Künstliche Intelligenz:
Wo nützt KI?


[11.4.2023] Die Diskussion um ChatGPT ist nur die Spitze eines Hypes um Künstliche Intelligenz. Der Nutzen von KI-Systemen für Kommunalverwaltungen ist zwar noch begrenzt, erste Anwendungen werden aber bereits erfolgreich eingesetzt.

Das Dialogsystem ChatGPT löste eine weltweite KI-Welle aus. Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) haben im vergangenen Jahr einen großen Sprung nach vorne gemacht. Während die Bilderkennung mit KI schon seit einiger Zeit brauchbare Ergebnisse liefert, begann der aktuelle KI-Hype im Frühjahr 2022 zunächst mit Text-Bild-Generatoren, die mit Millionen von Bildern aus dem Internet trainiert wurden. Aus kurzen, komplexen oder absurden Wortkombinationen liefern sie auf Knopfdruck erstaunliche Ergebnisse – von abstrakten Farbkombinationen über fotorealistisch anmutende Grafiken bis hin zu Videosequenzen. Noch fasziniert von Dall-E, Midjourney und Stable Diffusion ging die weltweite KI-Welle ab November 2022 in eine anhaltende Euphorie und Diskussion um ChatGPT über, ein prototypisches Dialogsystem, das nicht nur gesprächsähnliche Situa­tionen imitieren, sondern beispielsweise auch Business-Pläne, studentische Seminararbeiten oder einfachen Programm-Code erstellen kann.
Viele der derzeit medial gehypten KI-Prototypen können kreative Ideengeber sein oder zu Gedankenexperimenten anregen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch häufig, dass der Nutzen für die Kommunalverwaltung begrenzt und eine Einsatzfähigkeit in vielerlei Hinsicht (noch) nicht gegeben ist. Die Gründe hierfür reichen von zweifelhafter Datenherkunft über Black-Box-Eigenschaften und (Un-)Zuverlässigkeit der Modelle bis hin zu fragwürdiger Genauigkeit oder fehlender Faktizität der Ergebnisse. Manchmal sind die Resultate widersprüchlich, fehlerhaft oder schlicht unbrauchbar. Potenziell können Ergebnisse unter anderem Urheberrechte oder gewerbliche Schutzrechte verletzen oder aufgrund von Bias-Effekten, beispielsweise durch nicht qualitätsgesicherte Eingangsdaten, Einseitigkeiten oder unerwünschte Verzerrungen aufweisen.

KI unterstützt Kommunen

Während sich die Europäische Union noch in den Trilog-Verhandlungen für eine KI-Verordnung befindet und der ethische Einsatz von KI-Systemen gesellschaftlich verhandelt werden muss, werden KI-Systeme auch in der kommunalen Verwaltung bereits erfolgreich genutzt. Nach dem Trend des maschinellen Sehens, etwa bei der Erkennung von Kfz-Kennzeichen oder Straßenschäden, der vorausschauenden Wartung oder der Befliegung von Waldbeständen, folgen nun – leicht zeitversetzt, aber dem allgemeinen Trend folgend – in größerem Umfang Prototypen zur Text- und Sprachverarbeitung.
Neben Ansätzen zum automatisierten Posteingang oder zur automatisierten Ablage (mit und ohne KI) sind zum Beispiel DeepL als Übersetzungstool oder SUMM zur Umwandlung von Text in Leichte Sprache bereits im Einsatz. DeepL Write (beta) kann die Textgestaltung verbessern. Und in weiteren Pilotprojekten werden KI-Systeme entwickelt, die durch Gendering von Texten und der Erkennung von Eigennamen zum Schwärzen von Textpassagen den Büroalltag erleichtern.
Simulationen und Vorhersagen werden dem Trend entsprechend weiter an Bedeutung gewinnen – etwa bei der Entscheidungsunterstützung oder als intelligente Energiesysteme für Gebäude. Die Kombination von KI und Daten (Sensor-, Verkehrsfluss- und Wetterdaten) eröffnet neue Möglichkeiten, beispielsweise für einen intelligenten Winterdienst, der in der Stadt Regensburg erprobt werden soll. Vorausschauend verbinden KI-Systeme Wirtschaftlichkeit und Effizienz in Verantwortung gegenüber dem Menschen. So nutzt der Entsorgungsbetrieb Berlin Recycling eine Software, die erfolgreich die Optimierung der Tourenplanung unter Berücksichtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter übernimmt.

Datenkompetenz wird unerlässlich

Projekte zu individuellen Lernbegleitern, intelligenten Beratungssystemen und Pflegerobotern zeigen, dass KI-Systeme immer näher an den Menschen heranrücken. Weitblick beweist die Stadt Kempten, die sich als Nachnutzerin am EU-geförderten Projekt AiRMOUR zur medizinischen Notfallversorgung durch Drohneneinsatz beteiligt. Interkommunale Zusammenarbeit, Mobilität und Gesundheit werden hier als Trends erfasst und gezielt genutzt. Das frühzeitige Erkennen von Technologietrends wird zu einer wichtigen Kompetenz der Kommunalverwaltung der Zukunft.
Der Schlüssel zur Anwendung von KI sind nach wie vor Daten und der kompetente Umgang mit ihnen. Daten sind allgegenwärtig und entscheiden über die Deutungshoheit in vielen Lebensbereichen. Somit wird Datenkompetenz zu einem notwendigen Bestandteil des Berufsbilds der Mitarbeitenden in der Kommunalverwaltung. Datenkompetenz (Data Literacy) und KI-Know-how sind unerlässlich, um KI-Systeme überhaupt als solche zu erkennen sowie Wirkungsweisen und Ergebnisse beurteilen zu können. Für den Kompetenzerwerb mag ein Online-Kurs für einen ersten Eindruck ausreichen, er kann aber die praktische Arbeit mit Datensätzen und die daraus gewonnenen Erfahrungen nicht ersetzen. Data Literacy ist eine der Schlüsselqualifikationen des 21. Jahrhunderts.

Kein vorübergehendes Phänomen

Die KI-Verordnung der Europäischen Union wird voraussichtlich Ende des Jahres oder Anfang 2024 in Kraft treten. Der gesellschaftliche Diskurs über die Auswirkungen und den Einsatz von KI-Systemen ist noch nicht abgeschlossen, die rasante technische Entwicklung wird sich voraussichtlich fortsetzen. Mit Kagi, Neeva und you.com zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Internet-Suche ab; und die weiterentwickelte Version 4 des GPT-Sprachmodells wurde Mitte März vorgestellt.
Text- und Sprachverarbeitungs­systeme werden durch die Verwendung verlässlicher Daten und vertrauenswürdiger Modelle hoffentlich an Qualität gewinnen und damit auch für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung attraktiver werden. Weltweit werden insbesondere Entwicklungen im Bereich der so genannten Embodied Intelligence erwartet, bei der Künstliche Intelligenz und Robotik weiter verschmelzen. KI wird kein vorübergehendes Phänomen sein.

Tabea Hein ist Expertin für KI im öffentlichen Sektor und lehrt als Academic Teacher an der IU Internationale Hochschule im Masterstudiengang Public Management zu neuen Technologien, neuen Arbeitsformen sowie Smart City/Smart Region.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe April 2023 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Panorama, KI, Künstliche Intelligenz

Bildquelle: FAMILY STOCK/stock.adobe.com

Druckversion    PDF     Link mailen




 Anzeige


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Panorama
krz/regio iT: Ehrenamtskarte wird EfA-Leistung
[21.9.2023] Um ehrenamtliches Engagement zu würdigen, gibt es in Nordrhein-Westfalen die Ehrenamtskarte, mit der zahlreiche Vergünstigungen verbunden sind – seit 2022 auch als App einschließlich Verwaltungsprogramm. Das von krz und regio iT entwickelte Projekt wird nun EfA-Leistung. mehr...
Die von krz und regio iT für NRW entwickelte digitale Ehrenamtskarte wird nun EfA-Leistung.
Münster: Kommunikationsamt ausgezeichnet
[20.9.2023] Mit wenig Aufwand produziert die Stadt Münster eine Videoserie, in der ein breites Spektrum von Berufen und Menschen aus dem Stadtkonzern porträtiert werden. Nun erhielt das Kommunikationsamt dafür den Medienpreis Fox Award. mehr...
Die Stadt Münster kommuniziert ihre Arbeit auch mit einer Videoserie – diese wurde jetzt ausgezeichnet.
Detecon-Studie: Digitalisierung der Verwaltung stockt
[20.9.2023] Die Technologieberatung Detecon hat Entscheider aus Verwaltungen sowie öffentliche IT-Dienstleister befragt. Beide Gruppen beurteilen den bisherigen Digitalisierungsfortschritt zurückhaltend. Umsetzungsbremsen sind Fachkräftemangel und komplexe Vergabeverfahren. mehr...
Nürnberg: Erneute Auszeichnung für Online-Dienste
[19.9.2023] Die Stadt Nürnberg hat mit ihrem OZG-Umsetzungsprojekt beim E-Government-Wettbewerb den zweiten Platz belegt. Unter 80 Einreichungen aus dem gesamten D-A-CH-Raum ist das OZG@NBG­-Programm das einzige kommunale Projekt, das ausgezeichnet wurde. mehr...
Die Stadt Nürnberg hat mit ihrem OZG-Umsetzungsprojekt beim E-Government-Wettbewerb den zweiten Platz belegt.
E-Government-Wettbewerb 2023: Preisträger stehen fest
[18.9.2023] Die Gewinnerprojekte des 22. E-Government-Wettbewerbs stehen fest. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung in Berlin prämierten BearingPoint und Cisco erneut fünf Leuchtturmprojekte der Verwaltungsmodernisierung. mehr...
Die Gewinner und Finalisten des E-Government-Wettbewerbs 2023 auf der großen Bühne des 28. Ministerialkongresses.
Weitere FirmennewsAnzeige

EU-Richtlinie 2016/2102: So funktioniert barrierearme Rechnungsverarbeitung
[22.8.2023] Einen barrierearmen Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen zu gewährleisten, dazu sind öffentliche Stellen in Deutschland und der EU seit 2019 verpflichtet. Was bedeutet dies für die Verarbeitung eingehender Rechnungen in SAP? Sind Dokumentenprozesse überhaupt betroffen? mehr...

Stadt Essen nutzt Eingangsrechnungsworkflow der xSuite im großen Stil: Sichere Planung durch Rechnungsworkflow
[23.3.2023] Essen ist eine moderne Wirtschafts-, Handels- und Dienstleistungsmetropole im Herzen des Ruhrgebiets. Sie ist Konzernzentrale, zum Beispiel für RWE AG, Evonik Industries AG, E.ON Ruhrgas AG, GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH und Hochtief AG. Die Messe Essen ist etabliert unter den Top-Ten der deutschen Messeplätze. Was viele Besucher angesichts der modernen Essener Skyline verblüfft: Die Geschichte der Stadt ist älter als die Berlins, Dresdens oder Münchens. Essen feierte im Jahr 2002 das 1150-jährige Jubiläum von Stift und Stadt Essen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Panorama:
Telecomputer GmbH
10829 Berlin
Telecomputer GmbH
AIDA ORGA GmbH
75391 Gechingen
AIDA ORGA GmbH
JCC Software GmbH
48149 Münster
JCC Software GmbH
Aktuelle Meldungen