[11.8.2022] Mit Smart-City-Strategien legen Kommunen die Grundlage für die koordinierte Implementierung ihrer Digitalprojekte im Kontext integrierter Stadtentwicklung. Eine neue Handreichung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) soll sie hierbei unterstützen.
Rechtsvorschriften wie das Onlinezugangsgesetz (OZG) oder das E-Government-Gesetz (EGovG) haben in den vergangenen Jahren Digitalisierungsprozesse auf verschiedenen Verwaltungsebenen angestoßen. Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung von Arbeitsprozessen zusätzlich beschleunigt. Parallel dazu entwickelt sich das Thema Smart City in immer mehr Kommunen zum wesentlichen Baustein der strategischen Entwicklungsplanung.
Während die Digitalisierung der Verwaltung per Gesetz geregelt ist, fußt das Thema Smart City auf der Eigeninitiative der Kommunen, wobei teilweise auch kommunale Unternehmen und zivilgesellschaftliche Initiativen eine bedeutende Rolle einnehmen. Zahlreiche Förderprogramme von Bund und Ländern haben ausgewählten Kommunen in den vergangenen Jahren wichtige Grundlagen bereitgestellt, um sich auf den Weg hin zu einer Smart City zu machen und modellhafte sowie übertragbare Lösungen zu entwickeln.
Handreichung soll kleinen und mittleren Kommunen helfen
Ohne Förderung bleibt es allerdings speziell für kleine und mittlere Kommunen eine große Herausforderung, sich dem Thema Smart City strategisch anzunähern und eine eigene Haltung dazu zu entwickeln – was oftmals jedoch Fördervoraussetzung ist.
Bereits 2019 initiierte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) daher das Forschungsprojekt „Die digitale Stadt gestalten: Eine Handreichung für Kommunen“ im Rahmen des Programms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt). Ziel war es, insbesondere für kleine und mittlere Kommunen herauszuarbeiten, welche Herausforderungen und Mehrwerte sich durch Digitalisierung in der Stadtentwicklung ergeben können. Zudem sollten sie in die Lage versetzt werden, den digitalen Wandel proaktiv zu gestalten. Für das Forschungsprojekt wurde ein Konsortium rund um das Institut für Städtebau und Regionalplanung (ISR) und die Wissensarchitektur der TU Dresden in Zusammenarbeit mit dem Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen sowie dem Büro Urban Catalyst aus Berlin ausgewählt. Mittlerweile liegen die Projektergebnisse vor.
Mit einer Handreichung als zentralem Produkt will das Projekt kleinere und mittlere Kommunen bei der Entwicklung einer eigenen Smart-City-Strategie unterstützen. Es soll aufgezeigt werden, wie Digitalisierung genutzt werden kann, um eine nachhaltige, integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu erreichen. Gegliedert ist die Handreichung in drei Teile: Der Kompass richtet sich an Initiatoren aller Verwaltungsebenen, die in ihrer Kommune das Thema Smart City einbringen und strukturell verankern möchten. Er widmet sich unter anderem organisatorischen Herausforderungen sowie neuen Aufgaben, die mit der Digitalisierung stadtentwicklungspolitischer Ziele einhergehen. Die Arbeitsschritte wiederum richten sich an die ausführenden Ämter und Abteilungen oder begleitende externe Einrichtungen, die mit Aufgaben der Smart City betraut sind. In Form einer Schritt-für-Schritt-Anleitung unterstützt dieser Teil der Handreichung bei der Erstellung einer Smart-City-Strategie sowie der Umsetzung digitaler Projekte in zwei relationalen Arbeitszyklen. Der Wissensspeicher schließlich dient dazu, die Smart-City-Aktivitäten einer Kommune fachlich und praktisch zu untermauern. Er stellt Beispiele aus der Praxis und erprobte Arbeitsmaterialien vor.
Drei Prototypen einer Smart-City-Strategie
Die Inhalte der Handreichung basieren auf Fallstudien mit vier Kommunen, die sich bereits 2019 durch umfassendes Engagement im Bereich Smart City ausgezeichnet haben. Im Rahmen eines umfangreichen Feedback-Verfahrens mit vier weiteren Kommunen konnte 2021 eine Testversion der Handreichung präzisiert werden. Wie sich eine Smart-City-Strategie im Verhältnis zu (nicht) vorhandenen Stadtentwicklungskonzepten positioniert, stellte sich dabei als zentrale Frage heraus. Es konnten drei prototypische Modelle identifiziert werden:
- Eigenständige Entwicklung: Die Smart-City-Strategie definiert eigene und vorwiegend sektoral ausgerichtete Handlungsfelder wie Mobilität, Gesundheit, Energie und Umwelt oder IT-Infrastruktur. Diese Option erscheint insbesondere dann sinnvoll, wenn kein aktuelles Stadtentwicklungkonzept vorliegt.
- Ableitung aus dem Stadtentwicklungskonzept: Die Smart-City-Strategie bezieht sich mit ihren Handlungsfeldern und Projekten auf bestehende Stadtentwicklungsziele – beide Konzepte ergänzen sich und ermöglichen ganzheitliche Lösungsansätze. Eigenständige Digitalisierungsthemen wie Daten-Management und Daten-Governance werden als eigene Arbeitsfelder der Smart-City-Strategie eingeführt.
- Integration durch Erweiterung der Handlungsfelder: Die Kommune ergänzt ihr bestehendes Stadtentwicklungskonzept durch Digitalisierungsthemen und Digitalprojekte. Dabei werden spezifische Handlungsfelder um digitale Lösungen erweitert und passende Digitalisierungsthemen als eigenständiges Arbeitsfeld eingegliedert.
Unabhängig davon, für welches Modell sich eine Kommune entscheidet, um eine Smart-City-Strategie zu erarbeiten, kann sie auf die Handreichung als Kompass, Umsetzungshilfe und Wissensspeicher zurückgreifen.
Dr. Charlotte Räuchle ist wissenschaftliche Projektleiterin und Referentin im Referat „Digitale Stadt, Risikovorsorge und Verkehr“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Christoph Walther ist Projektleiter bei der Urban Catalyst GmbH, Berlin.
Alle Ergebnisse zum Projekt (Deep Link)
https://www.bbsr.bund.dehttps://www.urbancatalyst.de/Dieser Beitrag ist in der Ausgabe August 2022 von Kommune21 im Schwerpunkt Smart City erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
Stichwörter:
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BBSR
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