.com

Stichwörter: Panorama, Q_PERIOR



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