Open Data:
Datenschatz für jedermann


[10.11.2022] Die Ampelkoalition hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Rechtsanspruch auf die Nutzung öffentlicher Daten zu verbessern. Um dies umzusetzen, müssen sowohl fachliche als auch technische Maßnahmen ergriffen werden.

Bund, Länder und Kommunen verfügen über zahlreiche wertvolle Daten. Die Verwaltungen in Bund, Ländern, Kommunen und zahlreichen öffentlichen Institutionen produzieren täglich riesige Datenmengen, die sie per gesetzlichem Auftrag der Allgemeinheit in Form von Open Data zur Verfügung stellen. Mit diesem wertvollen Datenschatz öffnen sie Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen oder der so genannten Citizen Science den Weg zu neuen Erkenntnissen über Daten. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, den Rechtsanspruch auf die Nutzung dieser öffentlichen Daten zu verbessern.
Öffentlich zugängliche Daten lassen sich auf vielfältige Weise einsetzen: Mobilitätsdaten etwa können in Echtzeit Erkenntnisse über den Verkehrsfluss einer Stadt oder Region liefern. Wie vielseitig diese Daten sind, zeigt das Beispiel Münster. Die westfälische Stadt bietet unter anderem Zugriff auf Daten des Amts für Mobilität und Tiefbau, der Stadtwerke, die für den ÖPNV zuständig sind, sowie von Parkhäusern, Sharing-Anbietern und – wichtig für die Westfalenmetropole – von Fahrradverleihern. Mit diesen Daten entstehen zum Beispiel bei Initiativen und in der Verwaltung selbst neue Mobilitäts- und Nahverkehrspläne sowie Konzepte für die Neuorganisation von Radnetzen und -routen. Die öffentlich-rechtlich organisierten Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wiederum bieten ihren Bürgern über die mobile App Jelbi die Möglichkeit, unterschiedliche ÖPNV-Angebote wie Bus, Bahn, Roller, Fahrrad, Auto, Taxi und Ridesharing-Dienste für ein integriertes Nahverkehrsangebot zu verknüpfen. Für Jelbi nutzt die BVG ebenfalls Open Data.

Wo Open Data eingesetzt werden

Daten aus der kommunalen Energieversorgung, aber auch aus der Abfallentsorgung können eingesetzt werden, um Verbräuche zu optimieren sowie Routen und Entsorgungszyklen an das tatsächliche Aufkommen anzupassen. Unterm Strich kann das zu Kostensenkungen führen – in einer Zeit, in der insbesondere die Energiekosten in die Höhe schnellen, ist das ein nicht zu unterschätzendes Asset für die Städte und Gemeinden unseres Landes. Und die ebenfalls als Open Data verfügbaren Wetter- und Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes können Einzelhändler vor Ort bei der besseren Planung ihrer Geschäfte unterstützen, weil sie ihre Sortimente anhand dieser Daten anpassen und ihre Lagerhaltung optimieren können.
Offene Daten gibt es auch im normalerweise zu Recht sehr datensensiblen Gesundheitswesen. Dabei handelt es sich um Daten ohne Personenbezug, die Aussagen über die Auslastungen im Gesundheitswesen zulassen, um bessere Behandlungsmöglichkeiten vor Ort zu schaffen. Die Bund-Länder-Plattform GovData etwa bietet aktuell wichtige Zahlen zu den Corona-Inzidenzen und -Hospitalisierungen, die auf Daten der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein beruhen und über das Portal als Public Domain bereitstehen. Ein spannender Ansatz für die Nutzung von Open Data ist zudem die so genannte Citizen Science, die zum Beispiel über die Plattform „Bürger schaffen Wissen“ gefördert wird. Sie wirbt um aktives bürgerschaftliches Engagement in verschiedenen Phasen einzelner Forschungsprozesse in Geistes-, Natur- und Sozial­wissenschaften.

Rechtsanspruch auf Open Data

Deutschland ist also an vielen Stellen bereits ein Open-Data-Land – wenn auch noch nicht in der Fläche. Dafür braucht es weitere Weichenstellungen. Schon die vorherige Bundesregierung hat das bürgerschaftliche Sammeln und Nutzen offener Daten unterstützt, zuletzt etwa mit ihrer Datenstrategie vom Januar 2021. Dort spricht sich die Regierung unter anderem dafür aus, dass Daten des öffentlichen Sektors besser als zuvor nutzbar sein sollen. Die neue Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP verfolgt dieses Ziel weiterhin und kündigt im Koalitionsvertrag unter anderem an, einen Rechtsanspruch auf Open Data einzuführen und die Datenexpertise öffentlicher Stellen zu verbessern. Dafür plant die Ampel den Aufbau eines Dateninstituts, das die Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben und Datentreuhändermodelle sowie Lizenzen etablieren soll.
Unabhängig von politischen Maßnahmen können öffentliche Stellen aber heute schon im Rahmen geltender Vorschriften aktiv werden, Daten gezielt erheben und als Open Data zur Verfügung stellen. Voraussetzung dafür sind allerdings die konsequente Digitalisierung einzelner Verwaltungsprozesse und Informationen sowie die Vernetzung öffentlicher Informationserzeuger. Denn jede Digitalisierung einzelner Verwaltungseinheiten oder -prozesse erzeugt neue Daten, die je nach Klassifizierung auch als Open Data zur Verfügung gestellt werden können. Es ist daher sinnvoll, gezielt nach solchen Projekten zu suchen – weniger um Open Data zu erzeugen, sondern um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben. Offene Daten sind dann im besten Fall ein sehr erwünschtes Nebenprodukt.

Bereits vorhandene Daten nutzbar machen

Viele Daten, die als Open Data der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden könnten, existieren bereits, weil sie in der täglichen Arbeit mit der verfügbaren EDV erzeugt werden. Um sie nutzbar zu machen, ist es notwendig, die einzelnen Datenbestände mit anderen zusammenzuführen, zu konsolidieren und – über Organisationsgrenzen hinweg – zu erweitern. Das bedarf einer Willenserklärung einzelner Verwaltungseinheiten und organisatorischer Maßnahmen, die helfen, bestehende Datensilos aufzulösen und Datenbestände jenseits organisatorischer Grenzen zu konsolidieren. Das erfordert einen Abbau von Datenschranken zwischen den Verwaltungsebenen.
Um den von der Ampelkoalition formulierten Rechtsanspruch auf Open Data umzusetzen, braucht es sowohl fachliche als auch technische Maßnahmen. Auf fachlicher Seite wird es darum gehen, gemeinsame Handlungsfelder und Strategien zu entwickeln, wie sie die Bundesregierung in ihrem Open-Data-Fortschrittsbericht formuliert hat. Dazu gehören die Verbesserung der Datenbereitstellung sowie der Auf- und Ausbau leistungsfähiger und nachhaltiger Dateninfrastrukturen, die Steigerung einer innovativen, gemeinwohlorientierten und verantwortungsvollen Datennutzung sowie die Förderung von Datenkompetenzen und die Etablierung einer Datenkultur in der Bundesverwaltung. Eine zentrale Rolle als Einstiegs- und Ausgangspunkt für Recherchen in den Open-Data-Beständen der öffentlichen Verwaltung wird dabei das Datenportal für Deutschland spielen. Es umfasst heute bereits knapp 50.000 Datensätze.

Maschinenlesbares Format, Metadaten und Nutzungslizenzen

Aus technischer Sicht wiederum ist es notwendig, bestehende und noch entstehende Datenbestände (laufend) zu sichten und in maschinenlesbare Formate wie CSV, HTML oder JSON zu überführen, damit sie überhaupt als Open Data nutzbar werden. „Die Daten sollten in mindestens einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung gestellt werden“, heißt es dazu im Open-Data-Handbuch des Bundesverwaltungsamts. Zudem müssen die Rohdaten konsolidiert und über Metadaten für Recherchen bereitgestellt werden. Metadaten im Datenportal für Deutschland verweisen auf den eigentlichen Datensatz, während die Daten selbst im Besitz der erzeugenden Behörde bleiben. Mit der Bereitstellung verbunden werden müssen zudem die Nutzungslizenzen unter Beachtung verschiedener Rechtsnormen.
Ist dieser Anfang gemacht, steht, wie es im Open-Data-Handbuch heißt, der „Wertschöpfung durch die innovative Weiternutzung dieser offenen Daten“ nichts Substanzielles mehr im Wege.

Torsten Raithel ist Berater für Data & Analytics bei Sopra Steria.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe November 2022 von Kommune21 im Schwerpunkt Open Data erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Open Government, Open Data

Bildquelle: Maksym Yemelyanov/stock.adobe.com

Druckversion    PDF     Link mailen





 Anzeige


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Open Government
Konstanz: Leitlinien für Datenethik
[6.3.2023] Die Stadt Konstanz erarbeitet im Rahmen ihres Smart-City-Konzepts nun ethische Leitlinien zum Umgang mit Daten, Algorithmen und Technologien. mehr...
Nordrhein-Westfalen: KDN-Beratungsstelle zu Open Government
[16.2.2023] Open Government, Open Data, offene Schnittstellen – Kommunen stehen vor zahlreichen Herausforderungen, wenn sie Projekte aus diesem Bereich sicher und gesetzeskonform umsetzen wollen. In Nordrhein-Westfalen hat der KDN dazu eine Beratungsstelle ins Leben gerufen. mehr...
Capgemini-Studie: Datenökosysteme in der Verwaltung
[1.2.2023] Gemeinsame Datenökosysteme helfen der öffentlichen Verwaltung, auf systemische Herausforderungen zu reagieren. Eine breite Akzeptanz fehlt jedoch noch, ebenso wie wichtige Technologien. Dies sind die Kernergebnisse einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Capgemini. mehr...
Open.NRW: Leitfaden zur Datensouveränität
[12.1.2023] Die Beratungsstelle Open Data des Landes Nordrhein-Westfalen hat einen Praxisleitfaden zu Datensouveränität im Kontext von Open Data veröffentlicht. mehr...
Open.NRW: Leitfaden zu Datensouveränität und Open Data veröffentlicht.
DKSR: Open Source als Schlüssel
[20.12.2022] Das Daten-Kompetenzzentrum Städte und Regionen (DKSR) unterstützt Städte und Regionen in ihrer smarten Entwicklung und setzt dabei auf interkommunale Zusammenarbeit und Open Source Software – so auch im Jahr 2022, in dem wichtige Meilensteine für die kommunale Anwendercommunity erreicht worden seien. mehr...
Weitere FirmennewsAnzeige

Stadt Essen nutzt Eingangsrechnungsworkflow der xSuite im großen Stil: Sichere Planung durch Rechnungsworkflow
[23.3.2023] Essen ist eine moderne Wirtschafts-, Handels- und Dienstleistungsmetropole im Herzen des Ruhrgebiets. Sie ist Konzernzentrale, zum Beispiel für RWE AG, Evonik Industries AG, E.ON Ruhrgas AG, GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH und Hochtief AG. Die Messe Essen ist etabliert unter den Top-Ten der deutschen Messeplätze. Was viele Besucher angesichts der modernen Essener Skyline verblüfft: Die Geschichte der Stadt ist älter als die Berlins, Dresdens oder Münchens. Essen feierte im Jahr 2002 das 1150-jährige Jubiläum von Stift und Stadt Essen. mehr...

Mobilfunk für alle: Schnelle Fortschritte im Netzausbau
[16.3.2023] „Zukunft braucht noch schnellere Digitalisierung. Denn sie ist Teil der Lösung für zentrale Herausforderungen. Mit ihr können Bürger, Unternehmen und Verwaltungen resilienter, nachhaltiger und effizienter werden“, sagt Markus Haas, CEO von O2 Telefónica Deutschland. Seit der 5G-Frequenzauktion 2019 hat Telefónica enorm viel bewegt für ein flächendeckend schnelles Mobilnetz in Deutschland und die Netzqualität für die Kundinnen und Kunden signifikant gesteigert. Dies bestätigen unabhängige Netztests – etwa der Fachzeitschrift connect – mit dem wiederholten Urteil „sehr gut“. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Open Government:
Aktuelle Meldungen