[16.1.2013] Über die Auswirkungen des geplanten E-Government-Gesetzes auf die Kommunen sowie deren Rolle bei der Verwaltungsmodernisierung hat Kommune21 mit Helmut Fogt, Dezernent für Recht und Verwaltung beim Deutschen Städtetag, gesprochen.
Herr Dr. Fogt, das in der Abstimmung befindliche E-Government-Gesetz ist für den Bund verpflichtend. Wie wirkt es sich auf die Kommunen aus?
Für die Kommunen wird das E-Government-Gesetz des Bundes erst wirksam, wenn ihnen die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen werden. Wir hoffen, dass die Länder diese Umsetzung rasch in Angriff nehmen und nicht etwa mit Blick auf die Kostenfolgen verzögern oder gar blockieren. Denn es ist auch klar, dass die Kommunen nach den jeweiligen Konnexitätsregelungen grundsätzlich Kostenerstattungen von den Ländern fordern können, wenn ihnen dadurch neuer Verwaltungsaufwand entsteht.
Welches sind die gravierendsten Veränderungen, die sich aus dem Gesetz ergeben?
Die bedeutsamste Regelung ist sicherlich der Ersatz der Schriftform durch zwei Alternativen: das De-Mail-Verfahren und die Nutzung elektronisch bereitgestellter Formulare zusammen mit der Identifikationsfunktion des neuen Personalausweises. Zu hoffen ist, dass beide Verfahren die Verbreitung finden, welche die qualifizierte elektronische Signatur nie erreicht hat – was im Übrigen vorhersehbar war. Voraussetzung ist jedoch, dass die De-Mail ebenso wie die eID-Funktion des neuen Personalausweises in der Öffentlichkeit hinreichend wahrgenommen werden. Hier sind die Anbieter ebenso gefordert wie Bund, Länder und Kommunen. Wir sind bereit, dies im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen.
Wie ist das Gesetz aus Sicht der Kommunen zu bewerten?
Wir bewerten das Gesetz rundum positiv und hoffen, dass es noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Man muss allerdings sehen, dass die Überprüfung der Schriftformerfordernisse aufseiten des Bundes und mehr noch aufseiten der Länder ganz am Anfang steht. Allein im Bundesrecht sind über 3.500 solcher Erfordernisse identifiziert worden – die Schriftformerfordernisse, die gesetzlich gar nicht gefordert sind, nicht eingerechnet. Wir hätten uns auch gewünscht, dass noch mehr Anwendungen im Gesetz geregelt worden wären. Angeboten hätte sich zum Beispiel die Online-Beantragung von Führungszeugnissen, die neuerdings im Bereich des Ehrenamtes gefordert werden. Hier wartet also noch eine Menge Arbeit auf alle Beteiligten.
„Wir hätten uns gewünscht, dass noch mehr Anwendungen im Gesetz geregelt worden wären.“
Österreich hat bereits seit einiger Zeit ein solches Gesetz und kann sich immer wieder als E-Government-Vorreiter behaupten. Inwiefern wird das E-Government-Gesetz die Verwaltungsmodernisierung in Deutschland voranbringen?
Insgesamt ist das Angebot an elektronischen Verwaltungsdienstleistungen in Deutschland nicht so schlecht, wie gelegentlich unterstellt wird. Aber es ist richtig, dass es hierzulande nicht so rasch vorangeht, wie es notwendig wäre. Dies ist den begrenzten finanziellen Rahmenbedingungen ebenso geschuldet wie dem mühevollen Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen in unserem Staatsaufbau. Auch die Einrichtung des IT-Planungsrates hat daran nicht allzu viel ändern können. Aber das E-Government-Gesetz des Bundes – und hoffentlich entsprechende Gesetze der Länder – sind durchaus geeignet, einen qualitativen Sprung zu bewirken und den Modernisierungsprozess ein entscheidendes Stück voranzubringen.
Welche Maßnahmen können, abgesehen von gesetzlichen Regelungen, E-Government befördern und für Akzeptanz der E-Verwaltung sorgen?
Die Bürger erwarten von der öffentlichen Verwaltung dasselbe Angebot an elektronischen Dienstleistungen, das sie von der Privatwirtschaft, vom Versandhandel sowie von Banken und Versicherungen gewohnt sind. Es muss alles schnell und einfach gehen. Das klingt simpel, die öffentliche Verwaltung tut sich damit jedoch notorisch schwer. Auch die De-Mail und die Nutzung der eID müssen schnell und mit möglichst wenig Aufwand funktionieren. Wenn ich weiß, wozu ein De-Mail-Account nütze ist, was ihn von einer simplen E-Mail unterscheidet – hier ist der Aspekt Sicherheit entscheidend, weit über die Einsatzmöglichkeit für Behördenkontakte hinaus –, dann werde ich unter Umständen bereit sein, mir einen solchen zuzulegen. Und wenn ich weiß, zu welchen Zwecken ich die eID-Funktion auf meinem Ausweis nutzen kann, dann werde ich sie eingeschaltet lassen und einsetzen. Das Vertrauen, dass die Behörden mit den auf dem Ausweis gespeicherten Angaben nichts machen, was der Bürger nicht jederzeit nachvollziehen kann, ist hier ebenso wichtig wie eine möglichst breite Palette an Anwendungen.
Welche Regelungen sind hilfreich und wo können die Kommunen selbst aktiv werden?
Die Kommunen waren – bei allem Respekt – Vorreiter beim Aufbau von Plattformen im Internet, bei der Bereitstellung elektronischer Angebote aller Art. Insbesondere die großen Städte haben dies eigenverantwortlich entwickelt und vorangetrieben, da war von Bund und Ländern noch wenig zu hören und zu sehen. Dasselbe gilt für die kommunalen Unternehmen, man denke etwa an die Verkehrsbetriebe oder die Versorger. Selbstverständlich lässt sich alles besser organisieren und entwickeln, wenn es gemeinsame übergreifende Infrastrukturen gibt, akzeptierte Standards und Schnittstellen sowie gemeinsam zu nutzende Funktionalitäten und einen gesetzlichen Rahmen, der dies verbindlich regelt, soweit es alle einhalten müssen. Der Rahmen muss aber zugleich flexibel sein und Gestaltungsspielraum für bürgernahe, lokal und regional unterschiedliche Lösungen lassen. Denn die Kommunen werden auch weiterhin selbst aktiv sein müssen und ihre eigenen Lösungen vor Ort oder gemeinsam entwickeln, damit das nationale E-Government-Projekt wirklich ein Erfolg werden kann. Auf den Gesetzgeber allein, auf Bund und Länder allein werden sich die Kommunen auch in Zukunft nicht verlassen können.
Interview: Alexandra Reiter
http://www.staedtetag.de
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